Als wäre die Angst vorm Vaterwerden nicht genug, wird Olli (Janek Rieke) ausgerechnet im Moment der Wehen seiner Frau Anja (Julia Hartmann) von seiner Affäre konfrontiert. Statt sich auf die nahende Geburt zu fokussieren, eskaliert die Situation: Das Auto wird geschrottet, und plötzlich steht die Trennung im Raum. Diese groteske Zuspitzung ist exemplarisch für Janek Riekes zweite Regiearbeit „Beule“, die sich rauschhaft den Höhen und Tiefen zwischenmenschlicher Beziehungen widmet. „Beule“ ist eine schwarze Komödie nach skandinavischem Vorbild, die jedoch die Fesseln des deutschen Films nicht abzulegen vermag. Überraschend ist der Anteil an Gewalt, der als beiläufige Komik inszeniert wird.

Der Weg ins Krankenhaus wird zu einem Sog aus absurden Zufällen, enthüllten Geheimnissen und unzähligen Wutausbrüchen. Das Ergebnis ist ein wackliger Balanceakt zwischen Komik und Tragik, der stärker auf Sketche setzt, als dass er den Figuren Raum für Verletzlichkeit bietet. Trotz seines wilden Tons wirkt der Film erstaunlich gezähmt. Die Momente, die schockieren oder emotional berühren könnten, bleiben verhalten. Die Figuren handeln oft unglaubwürdig. Während skandinavische Werke wie „Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders of Justice“ (2020) mit Konventionen brechen, bleibt „Beule“ in vertrauten Bahnen – trotz unabhängiger Produktion. Die zentrale Botschaft von Vergebung wird zu deutlich ausgespielt, wodurch viele Szenen an Kraft verlieren. Interessant bleibt die Scheinmoral der Figuren, die ihnen Stück für Stück vorgeführt werden und auch Zuschauer zum Nachdenken anregen dürfte. „Beule“ ist ein Plädoyer für alternative Beziehungsideale, doch 2025 wirkt das wenig neu. Letztlich bietet der Film solide Unterhaltung, kann sich aber nicht von der durchschnittlichen deutschen Komödie abheben.
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Mehr InformationenDieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 08/2025 erschienen.