Im Brauhaus der Hanse

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500 Jahre Reinheitsgebot. Geht das zusammen mit einem wachsenden Craft-Beer-Hype? Vier nordische Braumeister sagen ihre Meinung

Mit den Mikrobrauereien hat der Hype um Craft Beer angefangen. Diese produzieren im Jahr maximal 200 Tausend Hektoliter, das sind etwa 40 Millionen 0,5-Liter-Flaschen. Durch die kleinen Margen sinkt das Verlustrisiko, die Experimentierfreude steigt:

Handwerksbrauereien können mit verschiedenen Hopfen- und Malzsorten immer neue Rezepturen wagen und Biere brauen, die von der altbewährten Geschmacksnorm abweichen. Heraus kommen hopfenfruchtige, kräuterkaramellige oder gar kaffeearomatische Sude. Irgendwie klar, dass die Ideen bald über die Zutaten Wasser, Hopfen, Malz und Hefe hinauswachsen.

Doch da sträubt sich das Reinheitsgebot. Die Brauer müssen erst die Bürokratie bezwingen, um mit Haferflocken, Milch, Kaffee und Co brauen zu dürfen. Und selbst, wenn der Brauer das „go“ vom Veterinäramt bekommt: Sein Erzeugnis darf er nicht mehr Bier nennen. Ziemlich verwirrend – vor allem für die Konsumenten. Und mal ehrlich, ist Biomilch im Stout nicht besser als gespritztes Getreide im Pils? Doch lassen wir die Brauer selbst sprechen …

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„Wir Brauer sind in Norddeutschland relativ frei“

Eigentlich ist es ein bayerisches Reinheitsgebot, denn 1516 gab es noch kein Deutschland. So kam es auch nach Norddeutschland erst viel später. Innerhalb dieses Gebots kann man schon kreativ sein. Aber ein belgisches Witbier lässt sich niemals ohne Koriander und Orangenschale brauen. Dafür braucht es die Sondergenehmigung vom Veterinäramt – und in Bayern und Baden-Württemberg funktioniert gerade das momentan nicht.

Ian Pyle, Ratsherrn Brauerei

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„Beim Reinheitsgebot müssen wir umdenken“

Wir brauen nach dem vorläufigen Biergesetz von 1993. Und das wiederum war die Reform eines Gesetzes aus den 60ern. Es verbietet unter anderem, Weizenbier untergärig zu brauen. Ich finde das ist Quatsch. Es ist super, dass das Reinheitsgebot Chemie im Bier verbietet, aber es wird Zeit für eine Gratwanderung, wenn es um anderenatürliche Zutaten geht.

Fiete, Wildwuchs Brauwerk

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„Die Vermarktung des Reinheitsgebots ist zu romantisch“

Nur, weil ich dafür bin, Zusätze im Bier zu erlauben, bin ich nicht gleich gegen das Reinheitsgebot. Ich will auch keine künstlichen Enzyme in meinem Bier – aber ich möchte es mit Zutaten brauen können, mit denen es überall sonst gebraut werden darf und mit denen es historisch auch als Bier anerkannt ist. Zum Beispiel eine Leipziger Gose.

Sascha Bruns, Hopperbräu

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„Das Reinheitsgebot spielt für Produzenten und Konsumenten eine jeweils andere Rolle“

Ich schwanke selbst immer, ob ich es gut oder schlecht finde. Für die Produktentwicklung ist das Reinheitsgebot schon ein Hemmnis, es kann einen guten Brauer aber eben auch erfinderisch machen. Und als Konsument finde ich es gut, immer zu wissen, was ich bekomme. Genau dafür wird deutsches Bier auch in allen anderen Ländern geschätzt.

Ralf Gebhardt, Holsten Brauwelt

Text: Jenny V. Wirschky

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