Acid Anatolia baut Brücken

Seit Ende 2022 schafft es Acid Anatolia, im Knust unterschiedliche Communitys zu verbinden. Zusammen mit Hanadi Chawaf und Osama Horani vom Kollektiv Diarfest stellt Booker Tim Peterding die Electronic-Reihe nun als Festival auf die Beine
Steht beim ersten Acid Anatolia Fest auf der Knust-Bühne: Gaye Su Akyol (©Zhenia Iushkova)

SZENE HAMBURG: Osama und Tim, seit wann seid ihr im Hamburger Nachtleben aktiv?

Tim Peterding: Ich bin nun seit 13 Jahren im Knust als Booker tätig, habe hier meine Ausbildung als Veranstaltungskaufmann gemacht und bin dann so langsam in das Musik-Booking reingerutscht. Davor habe ich aber bereits HipHop- und Funk-Partys in meiner alten Heimat im Weserbergland veranstaltet.

Osama Horani: Hanadi Chawaf und ich bilden Diarfest, ein Künstler:innenkollektiv aus Hamburg mit syrischen Wurzeln. Aktiv in Hamburg seit 2022, fokussieren wir uns auf SWANA, also South West Asia and North Africa, beziehungsweise arabische Veranstaltungen mit Live-Musik, DJs und selbst gebauten Kunstinstallationen.

Was verbindet Acid und Anatolien?

Tim: Acid verbindet Anatolien mit West & Ost.

Acid Anatolia: Musikalischer und menschlicher Austausch

Warum habt ihr die Reihe damals gegründet?

Tim: Der Grundgedanke war, Überschneidungen verschiedener Musikstile ausfindig zu machen und musikalische Strömungen zu verbinden. Ein Austausch soll somit auf musikalischer, als auch menschlicher Ebene stattfinden, also zwischen den Communitys. Wir machen diese Veranstaltungsreihe seit dem 27. Dezember 2022 und sie wurde damals von unseren Freunden von Shkoon eröffnet. Das war nach Corona ein richtiger Push in die musikalische Ausrichtung des Knusts. Wir beschäftigen uns aber schon länger mit anatolischer Musik und wollten das mit dieser Reihe besser bündeln. Mit dem Diarfest arbeiten wir seit Anfang 2023 zusammen, als wir einen Fundraiser veranstaltet haben, für die Erdbebenopfer der Türkei und Syrien.

Wir versuchen uns gegenseitig zu pushen

Osama Horani

Wie gelingt dieser Austausch?

Tim: Durch den musikalischen Schwerpunkt aus Anatolien und der SWANA-Region möchten wir diese Communitys gezielt mit unserem Programm ansprechen, ebenso wie die deutsche Community, die etwas über den Tellerrand schauen möchte. Mit dem elektronischen Ansatz der Reihe, gibt es auch sehr viele Überschneidungen westlicher Musik, aber oftmals mit anderer Tonalität.

Was ist euch daran wichtig?

Tim: Gemeinsam Spaß zu haben baut Brücken und ist unserer Meinung die nachhaltigste Form des Zusammenlebens. Wir möchten auf unseren Veranstaltungen voneinander lernen und das Leben als das betrachten, was es ist: bunt und vielfältig. Das hilft auch einen anderen Blickwinkel auf die Menschen zu bekommen, wenn man sich wirklich mit ihrer Kultur beschäftigt. Und das baut wiederum Vorurteile ab, um friedlich miteinander zu leben. Uns hat mal jemand auf einem Konzert gesagt: „Dass ihr uns einen Raum gebt, ist so wichtig wie jede Demo“, und beim aktuellen Rechtsruck in der deutschen politischen Landschaft, hat uns das sehr beflügelt, da weiterzumachen. 

Vom Diarfest zum Acid Anatolia Fest

Diarfest, was ist das genau?

Osama: Diar heißt auf Arabisch Heimat. Und wir versuchen ein Stück Heimat mit unserer Veranstaltungsreihe nach Hamburg zu bringen. Hanadi und ich haben uns zufällig in Hamburg kennengelernt. Ein paar Wochen später hat die Zusammenarbeit angefangen, mit dem ersten Diarfest auf einem Innenhof in der Schanze. Wir haben nun zwölf unterschiedliche Diarfeste hinter uns, überwiegend im Knust und auf der MS Stubnitz.

Warum macht ihr nun ein Festival zusammen?

Tim: Weil wir uns menschlich mögen, musikalische Vorlieben teilen und unsere Communitys zusammenbringen wollen, um unsere Vision zu teilen.

Was unterscheidet es von anderen Acid-Anatolia-Veranstaltungen?

Tim: Das Festival ist einfach eine Nummer größer. Mit drei tollen Live-Acts und vier DJs haben wir ein vielfältiges Programm am Start, das sich an unsere unterschiedlichen Communitys richtet. Das ist auch das Besondere an dem Festival, dass wir die erwähnten musikalischen Schwerpunkte gleichberechtigt aufgeteilt haben, sowohl mit Live-Musik als auch sehr tanzbaren DJ-Sets. Wir wollen also mit dem Festival die ganze Bandbreite der Veranstaltungsreihe abbilden.

Ein Austausch soll auf musikalischer als auch menschlicher Ebene stattfinden

Tim Peterding

Welches Publikum wünscht ihr euch?

Osama: Ein aufgeschlossenes Publikum, oder um es mit Worten des Schildes zu sagen, welches wir beim Diarfest an den Eingang stellen: Welcome all sizes, all colors, all cultures, all genders, all beliefs, all ages, all types, all sexes, all people, love lives here.

Wie plant ihr den Ablauf des Abends?

Tim: Wir starten mit einem Warm-up von unserem Freund Emin Organic ab 18 Uhr auf dem Lattenplatz vor dem Knust und beginnen dann ab 19 Uhr mit Deniz Mahir Kartal im Saal und unserer Headlinerin Gaye Su Akyol. Ab 22 Uhr starten wir dann in einer rauschende Aftershowparty mit tollen DJ-Sets von Booty Carrell, Hiba Salameh, Burakete aus Köln und dem Live-Act Abarra.

Acid Anatolia Fest: Darauf freuen sich die Veranstalter

Tim Peterding (l.) und  Osama Horani (©Knust)

Auf welche Acts freut ihr euch besonders?

Tim: Wir möchten Gaye Su Akyol hervorheben, zu der wir eine besondere Beziehung haben, da es 2019 das erste türkische Konzert war, welches wir im Knust veranstaltet haben.

Osama: Und DJ Hiba Salameh, eine palästinische Künstlerin aus Haifa, die unsere Community hier in Hamburg liebt. Sie war bereits im Knust Ende Mai beim Diarfest 10.

Nach welchen Kriterien stellt ihr das Line-up zusammen?

Tim: In erster Linie müssen sie in die Veranstaltungsreihe passen und uns gefallen. Die Subline der Reihe „Eclectic Electronic Music & Psychedelia“ sagt es eigentlich aus: Wir haben in der Ausrichtung schon einen elektronischen und psychedelischen Schwerpunkt. Klassische Rock- oder Pop-Musik findet bei uns eher nicht statt. 

Wie seid ihr vernetzt, um so ein Programm zu bekommen?

Osama: Wir sind gut vernetzt mit den SWANA Künstler:innen in Hamburg und in Deutschland, und wir versuchen uns gegenseitig zu pushen.

Tim: Vieles baut einfach aufeinander auf. Seitdem wir 2019 begonnen haben mit unserem Konzert mit Gaye Su Akyol, sind wir bei immer mehr Agenturen und Künstler:innen auf den Schirm gekommen. An dem besagten Abend hat auch unser Freund Sebastian Reier aka Booty Carrell aufgelegt, der bekennender Türkoholiker (sic!) ist, und uns viele wichtige Impulse gegeben hat. Wie auch unser erstes Konzert mit Derya Yıldırım & Grup Şimşek, die wir ebenfalls bis heute als lokaler Veranstalter auf ihrem Weg in Hamburg begleitet haben und im März 2025 ihre bisher größte Show im großen Saal der Elbphilharmonie veranstalten werden. Dass Booty nun auch bei unserem ersten Festival spielt, freut uns ganz besonders.

„It’s all about community!“

Was plant ihr für das restliche Jahr?

Tim: Unsere Saison startet mit dem Acid Anatolia Fest im September und es folgen tolle Konzerte mit Kit Sebastian, Habibi, Shkoon, BaBa ZuLa, Oceanvs Orientalis & Ilhan Ersahin und eben das große Finale mit Derya in der Elbphilharmonie.

Osama: Wir haben viele Veranstaltungen für dieses Jahr geplant, wie LaBess und Ahmed Ben Ali im Knust sowie andere auf der MS Stubnitz. Und zwei auf Kampnagel und im Thalia Theater.

Zum Schluss die Frage was passieren muss, damit ihr sagt: „Das Acid-Anatolia-Fest war ein gelungener Abend“?

Tim: Ein interkulturelles und friedliches Fest mit tollen musikalischen Highlights. Wir freuen uns über ein super gemischtes Publikum und wenn die Leute hier mit einem Lächeln rausgehen, und gemeinsam Spaß haben, dann ist es, was wir erreichen wollen – it’s all about community!

Acid Anatolia Fest, 6. September 2024, 18 Uhr, Knust 

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 09/2024 erschienen. 

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