Shila Behjat: „Söhne großziehen als Feministin“
Fragt man Männer, was Feminismus bedeutet, antworten viele sinngemäß, dass es dabei darum gehe, Frauen innerhalb der patriarchalen Gesellschaftsstruktur zu stärken. Das ist zwar nicht falsch, stimmt aber nur bedingt, denn Feminismus setzt sich zwar gegen Sexismus und die Diskriminierung von Frauen, aber auch für die Gleichstellung aller Menschen ein. Es sollte daher unser aller Zeil sein, unsere Kinder – egal welchen Geschlechts – zu Feministen zu erziehen. Dass das häufig gar nicht so leicht ist, davon schreibt Shila Behjat in ihrem Buch, denn permanent wird man mit klischeehaften und traditionellen Rollenmustern konfrontiert. Umso wichtiger, dass Behjat uns in „Söhne großziehen als Feministin: Ein Streitgespräch mit mir selbst“ an ihren Gedanken, Erfahrungen und Problemen teilhaben lässt. Schließlich ist eine ausgiebige Debatte über die längst überfällige Gleichberechtigung eine der drängendsten unserer Zeit, und zwar nicht nur für Eltern (auch Väter!) – erst Recht mit einer rechtspopulistischen Partei wie der AfD im Nacken, die auf ein traditionelles Familienmodell pocht.
Shila Behjat: Söhne großziehen als Feministin, Carl Hanser Verlag, 200 Seiten, 23 Euro
Chukwuebuka Ibeh: „Wünschen“
Finger hoch, wer schon mal ein Buch eines nigerianischen Schriftstellers oder einer nigerianischen Schriftstellerin gelesen hat. Niemand? Dann wird es höchste Zeit, schließlich hat der westafrikanische Bundesstaat durchaus ein paar beachtliche Bücher hervorgebracht, darunter Klassiker wie „Alles zerfällt“ von Chinua Achebe, „Die hungrige Straße“ von Ben Okri so wie alles von Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka. Doch auch aktuell kann Nigeria literarisch wieder einmal aufmerksam auf sich machen, und zwar mit „Wünschen“ von Chukwuebuka Ibeh, dem derzeitigen Shootingstar der nigerianischen Literatur. Bei „Wünschen“ handelt es sich um einen aufwühlenden und feinsinnigen Roman über den schwulen Nigerianer Obiefuna und dessen Sinnen nach einem freien Leben in einem unfreien Land; ein Leben, das nicht nur ihn, sondern auch seine Familie zerreißt. Ein wirklich ergreifendes Porträt unserer Gegenwart, das die ehrliche Frage aufwirft, wie frei man heutzutage denn tatsächlich leben kann.
Chukwuebuka Ibeh: Wünschen, S. Fischer, 320 Seiten, 24 Euro
Toxische Pommes: „Ein schönes Ausländerkind“
Toxische Pommes werden die meisten, wenn überhaupt, aus den sozialen Medien kennen, immerhin hat die junge Frau, die eigentlich Irina heißt und in Wien als Juristin arbeitet, auf TikTok und Instagram Tausende Follower. Nachdem sie zudem als Kabarettistin mit ihrem Programm „Ketchup, Mayo & Ajvar – Die sieben Todsünden des Ausländers“ auf sich aufmerksam machen konnte, ist mit „Ein schönes Ausländerkind“ nun ihr Debütroman erschienen. Darin erzählt sie, wie sie vor dem Beginn des Krieges im ehemaligen Jugoslawien mit ihrer Familie flüchtet und zu einem Ausländerkind wird, das sie – natürlich – nicht sein möchte. Es ist ungemein augenöffnend, wie Toxische Pommes sehr ehrlich und feinsinnig davon berichtet, wie sie krampfhaft versucht, eine „gute Ausländerin“ zu werden und ihr Vater sich in seinem Bestreben, ihr das zu ermöglichen, selbst verliert. Insbesondere in Zeiten wie diesen, in der Rechtsextreme wie die AfD Deportationsgedanken hegen und man ernsthaft bangen muss, dass bei den anstehenden Wahlen des Europäischen Parlaments sowie den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg verblendete Nazis ein neues altes Deutschland formen, ist „Ein schönes Ausländerkind“ ein ungemein wichtiger Roman.
Toxische Pommes: Ein schönes Ausländerkind, Paul Zsolnay, 208 Seiten,23 Euro