Der Musiker Herb McGyver (Tom Basden) hat den besten Teil seiner Karriere bereits hinter sich. Als männlicher Teil des Folk-Duos McGyver-Mortimer, das für seinen hymnischen Duettgesang berühmt war, heimste er einst große Erfolge ein. Doch das ist schon lange Geschichte. Immerhin, aktuell hat Herb ein äußerst lukratives Angebot für einen Solo-Gig auf einer abgelegenen walisischen Insel. Der Auftritt soll vor einem handverlesenen Publikum stattfinden. Doch der Trip auf das verschlafene Eiland steht von Beginn an unter einem schlechten Stern. Da es keinen Hafen gibt, muss per Ruderboot angelandet werden. Dabei stürzt Landratte Herb ungeschickt in die Brandung: Smartphone kaputt, Verbindung zum Festland vorerst gekappt.
„The Ballad of Wallis Island“: Eine bittersüße Komödie mit britischem Charme
Das Willkommenskomitee am Strand besteht aus nur einem Menschen. Reden tut der leicht übergriffige Lottogewinner und Dampfplauderer Charles (furios: Tim Key) allerdings für mehrere, und zwar ohne Punkt und Komma. Der nerdige Einsiedler outet sich als glühender McGyver-Mortimer-Fan. Zudem ist er ein Schlitzohr, hat er doch heimlich auch Herbs ehemalige Gesangs- und Lebenspartnerin Nell Mortimer (Carey Mulligan) auf die Insel geladen. Sein Kalkül: Die idyllische Aura der Insel soll seine Helden inspirieren und nach langen Jahren getrennter Wege wieder zusammenführen. Inbrünstig hofft er auf eine triumphale Reunion. Langsam kommt ans Licht, dass Charles’ Begeisterung für die melancholischen Songs des Duos viel profundere Gründe hat als bloße Fan-Begeisterung. Vor der grandiosen Kulisse der schroffen Felsinsel wird der geneigte Zuschauer Zeuge sich langsam offenbarender menschlicher Verwirrungen, Hoffnungen und Abgründe, stets untermalt von den sanften Klängen des McGyver-Mortimer-Songkatalogs. Dabei umschifft der Film souverän die Verlockungen allzu zuckriger Drehbuchwendungen. Wales ist schließlich nicht Hollywood! „The Ballad Of Wallis Island“ ist ein bittersüßer Crowd-Pleaser voller hinreißend starrköpfiger Protagonisten, dessen Charme man sich schwerlich entziehen kann. Very british und very much zu empfehlen!

Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 07/25 erschienen.