Bridge&Tunnel: Die Schönheit der 2. Chance

Beim Social Business Bridge&Tunnel dreht sich alles um zweite Chancen. Durch Upcycling entstehen neue Kleidung, Accessoires und Heimtextilien – gefertigt von gesellschaftlich benachteiligten Frauen
Blau, so blau: Viele Produkte von Bridge&Tunnel werden aus alten Jeans gefertigt (©Bridge&Tunnel)

Egal ob als Hose oder Jacke – Denim ist zeitlos. Dennoch hat selbst die Lieblingsjeans irgendwann mal ausgedient, weil sie entweder abgetragen ist oder mittlerweile andere Styles angesagt sind. Aus solchen ausrangierten Stoffen fertigt das Label Bridge&Tunnel neue Kleidungsstücke, aber auch Accessoires und Homeware.

Doch das ist nicht alles. In seiner Werkstatt beschäftigt das soziale Unternehmen Mitarbeitende, die bislang Probleme hatten, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, bedingt durch Sprache, Alter, Religion, eine sogenannte Behinderung oder nicht vorhandene Zeugnisse. Denn oft sagen fehlende Dokumente nichts über die handwerklichen Fähigkeiten und Geschicke der Menschen aus. Und so arbeiten im Näh-Team acht Personen aus verschiedenen Herkunftsländern wie Iran, Indien, Russland und Türkei. Eine von ihnen ist Mani aus Teheran, die seit Juli 2024 bei Bridge&Tunnel beschäftigt ist. Sie und die anderen erhalten tariflich orientierte Löhne über dem gesetzlich geregelten Mindestlohn. Zusätzliche Sichtbarkeit bekommen die Mitarbeitenden, indem ihr Name handgeschrieben auf dem Etikett des Produkts steht, das sie gefertigt haben.

Die Produktion erfolgt in der Werkstatt in Wilhelmsburg (©Bridge&Tunnel)

Bridge&Tunnel: Social Business, das Brücken baut

„Unser Claim sagt es schon: ‚we design society‘. Die Kombination aus sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit ist unser Alleinstellungsmerkmal und das, was uns von anderen Labels abhebt“, erklärt Hanna Charlotte Erhorn, auch Lotte genannt. Sie ist Mitbegründerin von Bridge&Tunnel und hat das Label 2015 gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Constanze „Conny“ Klotz konzipiert. Zuvor hatte das kreative Duo, das sich von Partys aus der Studienzeit kennt, schon einen textilen Co-Working-Space in Wilhelmsburg betrieben. „In diesem Co-Working Space sind wir vielen Designerinnen begegnet, die gerne lokal und fair ihre Designs fertigen lassen wollten, aber keine Werkstatt dafür gefunden haben. Auf der anderen Seite wurde der Co-Working-Space von Frauen genutzt, die zwar fantastisch nähen konnten, dies aber aus vielerlei Gründen nicht zu einem Beruf machen konnten. Diese beiden Gruppierungen wollten wir zusammenführen“, erklärt Lotte.

Die Kombination aus sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit ist unser Alleinstellungsmerkmal

Hanna Charlotte Erhorn

Der Stadtteil Wilhelmsburg ist immer noch das Zuhause der Werkstatt und hat sogar den Namen des Labels mitgeprägt. Schließlich ist die Elbinsel nur über Brücken und Tunnel zu erreichen. Gleichzeitig will das Social Business Brücken in den ersten Arbeitsmarkt bauen. Mit ihrer innovativen Idee haben die beiden Gründerinnen schon einige Preise gewinnen können, unter anderem den German Design Award 2018. In der Begründung der Jury hieß es damals: „Die Denim Love Kollektion vereint trendige Mode mit einem guten Zweck. Ein sympathischer Ansatz, der konsequent umgesetzt wurde, dadurch nicht nur benachteiligten Menschen hilft, sondern auch den Aspekt der Nachhaltigkeit berücksichtigt.“

Textildesignerin Hanna Charlotte Erhorn (l.) und Kulturwissenschaftlerin Constanze Klotz haben Bridge&Tunnel gegründet (©Bridge&Tunnel)

Denimblaue Upcycling-Designs

Denim ist immer noch einer der bevorzugten Stoffe von Bridge&Tunnel. Aus ihm entstehen meeresblaue Blousons und Sweater, Taschen in unterschiedlichen Größen, Kissenbezüge und sogar Teppiche. Letztere werden handgefertigt und aufwendig aus 21 Jeans geflochten. „Die Produkte in unserem Onlineshop sind sicher für all die interessant, die sich für schöne Designs und hochwertige Qualität begeistern können, hauptsächlich in Blautönen, da wir für unsere Upcycling-Designs aus abgelegten Jeans fertigen“, sagt Lotte. Privatpersonen können ihre gewaschenen alten Jeans spenden, die maximal ein Prozent Elasthan-Anteil haben, oder sich daraus Unikate fertigen lassen.

Auch von unterschiedlichen Kleiderkammern bezieht das Label seine Materialien. So kommt es, dass neben denimblauen Produkten auch Bauchtaschen aus Frottee, Schmucketuis aus Leinen und Scrunchies oder Fischerhüte aus ehemaligen Samtkissen entstehen. Der Verkauf findet über den Onlineshop von Bridge&Tunnel statt. Aktuell sind die Designs außerdem bei Homie im Jupiter, bei Konvolut in Ottensen und bei Quiddje in Wilhelmsburg zu finden. „Für alle Wilhelmsburger bieten wir auch eine Abholung ihrer Bestellung direkt in der Werkstatt an, haben aber kein eigenes Ladengeschäft“, sagt Lotte.

Ein weiteres Standbein macht das Upcycling von pre- und post-consumer waste von Unternehmen aus, zum Beispiel Produktionsüberschüsse, Retouren, Reststücke und Sampleware. Für den FC St. Pauli wandelte Bridge&Tunnel Sweater mit mangelhaftem Reißverschluss in Taschen um, machte aus aussortierten Neoprenanzügen von Sea Shepherd Kosmetiktaschen und fertigte aus abgelegter Arbeitskleidung von Veolia Turnbeutel und Bauchtaschen. Seit Kurzem bietet die Textilmanufaktur einen weiteren Service für Unternehmen an: den Reparaturservice „Re.Vive“ gegen massenhafte Textilvernichtung. Denn auch fehlerhaft produzierte Neuware hat eine zweite Chance verdient. 

Stylish unterwegs mit den Bauchtaschen von Bridge&Tunnel (©Lisa Notzke)

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG STYLE 2025 erschienen. 

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