Szene testet. Cantina Popular im Schulterblatt

Kuechenchef Christián Orellanus
Foto: www.seren-dal.com

Geil geschmortes Fleisch, gegrillte Herzen und richtig guter Fisch – in der Cantina Popular wird lateinamerikanische Küche neu interpretiert. Wer hätte gedacht, dass ein Autor und ein Ex-RAF Terrorist so viel Ahnung von gutem Essen haben?

Reservieren ist laut der Facebook-Infoseite der Cantina Popular (Lesen! Geschrieben von Heinz Strunk himself.) „nur was für Trottel“.

Um gut eine Woche nach der Eröffnung trotzdem einen Platz zu ergattern, betreten wir zur besten Rentner-Abendbrotzeit den neuen „Place to be“ am Schulterblatt. Betrieben wird das neue Restaurant vom „Who is Who der Hamburger Opinion Leader und Influencer:“ Cristián Orellanus (Küchenchef. Foto oben), Heinz Strunk (Autor) Karl Heinz Dellwo (Verleger, Dokumentarfilmer, Ex-RAF-Terrorist), Alvaro Pina und Maria Endrich (beide Bistro Carmagnole). Als wir hereinkommen, steht Orellanus am Herd. Von den anderen steht oder sitzt niemand herum. 

Das fein abgeschmeckte Ceviche aus Adlerfisch (10,50 Euro) besticht durch Leichtigkeit und säuerliche Frische und wird durch die cremig-runden Pürees aus Süßkartoffel, Erbse und Mais wunderbar ergänzt; das beste Ceviche, das ich bisher in Hamburg gegessen habe.

Während wir uns über das Mais-Jalapeño-Brot mit Tomatensalsa hermachen und dabei überlegen, wie das nur mit der Resozialisierung von Karl-Heinz Dellwo jemals etwas werden soll, wenn er nicht zur Arbeit erscheint (das Hamburger Abendblatt berichtete), erklärt uns unser Kellner, wie das mit dem Essen in der Cantina so läuft: Die Portionsgrößen seien dem Tapas-Prinzip angepasst: Pro Person also einfach zwei bis drei Gerichte bestellen und alles in die Mitte des Tisches stellen, dann kann das fröhliche Teilen beginnen. Grundsätzlich versteht man hier, wie Service funktioniert. Unser Kellner ist ein flinker und kompetenter Kerl, der geduldig all unsere Fragen zu unbekannten Zutaten beantwortet.

Ceviche Vegetariano

Aus der offenen Küche kommt schon nach kurzer Zeit eine Vielfalt ästhetisch angerichteter Speisen an unseren Tisch. Das fein abgeschmeckte Ceviche aus Adlerfisch (10,50 Euro) besticht durch Leichtigkeit und säuerliche Frische und wird durch die cremig-runden Pürees aus Süßkartoffel, Erbse und Mais wunderbar ergänzt; das beste Ceviche, das ich bisher in Hamburg gegessen habe. Dass sich in der Küche der Cantina jemand mit Fischqualität auskennt, schmeckt man auch beim Biolachs mit Wakamesalat (12,50 Euro) sowie beim in weißer Misopaste mariniertem und anschließend gebratenem Pulpo (10,50 Euro). Doch auch an der Fleischfront sieht es gut aus: Die geschmorte Querrippe vom Biorind (8 Euro) ist mega gewürzt und butterweich – aber auch rustikal, wie es im Buche steht. Soll heißen: Wer nicht mit Fett und Knochen an seinem Fleisch umgehen kann, sollte lieber etwas anderes bestellen. Kühn und beschwipst vom süffig-leichten Sauvignon Blanc (5 Euro pro Glas) wagen wir uns sonst so filetverwöhnten Kinder an die Grillspieße mit Bio-Rinderherzen (8 Euro).

Cantina Popular

Unser Mut wird belohnt: Das Muskelfleisch ist schön kross und außergewöhnlich gut gewürzt. Dass man Innereien isst, schmeckt man erst im Abgang. Eine Erfahrung, die einem beim nächsten Metzgerbesuch hoffentlich experimentierfreudiger werden lässt. Meine Begleitung und ich sind begeistert.

Ein Essen soll man aber ja bekanntlich nicht vor dem Nachtisch loben. Leider kommt der in Form eines kühlschrankkalten Tiramisu de Bacuri daher. Ein sabschiges Stück Dessert, bei dem sich von oben klümpchenweise Kakaopulver in die weiße Creme frisst, während sich unten – der Bacuri-Frucht sei dank – die Sahne zu einem weißen See auf dem Teller verflüchtigt. Muttis, die chefkoch.de für den heiligen Gral des Internets halten, hätten vermutlich ein ansehnlicheres Tiramisu auf den Teller gebracht. Auf Nachfrage verheimlichen wir unsere Abneigung gegen den letzten Gang nicht. Dass wir das Tiramisu deshalb nicht zu zahlen brauchen, ist fair.

Cantina Popular

Kantinengefühle kommen in der Cantina Popular übrigens nicht auf. Im Gegenteil: Bunte Farben und Fliesen sowie gedämmtes Licht sorgen für eine warme Stimmung. Ein paar Polstermöbel statt Holzstühle hätten dem Restaurant in puncto Gemütlichkeit trotzdem nicht geschadet. Das schwarz-goldene Besteck hat aber so viel Stil, dass man das zwischenzeitlich vergisst und einfach ganz und gar entzückt ist von dieser kulinarischen Schanzenperle. / Jennifer Meyer / Foto: www.seren-dal.com)

Cantina Popular: Schulterblatt 16 (Sternschanze), Telefon 65 06 52 55, Mo-Do 17–22.30, Fr-Sa 17–23.30 Uhr


Jenny Meyer Essen + TrinkenSteckt gerade mitten im Kulinarik-Wahn: Jennifer Meyer bereitet gemeinsam mit Kollegin Sybille Fischer die Szene Hamburg Essen + Trinken vor.

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