Cash for Gold

Kritische Kunst: Nina Beier durchleuchtet in ihrer Ausstellung unsere Warenwelt

Im Kunstverein leuchtet die leere Fratze des Kapitalismus. Riesige Porzellanhunde grüßen bei der dänischen Konzeptkünstlerin Nina Beier gleich im ersten Raum. Hässliche Symbole, wie sie so gerne von Neureichen genutzt werden, um, wie auch mit Porzellanleoparden, ihre Häuser aufzumotzen. Auf dem Boden daneben eine wertvoll erscheinende, aber ebenso geschmacklose chinesische Vase. Wenig weiter hat sich vor einem seelenlosen riesigen Turnschuhmodell eine Pfütze aus künstlichen Tränen gebildet. Nina Beier arrangiert Symbole des Hyperkapitalismus, des Reichtums.

Die dänische Konzeptkünstlerin, die am Royal College of Art in London studiert hat und heute in Berlin lebt, haut dabei Löcher in unsere kollektiven Bilder des Konsums und fügt etwas Unheimliches hinzu: Die Hunde und Vasen haben bei genauem Hinsehen Zacken in ihre Porzellanhülle gefräst, ihre Leere und Substanzlosigkeit wird sichtbar. Beier arbeitet in ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung mit räumlich aufgeladenen Konstellationen: Neben die Vasen und Hunde aus Porzellan arrangiert sie den denkbar größten Gegensatz: Obdachlosenschlafsäcke und Hermès-Krawatten gepresst unter Glasplatten – und ganz basisch: normale Erde.

Kalter Luxus – die Fratze des Kapitalismus

Wer die Räume im Kunstverein durchwandert, spürt: Beier führt uns die kalte Aura des Kapitalismus vor. Der Wert der Ware entpuppt sich als Wette auf ihren Wert, als Fiktion: Das zeigen die teils geschmacklosen Luxus-Krawatten oder die Stapel ramponierter Perserteppiche, die nun im Ausstellungsraum stehen und gemeinhin als Luxusgüter gelten. Warum eigentlich?

Nina Beier Cash for Gold

Die Räume werden leise und metaphorisch zum Trümmerfeld, zum Lost Place unserer Warenwelt. Die Frage weht durch den Raum: Wie wird Wert produziert? Im letzten Raum von „Cash for Gold“ schließlich so etwas wie eine pessimistische Diagnose: Da finden sich die Fragmente einer bronzenen Heldenrüstung hinter Vitrinenglas: Besingt Beier mit dem zerbrechlichen Torso das Ende des konsumgeleiteten Helden in seinem Panzer? Die 1975 geborene Beier beweist schlussendlich mit ihrer hermetischen Kunst aber auch assoziativen Witz: In Cocktailgläsern finden sich erstarrte Szenen in Formaldehyd, Momentaufnahmen ihrer Warenkritik: In einem Glas rinnt aus einem Füllhorn Geld, in einem anderen schwimmt ein Schwarm toter Fische.

Nina Beier kreiert fragmentarische, dabei jedoch hochästhetische Szenen eines Totentanzes, und womöglich kann aus ihrem apokalyptischen Trümmerfeld etwas Spielerisches und Neues entstehen. Wer die Zuschreibung von Wert nämlich einfach als gesellschaftlich gemacht erkennt, kann als freier, souveräner und kritischer Mensch im Reich der Repräsentationen tanzen.

Text: Stefanie Maeck

Kunstverein
Klosterwall 23 (Klostertor)
Bis 27.7.

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