Die FSJlerin Alexandra Ignjatovic über ihre Arbeit bei der Tauschbar

Hamburgerin des Monats, Alexandra Ignjatovic ist FSJlerin bei der Tauschbar in Steilshoop. Der Verein Tausche Bildung für Wohnen. Hamburg e. V. bietet unentgeltliche Lernförderung und weitere Betreuungsangebote für Kinder an. Als Entlohnung erhalten die FSJler nicht nur ein Taschengeld, sondern auch die Möglichkeit, kostenlos in einer WG zu wohnen. Und natürlich viele bereichernde Erfahrungen
Seit acht Monaten arbeitet die FSJlerin Alexandra Ignjatovic bei der Tauschbar in Hamburg (©Marlene Flemming)

SZENE HAMBURG: Alexandra, was hat dich dazu bewogen, Bildungspatin zu werden? 

Alexandra Ignjatovic: Nach der Schule war es mir wichtig, erst mal ein Jahr Pause vom Lernen zu machen. Da bietet sich so ein Freiwilligendienst gut an. Als ich das Angebot von Tausche Bildung für Wohnen gesehen habe, hat mich das sofort sehr angesprochen. Jetzt bin ich schon seit acht Monaten dabei. 

Welche Voraussetzungen musstest du dafür erfüllen? 

Erst mal muss man volljährig sein und wenn sonst alles gut passt, wird man eingeladen. Dabei wird geschaut, wie man mit den Kindern umgeht und ob man offen ist, Tauschpatin oder Tauschpate zu werden. 

Wie sieht dein typischer Tagesablauf in der Tauschbar aus?  

In der Früh kommen wir alle für eine „Wie geht es mir“-Runde zusammen. Wir überlegen uns kreative Wege, zu erzählen, wie es uns an dem Tag geht. Dann hat jeder erst mal Zeit, zu überlegen und wenn man möchte, teilt man seine Gedanken. Danach besprechen wir generelle Sachen, die an dem Tag oder in den nächsten Wochen anstehen. Bevor die Kinder kommen, bereitet jeder seine Lernförderung vor und wir machen eine Pause. Die verbringen wir auch meistens zusammen. Am Nachmittag kommen die Kinder zu uns.  

Ein typischer Tag für Alexandra Ignjatovic in der Tauschbar

Ist das Taschengeld und die Möglichkeit, kostenlos zu wohnen, ein angemessener Lohn für die Arbeit, die du leistest?  

Ja! Das ist auch nicht alles, was ich hier bekomme. Ich lerne so viel für mich selbst und mein Leben. Es gibt auch viele Seminarangebote für uns, zum Beispiel zu Adultismus oder Rassismus. Auch das Gefühl, etwas bewirken zu können, ist etwas ganz Besonderes. Mit den anderen fünf FSJlern bin ich auch sehr eng und ich habe Freunde fürs Leben gefunden. Ich habe außerdem ganz anders gelernt, meinen Gefühlen Raum zu geben. Bei Tausche Bildung für Wohnen ist es wichtig, wie es uns wirklich geht. Dadurch, dass ich so viel auf die Bedürfnisse der Kinder eingehe, achte ich automatisch mehr auf meine eigenen. Es ist wichtig zu schauen, wie es mir geht, damit ich das auch bei anderen machen kann. 

Inwiefern bemerkst du, dass du durch deine Arbeit etwas bewirkst? 

Wenn die Kinder am Anfang der Stunde erzählen, dass irgendwas in der Schule passiert ist und es ihnen nicht gut geht, dann mache ich etwas Schönes mit ihnen. Meistens erzählen sie selbst, dass es ihnen danach besser geht. Wenn wir einen Ausflug machen, sehe ich, wie sehr sie sich freuen und wie begeistert sie sind. Oft höre ich nach einem Ausflug ein „Danke“ oder ein „Genau das habe ich mir gewünscht“. Manchmal braucht es auch gar keine Worte, um die Dankbarkeit der Kinder zu erkennen. Ich sehe, wie sie sich freuen. 

Konntest du also eine emotionale Verbindung zu den Kindern aufbauen?

Auf jeden Fall! Wenn man die Kinder regelmäßig sieht, auf ihre Bedürfnisse eingeht und sie schulisch und sozial weiterbringt, geht es gar nicht anders. 

Besondere Erlebnisse im FSJ von Alexandra Ignjatovic

FSJlerin Alexandra Ignjatovic weiß: „Manchmal braucht es keine Worte, um die Dankbarkeit der Kinder zu erkennen“ (©Marlene Flemming)

Hat dich das FSJ bis jetzt dazu inspirieren können, eine bestimmte berufliche Richtung anzustreben?   

Ich wollte schon immer etwas mit Kindern machen. Inspiriert also nicht, aber definitiv darin bestärkt, dass die Arbeit mit Kindern das Richtige für mich ist. 

Wenn du an dein gesamtes bisheriges FSJ zurückdenkst – was ist deine liebste Anekdote? 

Während der Ferien waren wir in einem Museum. Auf dem Rückweg meinte ein Kind zu mir: „Die Tauschbar hat mich gerettet. Bevor meine Mutter die Tauschbar entdeckt hat, war mir immer so langweilig.“ Das war ein schönes Gefühl.

Herausfordernde Situationen gibt es, aber wir können immer mit den Standortleitungen oder in der wöchentlichen Fallberatung darüber sprechen. Da lernen wir, wie man in der Zukunft mit ähnlichen Situationen umgeht. 

Wer ist außer den FSJlern noch im Team?  

Wir haben zwei Teilzeit-Bildungspaten, eine Minijobberin, Ehrenamtliche, eine Auszubildende und unsere drei Standortleitungen, das sind eine pädagogische Unterstützung, ein Projektmanager und unsere Chefin.  

Für die Kinder ist es ein Anreiz, sich kreativ auszuleben

Alexandra Ignjatovic

Wie viele Kinder nutzen das Angebot und wie wird der Kontakt zu ihnen hergestellt?

Wir haben viele Kinder bei uns, zwischen 120 und 140, schätze ich. Meistens kommen sie durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns. Oft kommen auch Geschwister, Cousins, Cousinen oder Mitschülerinnen und Mitschüler von Kindern, die bereits bei uns sind. 

Welche Herausforderungen gibt es für die Kinder, die ihr betreut?

Das ist bei jedem Kind unterschiedlich. Oft ist es schulisch. Viele haben auch Probleme mit dem Selbstbewusstsein, können in der Gruppe nicht gut mitarbeiten oder haben Schwierigkeiten mit Konflikten umzugehen. Wir versuchen, auf jedes Kind einzeln einzugehen, um zu schauen, was sie brauchen. 

Welchen Einfluss hat die Tauschbar auf den Stadtteil Steilshoop? 

Für die Kinder ist es ein Anreiz, sich kreativ auszuleben. Wir haben auch viele Projekte mit anderen Vereinen im Stadtteil. Wir haben beim Stadtteilfest mitgewirkt und mit dem Bündnis für Demokratie und Vielfalt eine Demonstration organisiert. Da sind wir mit den Kindern hingegangen und haben davor Schilder gebastelt. Wir haben viel mit dem Stadtteil zu tun.

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 05/25 erschienen. 

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