(19.10.) Film, „Es war einmal im Indianerland“, Abaton, 20 Uhr

İlker Çatak hat mit „Es war einmal im Indianerland“ die Geschichte eines Jugendbuchs verfilmt und einen wilden, betörenden Stilmix kreiert – unabhängig vom Alter der Zuschauer.

Stell dir vor, du heißt Mauser, bist 17, lebst in den Hochhäusern am Stadtrand, dort wo kleine Kids schon auf abgebrühte Gangster machen. Es ist Sommer, tierisch heiß, bald steigt dein großer, alles entscheidender Boxkampf. Dafür hast du jahrelang trainiert, doch dann die Nacht, als Jackie dir den Kopf verdreht. Im Freibad, die Musik dröhnt, alle tanzen. Fuchsrotes Haar hat das Mädchen mit der sandbraunen Haut und reiche Eltern. „Vergiss sie, Alter, für die bist du einer aus Großartig: Leonard Scheicher in „Indianerland“ dem Zoo“, sagt der Kumpel. Das Glück fühlt sich an wie ein psychedelisches Feuerwerk. Die Polizei taucht auf, ihr verschwindet, du lässt deinen besten Freund im Stich für sie.

Regisseur İlker Çatak, Gewinner des Max-Ophüls-Preises und ausgezeichnet mit dem Studenten-Oscar für seinen Kurzfilm „Sadakat“, ist selbst in so einer Hamburger Plattenbausiedlung aufgewachsen. Für ihn ist die Peripherie nicht Endstation Sehnsucht, sondern Herausforderung, ästhetisch wie philosophisch. Er kreiert in der Tradition Leos Carax’ einen abenteuerlich bunten, fantasievollen Kosmos als Spiegel der Gefühle, zerlegt die Geschichte visuell virtuos in winzige Partikel und dringt vor bis in das Innerste seines jugendlichen Helden (grandios Leonard Scheicher): Mausers Welt fliegt gerade aus den Angeln. Der Vater hat die Stiefmutter erwürgt, ist auf der Flucht. Edda, die 21-Jährige aus der Videothek, schickt seltsame Messages per Postkarte. In ihrem VW machen sich die beiden auf zum Pow Wow-Festival an der Grenze. Und überall verfolgt Mauser dieser Indianer mit den Adlerfedern.

Der Showdown: Ein wahrhaft biblisches Gewitter

Ob Selbstgespräche oder Dialoge, die markanten Sätze, oft nur Wortfetzen, prallen aufeinander, ironisch und doch voller schräger Poesie, dann wieder lakonisch, hintergründig spröde. „Das Wildschwein ist das Bison des kleinen Mannes“, behauptet Edda, die Verlässliche, die Geduldige, die Intellektuelle und wird enttäuscht von Mauser.

Doch die Suche nach sich selbst hat erst begonnen, alles ist offen und die Adaption von Nils Mohls Jugendroman – völlig unabhängig vom Alter der Zuschauer – ein wilder und zugleich betörender Stilmix. Die Stimmungen des Jungen schwanken, die Gedanken überschlagen sich, Schauplätze wie Erzählstränge wechseln, Tristesse, Abgründe, Verheißungen, Drogenrausch, Ekstase. Mauser fragt sich: Wie viel steckt in ihm von seinem Vater, wen liebt er wirklich oder träumt er nur? Zum Showdown ein wahrhaft biblisches Gewitter.

/ Anna Grillet

Abaton
19.10.17, 20 Uhr

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19. Oktober 2017
10:58
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