Theater in der Kritik: Der haarige Affe

Der Haarige Affe. Foto: Thomas Aurin

Frank Castorf inszeniert den Roman von Eugene O’Neill am Schauspielhaus – Castorf-Wahnsinn in jeder Hinsicht.

Die Abwesenheit von Liebe, Identitätssuche, seinen Platz in der Welt finden – Themen, die Eugene O’Neill in seinen Romanen verarbeitet. So auch in „Der haarige Affe“ aus dem Jahr 1923, welches Frank Castorf jetzt im Schauspielhaus inszenierte. Und dabei auch gleich zwei weitere O’Neill-Dramen, „Kaiser Jones“ und „Der große Gott Brown“, verwertete. Mehr als fünf Stunden versuchen die mehr oder weniger Verlorenen mit sich innerhalb der Gesellschaftsstrukturen ihrer Zeit zurechtzukommen, was kläglich endet.

Den Bühnenrahmen bilden ein Zeitungskiosk, ein übergroßes Reklameschild und ein U-Bahn-Eingang, dessen Treppe das Oben und das Unten verbindet. Unten ist der Bauch eines Ozeandampfers, wo eine Truppe von Heizern sowohl die Kessel als auch das Stück befeuert. Tonangebend unter den „haarigen Affen“ ist der raubeinige Yank (Charly Hübner), brutal und schwitzend. Nackte Wampen unter Hosenträgern, Gebrüll und der Alkohol fließt in Strömen – so geht Proletariat, nur durchbrochen von poetischen Wehklagen: „Wir brechen unsere Rücken und unsere Herzen in der Hölle des Kesselraums.“ Das Spiel unter Deck wird per Handkameras auf Leinwände übertragen, was die Dramatik zwar verstärkt, aber auf Dauer doch etwas ermüdend ist. Auch wird die Szenerie ein wenig zu überdeutlich, als die reiche Mildred für eine Sozialstudie aus der ersten Klasse zu ihnen hinuntersteigt. In ihrem Glitzerfummel wird sie erst bedrängt und dann mit Kohle zugeschüttet. Und ob eine Frau nackt Kohle schaufeln muss, während die Männer auf der Bühne über Kapitalismus sinnieren, ist fraglich.

Dennoch: Gerade groteske und starke Bilder überzeugen. Gute Ideen geben dem Stück immer wieder eine neue Richtung und ein hervorragendes Ensemble macht die zähen Momente wett – ob das Ganze tatsächlich diese fünfeinhalb Stunden gebraucht hat, oder es Castorfs Hang zum Überformat geschuldet ist, bleibt offen.

/ Hedda Bültmann

Der haarige Affe, Deutsches SchauSpielHaus, Spielzeit 2017/18

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