Jenisch Haus: Wo Hamburgs Geschichte Wurzeln schlägt

Die aktuelle Schau widmet sich der wechselvollen Geschichte des Jenischparks und fördert dabei auch bislang weniger bekannte Episoden ans Tageslicht
Baron Voght und sein Sekretär vor dem Landsitz in Flottbek, 1837 gemalt von Johann Jacob Gensler ©SHMH
Baron Voght und sein Sekretär vor dem Landsitz in Flottbek, 1837 gemalt von Johann Jacob Gensler ©SHMH

Hamburgs grüne Lunge, die Oase im Westen der Stadt: Der Jenischpark in Klein Flottbek gehört heute zu den bekanntesten, artenreichsten und schönsten Parks in Hamburg und ist auch über den Norden Deutschlands hinaus zum Gartenbaudenkmal von großer Bedeutung geworden. Seit seiner Entstehung im späten 18. Jahrhundert, als in Europa ein Begeisterungssturm für die ästhetische Gestaltung von Landschaftsparks, die sogenannte Parkomanie, losbrach, hat sich an etlichen seiner Fleckchen Geschichte abgespielt. Diese macht das Jenisch Haus in seiner aktuellen Schau „Parkomania“ anhand von Dokumenten, Gemälden, Fotografien und weiteren historischen Objekten sichtbar – und bringt dabei gartenbauliche sowie stadthistorische, aber auch bislang kaum bekannte gesellschafts- und globalgeschichtliche Aspekte ans Tageslicht.

Anfänge des Jenischparks und seine koloniale Verflechtung

Ab 1785 schuf der Großkaufmann Caspar Voght am Geesthang über dem Elbufer bei Flottbek auf insgesamt 260 Hektar Land eine sogenannte „Ornamented“ Farm nach englischem Vorbild, zu deren Konzept es gehört, landwirtschaftlichen Nutzen mit ästhetischer Gestaltung zu verknüpfen. Voght kreierte ein Mustergut, das ebenso schön wie produktiv sein sollte und ganz im Zeichen des Landbaus seiner Zeit stand. Er engagierte sich sozial und kümmerte sich um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen seiner Angestellten. Doch, wie das kuratorische Team des Jenisch Hauses um die Leiterin Nicole Tiedemann-Bischop herausstellt, fußte Voghts Erfolgsgeschichte auf Einnahmen aus dem Kolonialwarenhandel. Er hatte das Geschäft seines verstorbenen Vaters weitergeführt und trieb – später auch gemeinsam mit seinem Jugendfreund Georg Heinrich Sieveking – Handel mit Leinen, Seide, Getreide, Kaffee, Tabak und Kautschuk. Das Unternehmen profitierte so durch die Plantagenwirtschaft, die auf Sklaverei beruhte, und duldete damit die unmenschlichen Arbeitsstrukturen andernorts. So nimmt die Schau neben gartenbaulichen und stadthistorischen Perspektiven auch koloniale Verflechtungen in den Blick – die sich nach Voght weiter fortsetzten.

Von der Entstehung des Jenisch Hauses und der Entwicklung der Parkanlage

1828 kaufte ihm der Bankier und Senator Martin Johan Jenisch d. J., damals einer der reichsten Menschen Hamburgs, seine Ländereien ab. Am höchsten Punkt ließ er eine spätklassizistische Sommervilla errichten – das heutige Jenisch Haus – und im Norden des Parks einen sogenannten Pleasureground, eine Art landschaftskünstlerische Erweiterung des eigenen Wohnraums. Hier führten gewundene Wege durch eine von exotischen Pflanzen durchzogene Gartenlandschaft mit prächtigen Blumenbeeten zu einer Rosenlaube im Zentrum. Viele Blumen davon kamen aus tropischen Kolonien und wurden in mobilen Gewächshäusern transportiert, in deren künstlich erzeugter Atmosphäre die Blumen überleben konnten: sogenannte Wardsche Kästen. Neben botanischen Zeichnungen zeigt das Jenisch Haus auch den Nachbau eines solchen Kastens und verweist damit auf die zur Kolonialzeit gängige Praxis, bei Expeditionen Pflanzen ohne Rücksicht auf die dortigen Ökosysteme zu sammeln. Ergänzt wird die Schau durch Einblicke ins 20. Jahrhundert, insbesondere hinsichtlich der Nutzung und Entwicklung des Parks während der NS-Zeit und seiner späteren Öffnung für die breite Öffentlichkeit. Und auch gegenwärtige Perspektiven aus dem Natur- und Umweltschutz wirft die Ausstellung auf, denn während man früher exotische Pflanzen angesiedelt hat, versucht man heute im Flottbektal, seit 1982 Schutzgebiet, heimische Arten zu erhalten. So macht die Ausstellung im Jenisch Haus auf vielen Ebenen sichtbar, was man beim Blick in die Natur um das Museum herum vielerorts schon erahnen kann: Hier wurzelt und wächst ein bedeutungsvoller Teil von Hamburgs Geschichte.

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