Hamburg wählt: 5 Fragen an Cansu Özdemir, Die Linke

Am 2. März 2025 wählen Hamburgerinnen und Hamburger, wer ihre Interessen in der Bürgerschaft vertritt. Die Fraktionsvorsitzenden beziehungsweise Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der großen Parteien beantworten jeweils fünf Fragen, die sie von SZENE HAMBURG per Mail erhalten haben. Dieses Mal: Cansu Özdemir, Co-Fraktionsvorsitzende von Die Linke
Cansu Özdemir, Co-Vorsitzende der Fraktion von Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft (©Die Linke Hamburg)

SZENE HAMBURG: Cansu Özdemir, kurz vor Weihnachten gründete das BSW auch in Hamburg einen Landesverband. Auf einer Skala von eins (kaum) bis zehn (extrem): Wie sehr beunruhigt Sie ein Blick nach Thüringen und Sachsen, wo Die Linke Zehntausende Wählerinnen und Wähler an das BSW verloren hat?

Cansu Özdemir: Natürlich nehmen wir das BSW ernst – obwohl das angesichts dieses ganzen Chaos rund um die BSW-Liste für die Bürgerschaftswahl schon bisschen schwerfällt. Aber wenn Sie sich die Ziele des BSW – soweit wir die überhaupt kennen – ansehen, stellen Sie schnell fest: Das ist eine migrationsfeindliche Partei, die gegen queere Menschen ist, gegen erneuerbare Energien, aber für Sanktionen beim Bürgergeld. Programmatisch sind die also mittlerweile meilenweit von uns entfernt – und ich bin zuversichtlich, dass die Hamburgerinnen und Hamburger das genauso sehen. Zumindest stürzen die Werte des BSW bereits ab, während unsere steigen. Auf Ihrer Skala: eine vier bis fünf.

Nützt der Haustürwalhkampf?

Sie haben angekündigt, vor der Bürgerschaftswahl gezielt auf Haustürwahlkampf zu setzen – speziell in Stadtteilen mit erfahrungsgemäß wenig Wahlbeteiligung. Schon auf Leute gestoßen, die Ihnen dafür dankbar waren und eine Stimme für Die Linke versprochen haben?

Könnte es vielleicht sein, dass Sie noch nicht so viele Haustürwahlkämpfe begleitet haben? Wir sind allein in Hamburg mit unglaublich vielen Teams von Aktivistinnen und Aktivisten unterwegs und wir gehen eben auch in genau die Stadtteile, die sonst gern mal vergessen werden. Wir fragen, wo der Schuh drückt – oft ist das die Miete, oder auch der Zustand der Wohnung, die miese Verkehrsanbindung oder die überlasteten Ämter. Und wir nehmen das mit, machen daraus Anfragen und Anträge, gehen damit in die Öffentlichkeit. Es kommen aber auch Fragen zu Bürgergeld oder Rente – manches sind Hilferufe. Und dann können wir auf unsere eigene professionelle Sozialberatung verweisen. Weshalb wir auch jeden Tag auf freundliche Gesichter treffen, auf dankbare Menschen, auf neue Wählerinnen ud Wähler – und eben auch auf Leute, die noch an der Haustür in die Linke eintreten.

Bei der Bürgerschaftswahl 2020 konnte Ihre Partei vor allem in erwerbsschwachen Stadtteilen wie Wilhelmsburg und Veddel punkten. Was haben Sie sich für Stadtteile wie Eppendorf und Winterhude überlegt, um dort bald besser dazustehen zu können?

In Winterhude hatten wir im Juni bei den Bezirkswahlen 7,2 Prozent, in Eppendorf 6,1 Prozent. Sicher geht da noch was, aber wirklich schlecht ist das ja nicht. Die Hamburgerinnen und Hamburger wissen auch in den wohlhabenderen Stadtteilen, was sie an uns haben: Wir sind das soziale Gewissen in der Hamburger Politik, wir sind überall in der Stadt gut vernetzt und wir machen in den Bezirksversammlungen und der Bürgerschaft eine respektierte und erfolgreiche Politik. Und unsere Wahlkampfziele – etwa eine moderne Straßenbahn für Hamburg oder ein Mietendeckel gegen völlig überzogene Mietforderungen – sind ja auch in Eppendorf attraktiv.

Was tut Die Linke gegen steigende Mieten?

In Hamburg und bundesweit sehen viele in der Politik der Linken nur Protest und nichts dahinter. Ihr bestes Argument dagegen:

Ich weiß ja nicht, mit wem Sie so sprechen – aber im Bund haben wir gerade eine sehr erfolgreiche Mietwucher-App gestartet, mit der jetzt schon Tausende von Menschen gegen überzogene Mieten vorgehen. Ohne die Hartnäckigkeit der Linken im Bundestag gäbe es keinen Mindestlohn, ohne die Hartnäckigkeit der Hamburger Linken keine Aufklärung beim Cum-Ex-Steuerraub der Warburg-Bank. Wir decken Skandale wie beim Elbtower auf und wir machen konkrete Angebote für die Menschen – und sagen dann auch sehr genau, wie sich diese Angebote finanzieren lassen.

Ein prominenter Parteiprogrammpunkt: Mietendeckel. Dieser, so Kritiker, könnte Investitionen in den Wohnungsbau hemmen, wodurch langfristig weniger Wohnraum entstehen könnte. Wie wollen Sie das verhindern?

Der Mietendeckel ist eine praktische Hilfe für ganz viele Hamburger:innen, denen die Miete längst über den Kopf gewachsen ist. Er bringt überhöhte Mieten auf ein Niveau, das die Instandhaltung der Wohnungen und auch eine angemessene Rendite ermöglicht. Nur, wer mit überteuerten Wohnungen Geld verdienen will, dürfte den Mietendeckel hassen. Aber bitte bedenken Sie: Viele der Wohnungsunternehmen, die dank Mietendeckel ihre Mieten und damit auch ihre extremen Gewinne senken müssen, haben auch bisher keine einzige neue Wohnung gebaut. Hamburgs SAGA hingegen zeigt, dass mit einer Durchschnittsmiete von gut 7 Euro pro Quadratmeter die Instandhaltung vorhandener Wohnungen, der Neubau von jährlich 1000 Wohnungen und sogar noch jährliche Überschüsse von satten 200 Millionen Euro möglich sind.

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 02/2025 erschienen. 

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