Affenfaust Galerie: Raus aus der Bubble

Seit 2012 präsentiert die Affenfaust Galerie frische Kunst mit Gegenwartsgeist und Haltung. Ein Gespräch mit den Gründern Frederik Schäfer und Marcus Schild über die Geschichte und Zukunft der Galerie innerhalb sich wandelnder Kulturlandschaften und Kunstmärkte
Das Logo der Affenfaust Galerie Hamburg
Das Logo der Affenfaust Galerie Hamburg (© kingdrips)

SZENE HAMBURG: Die Affenfaust Galerie gibt es jetzt schon über zehn Jahre. Wie hat alles begonnen?

Frederik Schäfer: Wir kommen aus ganz unterschiedlichen Ecken – Grafikdesign und Informatik. Was uns von Anfang an verbunden hat, war die gemeinsame Begeisterung für Street-Art und der Wunsch, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Marcus Schild: 2012 haben wir dann die Affenfaust gegründet – mit dem Ziel, einen Raum zwischen Subkultur und Kunstbetrieb neu zu denken. Eigenständig, unabhängig und mit einem kollektiven Geist. Was als temporäres Projekt gedacht war, hat sich schnell zu einer festen Institution entwickelt.

Welche Kunst spricht euch an, nach was sucht ihr?

Schild: Uns begeistert Kunst, die visuell kraftvoll ist, eine klare Haltung zeigt, und nicht unbedingt den gängigen Erwartungen des Kunstmarkts entspricht: Arbeiten, die sowohl auf der Straße als auch im White Cube funktionieren – aber vor allem Positionen, die Zeitgeist, Popkultur, Humor und gesellschaftliche Themen aufgreifen. Unser Programm ist bewusst vielseitig: von Malerei über Installationen bis hin zu Urban Art und digitalen Formaten.

Die Gründer der Affenfaust Galerie: Marcus Schild (l.) und Frederik Schäfer (©Thomas Engel)

Wie stoßt ihr auf neue Künstlerinnen und Künstler? Was braucht es, damit ihr euch dazu entschließt, sie als Galerie zu repräsentieren?

Schäfer: Das passiert bei uns oft ganz natürlich: durch Empfehlungen, persönliche Begegnungen, Ausstellungen, Festivals oder auch über Social Media. Wichtig ist für uns vor allem eine künstlerische Eigenständigkeit – und dass der Austausch auf Augenhöhe stattfindet. Schild: Es gibt keinen Automatismus, der am Ende „Ja“ oder „Nein“ sagt. Die Entscheidung, ob wir mit jemandem arbeiten, ist immer ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Eine feste Repräsentation verstehen wir nicht als Etikett, sondern als langfristige Beziehung, in der wir gemeinsam wachsen möchten – inhaltlich wie auch wirtschaftlich.

Meilensteine und Highlights aus der Geschichte der Affenfaust Galerie

Von der ersten bis zur jüngsten Schau: An welche Highlights und Wegmarken erinnert ihr euch?

Schild: Ein echter Meilenstein war sicher das erste „Knotenpunkt“-Festival 2013 – ein großes Experiment mit über 60 Künstlerinnen und Künstlern auf mehreren Etagen eines Industriegebäudes. Auch der Umzug 2015 in unsere heutige Location – ein ehemaliger Supermarkt – war ein großer Schritt. In der Pandemiezeit konnten wir mit unserem Kunstpuzzle-Projekt nicht nur uns selbst, sondern auch vielen anderen ein Stück Hoffnung geben. Da hatten wir verschiedene Motive diverser Künstlerinnen und Künstler als Puzzle herausgegeben und mit einem Teil der Einnahmen eine gemeinnützige Organisation in der Flüchtlingshilfe unterstützt. Das war eine intensive Erfahrung. Schäfer: Neben diesen „großen“ Momenten sind es aber auch die vielen Begegnungen rund um Einzelausstellungen, die uns geprägt haben. Und jedes Mural und Projekt außerhalb der Galerieräume, das wir realisieren durften, war ein spannendes Abenteuer für sich.

Galerie ist ja nicht gleich Galerie. Manche richten sich konzeptuell, manche primär wirtschaftlich aus, manche verschreiben sich dem Support junger oder lokaler Szenen. Wo seht ihr euch?

Ein Blick in die Galerieräume: Hier während Yeye Wellers Ausstellung „Stay Sunny“, die von Juli bis August lief (© Tomas Engel)

Schäfer: Wir verstehen uns als Verbindungsglied zwischen Subkultur, Bildender Kunst und gesellschaftlichem Alltag. Uns interessiert Kunst, die raus will – aus der Bubble, auf die Straße, in den Diskurs. Schild: Wir arbeiten nicht rein wirtschaftlich, aber wir sind auch kein klassischer Offspace. Unser Ziel ist es, Künstlerinnen und Künstler auf lange Sicht zu begleiten. Ein offener und demokratischer, niedrigschwelliger Zugang zur Kunst ist uns besonders wichtig.

Mit eurer Galerie passt ihr sehr gut in das dynamische Leben in St. Pauli. War es von Beginn an euer Ziel, speziell in diesem Viertel zu sitzen?

Schäfer: Als wir uns 2009 kennengelernt haben, lebten wir beide in St. Pauli, sogar in derselben Straße, in der später der erste Galeriestandort war. Der Stadtteil war schon damals ein lebendiges Biotop für Kreativität, Vielfalt und Widerstand – und ist es bis heute geblieben. Das hat uns damals angesprochen – und tut es immer noch.

Die Zukunft der Affenfaust Galerie 

Kleine Gedankenspielerei: Hättet ihr aktuell noch keine Galerie, würdet ihr 2025 noch eine eröffnen wollen? Wie schätzt ihr die Bedingungen im Vergleich zu 2012 ein?

Schild: 2025 wäre es bestimmt herausfordernder. Mieten steigen, Förderstrukturen sind instabiler, der Markt ist enger geworden. Gleichzeitig gibt es heute aber auch mehr digitale Möglichkeiten, neue Tools und mehr Sichtbarkeit. Es bräuchte vermutlich andere Wege – aber ja, wir würden es wieder tun. Kunst braucht Räume. Vielleicht heute mehr denn je.

Wie sieht die Zukunft der Affenfaust Galerie aus, was habt ihr vor?

Schäfer: Wir möchten weiterwachsen – aber mit Bedacht. Neue Formate, Kooperationen mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern, digitale Erweiterungen, vielleicht auch weitere Orte: Das alles ist denkbar. Schild: Gleichzeitig wollen wir uns selbst treu bleiben – offen, unbequem, neugierig. Unser Ziel bleibt es, einen Raum zu schaffen, der Bewegung zulässt – für Kunst, Austausch und alles, was noch kommt.

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 10/25 erschienen. 

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