Hamburger des Monats: Hundeführerin Yvonne Mennesclou

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Hundeführerin Yvonne Mennesclou (40) mit den Hunden Mila (rotbraun, Australian Shepherd und Baya (Milinois) (Foto: Matthias Greulich)

Yvonne Mennesclou ist ehrenamtliche Hundeführerin in einer Rettungsstaffel beim Roten Kreuz. Die 40-Jährige und ihr Australian Shepherd Mila werden gerufen, wenn Menschen im Wald oder unter Trümmern vermisst werden

Interview: Matthias Greulich 

SZENE HAMBURG: Frau Mennesclou, wie läuft ein Einsatz ab?

Yvonne Mennesclou: Meistens ist es so, dass man gerade schläft, wenn der Alarm losgeht. Wir fahren los und treffen dann unsere Einsatzleitung vor Ort, die mit der Polizei kommuniziert. Wir kriegen unser Gebiet vorgegeben und gehen mit den Hunden in die Suche. Wir suchen vermisste Menschen, Demenzkranke, kleine Kinder und Leute mit suizidalen Absichten. Gerade in den Wintermonaten werden wir schnell gerufen, weil die Kälte für die Vermissten gefährlich ist. Unsere Hunde laufen frei im Wald. Sie zeigen uns alle Menschen, die liegen, hocken oder sitzen an. Wir haben aber auch noch ,Mantrailer‘, die einen speziellen Geruchsstoff suchen. Die sind meist in der Stadt mit einer zehn Meter langen Leine unterwegs und verfolgen eine einzelne Spur. Wenn die Spur abbricht, zeigen es uns die Hunde an.

Beim Fototermin, der am Waldrand in Rissen stattfand, haben Ihre Hunde Mila und Baya vorbeikommende Jogger keines Blickes gewürdigt.

Genau. Auch Fahrradfahrer, Reiter oder Spaziergänger ignorieren die Hunde. Sie wissen, dass sie keine lau­fenden Personen suchen sollen. Das lernen sie in der Ausbildung, in der sich Baya auch noch befindet.

Auf wie viele Einsätze kommen Sie im Monat? 

Das ist ganz unterschiedlich. In den dunklen, kalten Jahreszeiten sind es deutlich mehr. Es gibt mal Wochen, da habe ich drei Einsätze und auch mal Wochen, in denen wir nicht gerufen werden.

Wo wird die Rettungshundestaffel des DRK Kreisverbands Hamburg-Mitte und Altona eingesetzt? 

In Hamburg, wenn wir von anderen Staffeln zur Unterstützung gerufen werden, sind wir auch mal außerhalb. Wir sind aber nicht mehr bei den Aus­landseinsätzen dabei. Andere Staffeln fliegen durchaus noch ins Ausland, wenn internationale Hilfe angefordert wird.

„Die Polizei ist froh, dass sie uns hat“

Bekommen Sie Anerkennung, wenn Sie einen vermissten Menschen finden? 

Die Polizei ist froh, dass sie uns hat. Meistens sind die Angehörigen nicht vor Ort. Von ihnen hören wir hinterher eher wenig. Ich mache es nicht wegen der Wertschätzung, sondern weil ich anderen Menschen helfen will. Generell ist es aber schwierig für uns, ausreichende Trainingsmöglichkeiten in und um Hamburg zu finden. Viele möchten keine Rettungshunde in ihren Forst- oder Waldgebieten haben. Wir würden uns über neue Angebote sehr freuen.

Wie sind Sie zur Hundestaffel gekommen? 

Ich war mit meinem Hund bereits eine ganze Weile beim Rettungs­hundesport aktiv – ohne an Einsätzen teilzunehmen. Als ich einige DRK-Teams in Wittstock auf einem Trümmergelände sah, war ich beeindruckt. Ich hatte schon länger darüber nach­gedacht, ehrenamtlich bei einer Rettungsstaffel mitzumachen, wenn dort ein gutes Team ist. Jetzt bin ich bereits seit vier Jahren dabei. Man muss sich etwas umstellen, es ist etwas anders als im Sport, weil es um Menschenleben geht. Meine Hunde werden „dual geführt“, das heißt ich führe sie sportlich und im Einsatz. Es ist ein schöner Ausgleich zum Beruf, bei dem ich für ein großes schwedisches Modeunternehmen in der Logistik arbeite.

Ist es schwierig, einen Hund zu trainieren?

Man muss es wollen und es muss Spaß machen. Wenn ich dem Hund vermittele, dass es toll ist, was wir machen, dann findet der Hund das auch. Nur so schafft er es, ohne ein Leckerli längere Zeit bei Fuß zu laufen.

Erkennt man den Charakter der Tiere bereits im Welpenalter? 

Mila habe ich mit zehn Wochen gekriegt. Ich habe schnell gemerkt, dass sie überlegt und mutig ist. Wir haben sie über einen Steg laufen lassen und durch eine Röhre aus Metall. Man kann das also relativ schnell herausfinden, aber sie entwickeln sich natürlich noch. Generell muss ganz viel in der Sozialisierung tun. Damit sie in Situationen klarkommen, in denen man 100 Meter weg ist. Dass sie sich auch mal trauen, über einen Trümmerkegel zu laufen. Es ist viel Arbeit, die Tiere müssen Höchstleistung bringen.

Welche Hunderassen können bei der Suche eingesetzt werden? 

Generell ist fast jeder Hund dazu geeignet. Ich würde allerdings von kurzschnäuzigen Hunden abraten, die Atemprobleme kriegen können. An­sonsten ist es was für jeden, der sich ehrenamtlich beteiligen und etwas gemeinsam mit dem Hund machen will. In unserer Staffel ist alles bunt gemischt. Es sind Angestellte und Selbstständige. Viele kommen aus dem Hamburger Umland, aber wir haben immerhin vier Mitglieder aus Hamburg. Darunter bin auch ich als Billstedterin. Im Stadtverkehr bin ich lange zum Training, das in Rissen stattfindet, unterwegs. Aber ich freue mich immer auf das Training und die Gemeinschaft.

Achten Ihre Hunde nur auf Ihre Kom­mandos oder auch auf Ihre Körper­sprache?

Sowohl als auch. Sie achten sehr stark auf die Körpersprache des Hundeführers. Und auch auf die Stimmung. Wenn ich schlecht gelaunt bin, kann ich davon ausgehen, dass der Hund nicht so gut arbeitet. Da sind sie sehr feinfühlig. Ich mache dann gar nichts mit meinen Hunden. Das bringt nichts. Das muss man lernen. Ebenso aufzuhören, wenn es am schönsten ist. Denn nach perfekt gibt es immer nur schlecht. Und dann lasse ich eine Übung so stehen, wenn sie super gewesen ist.

Hundetrainer wie Martin Rütter sind mittlerweile Stars, weil viele mit ihrem Haustier offenbar nicht klarkommen. Haben Sie Erziehungstipps?

Ich empfehle den Besuch einer guten Hundeschule. Es gibt Fälle, da klappt es ohne. Aber es gibt eben auch Hunde, denen eine Hundeschule gut tun würde. Gerade wenn sie Menschen anbellen oder nicht sozialverträglich sind. Dann kann man lernen, die Hunde zu führen. Und die Hunde lernen, sich auf den Hundehalter zu verlassen. Es gibt Menschen, bei denen dürfen die Hunde alles. Bei mir läuft das ein bisschen anders.

drk-altona-mitte.de


 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, November 2020. Das Magazin ist seit dem 29. Oktober 2020 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich! 

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