02.11. | Literatur | Die Kunst des Miteinander-Redens

Das Buch „Die Kunst des Miteinander-Redens“ von Bernhard Pörksen sei jedem empfohlen, der nach Wegen aus der Empörungsspirale sucht.
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Kritik

Woher kommt die Gereiztheit in öffentlichen Debatten, die auf Knopfdruck eine Eskalation mit gegenseitigen Totalverurteilungen auslöst? Für den Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen gehört die Bearbeitung dieser Frage zum Hauptwerk. In „Die Kunst des Miteinander-Redens“ skizziert er auf den ersten 40 Seiten nochmals prägnant seine Analysen, die er unter anderem bereits 2018 in „Die große Gereiztheit“ entfaltet hat.

Pörksen geht von einer Wechselwirkung von systemischen Bedingungen und individueller Verantwortung aus. Das Paradebeispiel ist Donald Trump. Nach Jahrzehnten des Auflagenabsturzes der etablierten Medien in den USA kommen heute auf einen Journalisten durchschnittlich vier PR-Leute – „ein Faktum, das die Anfälligkeit des Mediensystems für Spektakelnachrichten (…) erhöht.“ Schon in der Wahlkampfphase 2016 stiegen die Einschaltquoten der Talkshows um bis zu 170 Prozent, wenn der ehemalige Reality-TV-Star auf Sendung ging. CBS-Chef Leslie Moonves veranlasste dies zu der Aussage, Trump sei zwar schlecht für Amerika, aber „verdammt gut für CBS“. „Hier werden das Geschäft auf Gegenseitigkeit von Populisten und Talkshowmachern (…) und die systemischen Bedingungen des Diskursruins offenbart“, so Pörksen.

Empathie und Konfrontation

Mit diesem dialektischen Verständnis gilt es nun, eine Gesprächsstrategie jenseits des Aufeinanderprallens von „Parallelöffentlichkeiten und Selbstbestätigungsmilieus“ zu erarbeiten. Im Hauptteil verkörpert die Form die inhaltliche Botschaft. Im (Streit-)Gespräch mit dem Hamburger Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun versucht Pörksen, das Beste aus den Professionen der Autoren miteinander zu verbinden – um die richtige Mischung aus Empathie und Konfrontation zu suchen und sich „nicht einfach nur in gefühliger Wertschätzung oder in Schaukämpfen“ zu verlieren.

Das Buch sei jedem empfohlen, der nach Wegen aus der Empörungsspirale sucht. Endgültige Antworten wird er nicht finden. Es ist neben der analytischen und sprachlichen Klarheit auch der mit dieser Erkenntnis verbundene Demutsgestus, der diesen Gesprächsband so lesenswert macht.

/ Ulrich Thiele

Bernhard Pörksen & Friedemann Schulz von Thun: „Die Kunst des Miteinander-Redens“, Hanser, 224 Seiten, 20 Euro


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02. November 2020
23:59
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