(6.9.) Film, „Die Wunde“, Abaton, 20 Uhr

Das Abaton zeigt heute „Die Wunde“, den Eröffnungsfilm der Berlinale 2017, und hat zur Premiere auch den Produzenten Michael Eckelt geladen.

Filmförderanstalten haben einen ambivalenten Ruf. Blinden Lokalpatriotismus sollte ihnen aber niemand unterstellen. Neuester Beweis: „Die Wunde“. Der Eröffnungsfilm der Berlinale 2017 genoss aufgrund des Co-Produzenten Hamburger Riva Film die Unterstützung der Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein. Also Michel, Elbe und Elphi? Nix da! Regisseur John Trengove entführt die Kinogänger in ein südafrikanisches Bergdorf, die Heimat des Fabrikarbeiters Xolani (Nakhane Touré).

Jedes Jahr kehrt Xolani als Betreuer zum Initiationsritual zurück. Eine Gruppe etwa 15-jähriger Jungen stellt sich der Beschneidung. Das archaische Ritual ist das Insigne der Mannwerdung. Die Aufgabe des Betreuers ist die medizinische Betreuung der Wunde plus die Ausübung der Vorbildfunktion mit mächtig viel Männlichkeitsgehabe. Xolanis Schützling in diesem Jahr ist der angeblich mimosenhafte städtische Junge Kwanda (Niza Jay Ncoyini). Als wenn dieses Thema nicht genug brisanten Stoff böte, setzt Trengove noch einen drauf, denn Xolani leidet selbst unter einer klaftergroßen Wunde: Er ist homosexuell, verliebt ihn seinen Kindheitsfreund Vija. Der bietet ihm jedes Jahr heimliche Schäferstündchen auf dem Berg – und frönt ansonsten seinem Machogehabe.

In einem Außenseiter erwacht der Mut

Dieser Film besitzt mehr als einen doppelten Boden. Trengove transportiert in ruhigen, oft beklemmend dunklen Farben und vielschichtigen Dialogen die Geschichte eines Außenseiters, die Spannungen zwischen Tradition und Moderne, aber vor allem das in Südafrika oftmals tabuisierte Thema Homosexualität. Die zentrale Rolle kommt hierbei dem vom Naturell her eigentlich schweigsamen Kwanda zu. Seine aufgeklärten Ansichten und der immer stärker in ihm erwachende Mut, diese konfrontativ zur Sprache zu bringen, werden zum Gradmesser für die moralischen Dilemmata der Akteure. Feuilletonistisch betrachtet ist dieser vielfach verschachtelte Film lehrreiche Kunst aus einer faszinierend fremden Welt, cineastisch ist er unglaublich spannend. Ein Kammerspiel par excellence in der nur scheinbar freien Natur. Große Klasse!

/ Mirko Schneider

Abaton, (Premiere mit dem Produzenten Michael Eckelt)
6.9.17, 20 Uhr

Foto: Salzgeber & Co. Medien GmbH

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06. September 2017
17:40
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