Für eine gerechtere Welt: Institut für Radikale Akzeptanz

Das Institut für Radikale Akzeptanz zieht von Juni bis August 2023 in die Millerntorwache ein. Ein Gespräch mit  der Initiatorin Ana Amil über das Projekt und die Relevanz von ehrenamtlichem Engagement 
Ana Amil versucht die Welt mit ihren Kunst- und Kulturprojekten gerechter zu gestalten (© Katharina Stertzenbach) 
Ana Amil versucht die Welt mit ihren Kunst- und Kulturprojekten gerechter zu gestalten (© Katharina Stertzenbach) 

SZENE HAMBURG: Ana, was hast du mit dem Institut für Radikale Akzeptanz vor?

Ana Amil: Die erste Ausgabe des Instituts für Radikale Akzeptanz nimmt die Menschen in den Fokus, die eine Mission, eine Haltung, Utopien und Wünsche haben. Das alles habe ich auch: Ich bin eben eine Woman on a Mission. Und zusammen mit meinem Verein Kabinett der schönen Künste e. V. geben  wir Menschen, die sich in der Gesellschaft engagieren, eine gemeinsame künstlerische und kulturelle Plattform. Hier werden wir neben Ausstellungen, Lesungen oder Vorträgen auch aktiv miteinander in den Dialog gehen.

Woher kame die Idee für das Projekt?

Ich bin schon immer der Meinung, dass die die wahre Stärke unserer Gesellschaft im Mitwirken der Menschen und in der Pluralität, also der Unterschiedlichkeit, der Gesellschaft liegt. Die Säulen dafür sind die Menschenrechte und „Teilgabe“. Es wichtig, dass jeder/jede einzelne von uns seine/ihre persönlichen Perspektiven einbringt. Das ist in einem Ehrenamt sehr gut umsetzbar. Und dann kam uns die Idee, ehrenamtliches Engagement in Form von Kunst und Interaktion eine Plattform zu bieten.

Die wahre Stärke unserer Gesellschaft ist das Mitwirken der Menschen

Ana Amil 

Was genau verstehst du unter „Teilgabe“  und was ist der Unterschied zu Teilhabe?

Teilhabe bedeutet, dass alle Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Das heißt aber nicht unbedingt, dass alle aktiv mitmachen oder mitentscheiden können. Teilgabe im Umkehrschluss zielt darauf ab, dass Menschen aktiv mitwirken und vor allem mitbestimmen können. Es reicht zum Beispiel nicht, nur darüber zu sprechen Gebäude barrierefreier zu gestalten. Das muss auch umgesetzt werden. Daher ist es wichtig, dass Menschen in den Gremien sitzen, die selbst davon profitieren, wenn ein Gebäude barrierefrei gebaut wird. Das bedeutet, viele Perspektiven und Lebensrealitäten in die Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen.

Menschen verbessern die Gesellschaft 

Teilgabe impliziert dann also, dass sich was ändern muss?

Ja, im Endeffekt müssen alle was anders machen. Wir leben in einem politischen System, das sich aus drei Kräften zusammensetzt: die Exekutive, die Judikative und die Legislative. Ich bin der Meinung es gibt auch noch eine vierte Kraft: Die „Populative“. „Population“ bedeutet Gemeinschaft und Bevölkerung, also habe ich daraus dann die „Populative“ gemacht. Dazu gehören wir ja alle. Und ich möchte den Menschen durch das Institut vermitteln, dass wir alle zu dieser Kraft gehören, in unserem „Mensch sein“ miteinander verbunden sind und gemeinsam etwas bewirken können.

Der Fokus des Instituts liegt auf den Themen Teilhabe, Obdachlosigkeit und Diversität. Warum fokussiert ihr euch auf genau diese drei?

Im besten Fall sollen noch viele weitere folgen. Für diese erste Ausgabe haben wir uns aber für diese Themen entschieden, weil wir wertvolle Menschen gefunden haben, die sich schon lange damit beschäftigen. So haben wir zum Beispiel für das Thema Teilhabe Mitra Kassai von Oll Inklusiv als Rednerin dabei oder für Diversität Heiko Reh von den Rollstuhlerlebnissen. Das sind Menschen, die motiviert sind, etwas in der Gesellschaft zu bewegen oder schon etwas bewegt haben.

In Deutschland engagieren sich 40 Prozent aller Menschen ehrenamtlich

Ana Amil

Welche Rolle spielt ehrenamtliches Engagement für das Institut?

Ohne Ehrenamt, ohne stadtteilpolitischen Aktivismus und ohne Engagement würden ganz viele politische Prozesse an uns vorbeigehen. Alleine in Deutschland engagieren sich 40 Prozent aller Menschen ehrenamtlich, sei es in Sportvereinen oder in gemeinnützigen Vereinen. Das ist vielen oftmals gar nicht so bewusst. Damit sind sie sind also schon Teil einer sozialen Bewegung. Genau das möchte ich mit dem Institut für Radikale Akzeptanz verdeutlichen.

Die Türen stehen allen offen 

Das Institut für Radikale Akezeptanz öffnet am 8. Juni 2023 erstmals seine Türen (©Kabinett der schönen Künste e. V.) 
Das Institut für Radikale Akezeptanz öffnet am 8. Juni 2023 erstmals seine Türen (©Kabinett der schönen Künste e. V.) 

Geht dieser Zusammenhalt nicht immer mehr verloren in der heutigen Gesellschaft?

Das kommt darauf an, in welcher Sphäre man diese Frage betrachtet. Die Herausforderung der modernen Welt ist, dass es viele Dinge gibt, die verändert werden müssen. Es ist alles so komplex und unübersichtlich geworden. Da hilft es, verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Perspektiven und Ansätzen zusammenzubringen. Diesen Ansatz verfolgen wir bereits. Das Institut soll aber auch weiter wachsen. Ich möchte zum Beispiel noch eine Website erstellen, über die sich Menschen auf globaler Ebene informieren und austauschen können. Und im Nachgang möchte ich auch noch mit einem kostenlosen Magazin dem sogenannten „Blinden Fleck“ über das Institut informieren.

Warum seid ihr mit dem Institut für Radikale Akzeptanz in der Millerntorwache?

Das hat mehrere Gründe. Erstens ist es so, dass ich bereits zum dritten Mal mit der Alfred-Töpfer-Stiftung, die die Millerntorwache verwaltet, zusammenarbeite. Die Töpfer-Stiftung ist immer auf der Suche nach Menschen, die diese Gesellschaft durch ihr Anderssein mitgestalten möchten. Das passt perfekt zu unserem Projekt. Außerdem unterstützt uns die Stiftung neben dem Kiezhelden-Topf finanziell. Der zweite Grund ist, dass die Millerntorwache so nah an Planten un Blomen und auf St. Pauli liegt. Der Park ist für alle Menschen offen. Es ist ein kosten- und konsumfreier Raum. Ein echter Mehrwert für die Menschen. Das Konzept des öffentlichen Parks mitten in der Stadt spiegelt sich auch im Institut für Radikale Akzeptanz wider.

Ich versuche weiterzuhelfen und zu vermitteln. Das ist mein Job und dafür lebe ich.

Ana Amil

Was würdest du Menschen mit auf den Weg geben, die sich ehrenamtlich engagieren möchten?

Den Wunsch sich ehrenamtlich zu engagieren haben viele. Und der erste Schritt ist schon getan, wenn man sich fragt, wie und wo man sich eigentlich engagieren kann. Bei uns versuchen wir einen Ort zu schaffen, an dem wir Informationen zu unterschiedlichen ehrenamtlichen Engagements sammeln und kategorisieren. Und ein weiterer Tipp ist, die Menschen einfach anzusprechen. Also mich kann man auf jeden Fall immer fragen, ich versuche weiterzuhelfen und zu vermitteln. Das ist mein Job und dafür lebe ich.

Das Institut für Radikale Akzeptanz, vom 8. Juni bis 31. August 2023 freitags und donnerstags von 16–19 Uhr sowie samstags und sonntags von 13–18 Uhr in der Millerntorwache.

Eröffnet wird das Institut mit Ausstellung HerStory am 8. Juni 2023. Danach folgen viele weitere Ausstellungen, Lesungen und Diskussionen. Vom 17. Juli bis 6. August 2023 ist Sommerpause. 

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