#HHaltung & G20. Interview mit Nikolas Hill

#hhaltung
Nikolas Hill von #HHaltung. Foto: Ingmar Thies

Mit der Initiative Haltung.Hamburg wollen der ehemalige Staatsrat Nikolas Hill (Foto) und der langjährige Stadtvermarkter Thorsten Kausch eine friedliche Antwort auf G20 liefern. Jeder kann mitmachen

SZENE HAMBURG: Was steckt hinter der Initiative?

Nikolas Hill: Alles, was wir in der Vergangenheit als selbstverständlich erlebt haben – wie wir leben, mit all den Freiheiten und Rechten –, wird plötzlich infrage gestellt. Erst die Finanzkrise, dann die Flüchtlingskrise, dann die Entscheidung der Briten zum Brexit und jetzt die Sorge, dass die Franzosen bei der Präsidentenwahl im Mai die Kandidatin des Front National wählen.

Damit wäre die Europäische Union und die Idee dahinter nicht nur in der Krise, sondern könnte daran kaputtgehen. Als in den USA ein eigentlich demokratisch gewählter Präsident plötzlich als Autokrat die Freiheitsrechte seiner Bürger infrage stellte und seit seiner Wahl grundlegende Rechte – zum Beispiel die Pressefreiheit – immer mehr beschneidet, war das für uns der Auslöser zur Gründung von Haltung.Hamburg.

Ist der Zeitpunkt G20 also eher zufällig gewählt?

Das Treffen passt natürlich ganz gut in den Zusammenhang – ein Zeitpunkt, zu dem diese Stadt auf all die Themen und die Protagonisten genauer schauen kann. Andererseits wird auch die Welt auf diese Stadt schauen. Das ist genau die Gelegenheit, ein starkes Signal der Bürgergesellschaft gegen all diese Entwicklungen zu setzen.

Wie stehen Sie persönlich zu dem G20-Treffen?

Ich finde manche Kritik daran sehr nachvollziehbar: Der Aufwand ist unglaublich groß und rechtfertigt nicht das Ergebnis. Ursprünglich hatte Helmut Schmidt als einer der Initiatoren des G7-Formates etwas ganz anderes Sinn: Er wollte einen Rahmen schaffen, in dem die Staatschefs frei von Protokollarischem die Themen der Zeit diskutieren und damit vielleicht auch zu anderen Lösungen kommen können. Das alles ist ja längst passé. Stattdessen werden im Vorfeld über Tausende von Mitarbeitern in den unterschiedlichen Ländern irgendwelche Konsenspapiere erstellt, die dann am Ende zu nichts wirklich führen.

Wenn wir sehen, dass der OSZE-Gipfel im Dezember 2016 ohne gemeinsame Haltung zu irgendeinem Punkt abgeschlossen wurde, ist das völlig unbefriedigend. Dass dann das Format hinterfragt wird, ist logisch. Daraus auf der anderen Seite aber die Schlussfolgerung zu ziehen, G20 sei des Teufels, teile ich nicht. Ich halte es für richtig, dass die Verantwortlichen miteinander reden. Sie wurden gewählt oder beauftragt, die Welt – nach meinem Verständnis zumindest – friedlicher und besser zu machen. Und dazu müssen sie sich auch begegnen.

Können Sie nachvollziehen, dass solche verkappten Autokraten wie Trump die Menschen dazu bringen, auf die Straße zu gehen?

Absolut! Ich bin auch dafür, dass die kritische Haltung ganz unterschiedlich ausgedrückt wird. Das können Demonstrationen sein, aber es lassen sich auch ganz andere Zeichen setzen – sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt. Dafür haben wir diese Plattform entwickelt.

Hamburg kann mehr und ist mehr. Und das sollte die Stadt auch zeigen.

Sie setzen hauptsächlich auf die virtuelle Welt?

Wir wollen in beiden Dimensionen Akzente setzen. Die Initiativen, die mit uns kooperieren, stellen ihre Aktionen ja auch bei uns ein, damit man sich damit in der realen Welt auseinandersetzen kann.

Sie wollen 1 Million Hamburger mobilisieren. Wie sieht das konkret aus?

Über die Plattform im Netz und unsere Aktionen. Wir touren zum Beispiel mit einem Videocube auf „Roadshow“ durch die Bezirke. Bis zum G20-Wochenende wird es 20 Stationen geben, an denen die Hamburger per Videobotschaft ihre Haltung zum Ausdruck bringen und sie auf die Website hochladen oder mit dem Aktions-Hashtag in ihren eigenen Social-Media–Kanälen teilen können. Außerdem werden wir die Fassade des Klubhaus Hamburg am Spielbudenplatz zur Social Wall machen: Unter allen bis dahin auf die Website hochgeladenen #HHaltungen werden ausgewählte auf der Klubhaus-Medienfassade gezeigt.

1 Million ist weitaus mehr als die erwarteten 150.000 Menschen, die auf die Straßen gehen werden. Ist das aber auch vergleichbar laut?

Das ist zumindest unser hehres Ziel: Wir wollen, dass sich die Menschen mit den Themen auseinandersetzen und sich diese Stadt nicht nur als Bühne missbrauchen lässt – sei es nun von den Protagonisten des G20-Gipfels oder von denen, die militant versuchen, ihre – wie ich finde – in der Sache falschen, weil gewalttätigen Positionen zu formulieren. Hamburg kann mehr und ist mehr. Und das sollte die Stadt auch zeigen.

Werden Sie im Juli auch auf die Straße gehen?

Ja.

Wie stehen Sie zu den geplanten Protesten?

Das kann ich gar nicht allgemein sagen, da es ganz unterschiedliche Formen des Protestes gibt – überzeugende auf der einen Seite, aber auf der anderen auch welche, die ich inakzeptabel finde, nämlich alles das, was gewaltbezogen ist. Wir können nicht einerseits diese Autokraten und andere dafür kritisieren, dass sie Menschen in ihren eigenen Ländern unterdrücken, und auf der anderen Seite mit der gleichen Gewalt antworten. Das geht nicht. In einer Demokratie wie unserer ist das auch gar nicht nötig, um sich Gehör zu verschaffen. Wir wollen uns bewusst abgrenzen von denen, die durch Gewalt sichtbar werden wollen.

Wie werden Sie mit #HHaltung sichtbar sein?

Wir wollen ja vor allem auch für die Menschen eine Plattform bieten, die sich – aus welchen Gründen auch immer – sonst nicht so einfach aktivieren lassen. Bei uns können sie niedrigschwellig und unkompliziert ihre Position formulieren. Das bedeutet auch, dass sie sich nicht umfangreich vorbereiten müssen, um ein sichtbares Signal zu setzen. Sie können schlicht durch weiße Kleidung (ein T-Shirt oder ein Hemd) zeigen, dass sie für eine friedliche, aber nicht kritiklose Form der Auseinandersetzung mit Teilnehmern und Themen einstehen. Ohnehin setzen wir auf positive Signale: Wir sind für eine pluralistische, weltoffene, demokratische Gesellschaft. Es fällt leicht, zu sagen, Trump ist doof. Aber wofür bist du eigentlich? Das wollen wir zum Ausdruck bringen und zeigen, dass sich die Menschen mit den Themen und den Protagonisten auseinandersetzen. Es ist wichtig zu wissen: Worüber reden die, worum geht es eigentlich und wie stehe ich dazu?

/ Ilona Lütje / Foto: Ingmar Thies

Mehr Infos unter www.haltung.hamburg

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