Kolumne: Klassik. Oder warum man zwischen Deichkind, Sepultura und Marteria auch immer etwas Beethoven in seiner Playlist haben sollte
Normalerweise geht Jannes eher auf Konzerte von Metalbands oder Marteria, gerne auch von aufregenden und jungen Hamburger Musikern. Diese Woche waren sie besonders aufregend.
Im Sommer trank ich mit Matthes Günther einen Kaffee. Das ist ein aufgeräumter, zielstrebiger und junger Mann, der mir kurzerhand erzählte, dass er stellvertretend für 40 junge Profimusiker zwischen 18 und 29 Jahren spräche. Er meinte das ensemble reflektor und suchte einen Ort für ihren Auftritt. Da komme ich ins Spiel: Ich arbeite für den Musikclub Gruenspan, dessen Immobilie vor über hundert Jahren genau für diesen Zweck erbaut wurde: Kammerorchester zu Gast zu haben.
Gesagt, geplant: Wir trafen uns noch einige Male, mit dem Konzertmeister, mit der Kommunikationsmeisterin … Ein Kammerorchester benötigt neben Violinen, Trompeten und einer Pauke eben auch Booking, BWL und Plakate. Und heute ist es so weit: Das ensemble reflektor hat seinen großen Auftritt.
Die vergangenen zehn Tage wurde permanent geprobt: eine Komposition von Konstantin Heuer (Jahrgang 1989), die klassische Klänge mit Live-Elektronik kombiniert. Die Solistin Tanja Tetzlaff präsentiert anschließend Robert Schumanns Cellokonzert und schließlich erklingt Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 3 – dirigiert von Thomas Klug. Ein 45-Minuten-Epos in vier Sätzen, das Beethoven Napoleon Bonaparte gewidmet hat.
Ich moderiere und führe kurze Interviews zwischen den Stücken. Und da ich schon bei den Proben Tränen der Erfüllung in den Augen stehen hatte, wird der heutige Abend ein ganz besonderer. Für die 40 jungen Musiker, für die Zuschauer und für mich, der klassische Musik von 1804 ganz selbstverständlich zwischen Deichkind, Sepultura und Marteria in seiner Playlist hat. Und ich finde: Genau so sollte es sein.
Habt einen schönen Start in die Woche, wir lesen uns Sonntag wieder, Jannes
Who the fuck is Jannes?
Jannes Vahl hat den gemeinnützigen Verein Clubkinder e.V. gegründet. Mit Konzerten, Partys oder Events sammelt er Spenden für soziale Projekte in Hamburg, beispielsweise mit der Tagebuchlesung. Außerdem leitet er die Kreativagentur Polycore mit Büro auf St. Pauli. Mit seinem Compagnon Joko setzt er hier Projekte um. Jannes Vahl hat 5.000 Facebookfreunde, trinkt Craft-Bier, mag die Band Pearl Jam und versendet digitale Herzchen. In seiner neuen Kolumne berichtet er jeden Sonntag über ein Hamburger Thema, das ihn in der letzten Woche beschäftigt hat.