05.09. | Literatur | Ganz Nebenbei | Woody Allen

In seiner Biografie „Ganz nebenbei“ beschreibt Woody Allen sein Leben als Drehbuchautor und Regisseur. Er geht auch private Anschuldigungen ein.
Woody-allen-Typewriter

Kritik

Text: Marco Arellano Gomes

Was für ein Wirbel: Menschen protestierten, Autoren boykottierten, der amerikanische Verleger stoppte die Veröffentlichung. Der Rowohlt Verlag hingegen publizierte trotz des Protests einiger seiner Autoren. „Apropos of Nothing“, in der deutschen Variante: „Ganz nebenbei“ – passend zum koketten Understatement des New Yorker Filmemachers Woody Allen. Sein Nimbus als Drehbuchautor und Regisseur ist – unabhängig von den privaten Anschuldigungen – unbestritten. Umso neugieriger stürzten sich Kritiker wie Fans auf sein Werk.

woody-allenEines vorweg: Das Buch ist eine Verweigerung aller modernen Lesegewohnheiten. Es gibt keine Kapitel, keine Zwischenüberschriften, nur Absätze und alle 30 bis 40 Seiten auch mal ein Initial. Woody Allen mutet dem Leser durchaus was zu. Doch schon nach wenigen Zeilen wird deutlich, dass er sein Handwerk – das Schreiben – versteht.

Es ist, als säße Woody Allen vor einem, an seinem Schreibtisch, in seinem Appartement in Manhattan, an seiner geliebten Olympia-Schreibmaschine: „Ich schweife wieder ab.“. „Wo war ich stehengeblieben?“ Allen schreibt wie er denkt – und so liest sich das Buch: sprunghaft, witzig, launisch. Mal ist er misanthropisch, mal euphorisch, mal herablassend, mal vernichtend.

Wer auf neue Erkenntnisse zum Missbrauchsvorwurf hofft, wird enttäuscht: Auf etwa 50 Seiten kaut Allen seinen bereits bekannten Standpunkt noch einmal ausführlich wieder. Ansonsten führt er in kurzen, griffigen Sätzen durch sein Leben, beginnend bei seiner Kindheit in Brooklyn. Viele Fragen werden anekdotisch beantwortet: Was treibt ihn an? Welche Frauen mochte er? Wer hatte Einfluss auf seine Filmkarriere? Welche Filmdrehs mochte er? Welche nicht? Das ist stellenweise trivial, dann wieder bewegend, hin und wieder auch deplatziert – aber stets in charmantem Allen-Stil vorgetragen. Wer eine kritische oder gar intellektuelle Selbstreflexion erwartet, wird enttäuscht. Wer schlichtweg eine fiese und zugleich unterhaltsame Erzählung eines „zum Filmemacher mutierten Witzboldes“ erwartet, wird seine Freude haben.

Woody Allen: „Ganz nebenbei“, Rowohlt Verlag, 448 Seiten, 25 Euro


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05. September 2021
10:10
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