(23.8.) Film, Premiere: Nach dem Urteil, Studio-Kino, 19 Uhr

Thrillerhaftes Scheidungsdrama, das die gefährliche Gefühlsmelange aus Angst, Frustration und verletztem Stolz greifbar macht.

Die Fronten sind verhärtet, die Emotionen aufgeheizt. Und doch beginnt der Franzose Xavier Legrand sein preisgekröntes Spielfilmdebüt „Nach dem Urteil“ mit einer unaufgeregt inszenierten Sequenz, die in fünfzehn Minuten ein widersprüchliches, hochkomplexes Bild einer zerrütteten Familie entwirft: Zusammen mit ihren Anwältinnen finden sich die getrennt lebenden Eheleute Miriam (Léa Drucker) und Antoine (Denis Ménochet) vor einer Richterin ein, die darüber befinden soll, ob auch der Vater das Sorgerecht für seinen elfjährigen Sohn Julien (Thomas Gioria) erhält. Die Mutter berichtet von Gewaltausbrüchen und Drohgebärden, was Antoine allerdings entschieden zurückweist. Da beide Parteien ausreichend Raum bekommen, um ihre Positionen darzulegen, fällt es dem Zuschauer an dieser Stelle schwer, zu sagen, wer hier die Wahrheit sagt.

Die Verhandlung, die nicht zuletzt sehr anschaulich die Schwierigkeit einer juristischen Bewertung illustriert, führt einige Zeit später zu einem für Miriam erschütternden Beschluss. Fortan steht es ihrem Ex-Mann zu, den verunsicherten Julien ­jedes zweite Wochenende zu sich zu nehmen. Trotz dieser Regelung spannt sich die Lage weiter an.

Obwohl es etwas schade ist, dass Legrand die Ambivalenz des grandiosen Einstiegs später konsequent auflöst, hinterlässt sein thrillerhaftes Drama einen starken Eindruck. Dank mitreißender Schauspieldarbietungen kann man die gefährliche Gefühlsmelange aus Angst, Frustration und verletztem Stolz mit Händen greifen. Und ebenso bemerkenswert ist es, dass der Regisseur auch nach dem fast dokumentarischen Auftakt an seinem nüchtern-beobachtenden Blick auf das Geschehen festhält. Gerade weil der ohne Musikuntermalung auskommende Film in der Beschreibung seiner Eskalation keine billigen Effekte verwendet, sondern erschreckend realistisch bleibt, entsteht ein ­enormer Sog, der auf der Zielgeraden in eine beklemmende, nervenzerreißende Konfrontation mündet.

/ Christopher Diekhaus

Studio-Kino
23.8.18, 19 Uhr

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23. August 2018
12:55
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