Der Hamburger Ex-Musiker Patrick Siegfried Zimmer drehte einen Kinofilm, weil niemand dachte, dass er das kann. Das Ergebnis heißt „Anhedonia – Narzissmus als Narkose“
Jetzt spinnt er total. Das hätten seine Freunde gesagt, als er ankündigte, einen Kinofilm drehen zu wollen, erzählt Patrick Siegfried Zimmer. Tatsächlich scheint dieser Plan ein recht ambitionierter zu sein. Denn mal ganz abgesehen von den finanziellen und organisatorischen Hürden bei so einem Projekt: Zimmer, manchen Hamburgern vielleicht noch als Musiker „finn.“ im Gedächtnis, hatte vorher, außer ein paar Musikvideos, noch nie einen Film gedreht. Nicht einmal einen kurzen.
Vielleicht sei es sein kindlicher Größenwahn, der ihn antreibe, sinniert Zimmer, der beim Gespräch mit SZENE HAMBURG mit sorgfältig gegeltem Seitenscheitel, kariertem Tweedanzug und glänzenden Stiefeletten im Gamaschen-Look auf dem Barhocker wie eine lässig-elegante Projektion aus den 1920er-Jahren wirkt. „Gerade, wenn alle sagen, das schaffst du nie, will ich es unbedingt machen.“ Und er hat es tatsächlich geschafft: Am 31. März startet sein Erstlingswerk „Anhedonia – Narzissmus als Narkose“ in den deutschen Kinos. Bundesweit. In der Hauptrolle und als Co-Regisseur: Robert Stadlober.
Der ist ein guter Freund von Zimmer, und das hat bei der Realisierung des Films geholfen: „Roberts Connections waren unbezahlbar.“ Trotzdem kostet so ein Kinofilm; dank Rückstellungsverträgen (Gagen werden nur im Falle eines finanziellen Erfolgs ausbezahlt) wurde „Anhedonia“ aber für eine überschaubare Summe realisiert, die geheim bleiben soll.
Doch zum Film. Die Handlung: Im Jahr 2020 sind viele Menschen wegen der medialen und materiellen Reizüberflutung nicht mehr in der Lage, Freude, Glück und Lust zu empfinden. Um von dieser Krankheit, der Anhedonie, geheilt zu werden, begeben sich die Brüder Franz und Fritz zu einer Lust-Kur-Behandlung in das Sanatorium (das Jenisch-Haus!) des mysteriösen Prof. Dr. Immanuel Young – der Beginn einer albtraumhaften und nicht unbedingt freiwilligen Spaßfindungsreise, begleitet von Flo Fernandez als durchgeknalltem Chef-Lakai, Matthias Scheuring als abgefucktem Regisseur und Blixa Bargeld (unter anderem Einstürzende Neubauten) als „Diabolus“.
„Anhedonia“ ist eine wunderbar groteske Komödie mit mehreren Ebenen zu einem Thema, das durchaus Auseinandersetzung verdient. Die Idee ist gut, der Cast auch, aber um ehrlich zu sein: Man merkt schon, dass das Drehbuch nicht von einem Profi kommt und die finanziellen Mittel überschaubar waren. Beeindruckend ist weniger der Film selber als die Tatsache, dass es ihn überhaupt gibt. Man muss eben einfach nur stark genug an seine Träume glauben. Und vor allem: einfach mal machen. Egal, was die anderen sagen.
Text: Maike Schade
Foto: PSZ Pictures
Regie/Drehbuch: Patrick Siegfried Zimmer. Mit Robert Stadlober, Wieland Schönfelder, Blixa Bargeld, Flo Fernandez, Matthias Scheuring
Sondervorstellungen mit Regisseur, Cast und Crew
4. + 11.4., 20 Uhr, Abaton, Allende-Platz 3 (Rotherbaum)
7. + 12.4., 20.15 Uhr, Alabama Kino, Jarrestraße 20 (Winterhude)