Am 29.11. findet das Referendum für oder gegen Olympia 2024 statt. Höchste Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Ein Stimmungsbild
Ja!
Alexander Otto
Olympia-Botschafter
Olympische und Paralympische Spiele 2024 in Hamburg werden unsere Stadt und alle Bürgerinnen und Bürger in vielen Bereichen weiter voranbringen. Die Spiele werden zum Katalysator für Stadtentwicklungsprojekte, die sonst Jahrzehnte dauern würden. Davon profitieren auch alle Breitensportlerinnen und Breitensportler, deren Sportstätten modernisiert werden. Auf dem Kleinen Grasbrook entsteht ein neuer, voll inklusiver Stadtteil mit 8.000 Wohnungen und 7.000 Arbeitsplätzen. Hamburg wird in einem Atemzug mit London, Barcelona, Sydney, Paris oder Los Angeles genannt, was unserer Stadt das internationale Ansehen verschafft, welches sie schon lange verdient. Alle Hamburgerinnen und Hamburger können der Welt zeigen, wie sympathisch, lebenswert und aufgeschlossen wir sind.
Zugleich wird Hamburg 2024 beweisen, dass demokratische und pluralistische Gesellschaften die Spiele durchführen können – mit dem nachhaltigsten, kompaktesten und transparentesten Konzept aller Zeiten. Lasst uns Olympische und Paralympische Spiele 2024 nach Hamburg holen, um mit unterschiedlichen Nationen, Kulturen und Religionen das sportliche Weltereignis zu feiern, welches wie kein anderes verbindet. Diese Chance kommt nur einmal!
Nein!
Florian Kasiske
Pressesprecher von Nolympia
Viele bunte Seifenblasen werden uns derzeit von den Kreisen präsentiert, die die Bewerbung Hamburgs für Olympische Spiele 2024 vorantreiben. Wie immer wenn Poiltiker das Blaue vom Himmel versprechen, sollte man misstrauisch sein. Sport ist bei Olympischen Spielen nur eine Nebensache – der Politik und der Immobilienlobby geht es um gigantische Stadtumbauprojekte, dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) um milliardenschwere Einnahmen aus den Übertragungsrechten und aus Sponsorenverträgen.
Die Folgen für die Mehrheit der Bevölkerung sind keineswegs so positiv, wie sie dargestellt werden: Ein drastisch beschleunigter Anstieg der Mieten, Kostenexplosionen beim Bau und rigorose Sicherheitsmaßnahmen, die unsere Bewegungsfreiheit einschränken, sind überall die andere Seite der olympischen Medaille. Das Geld, das für ein wenige Wochen dauerndes Event und den anschließenden Rückbau der Stadien ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle: Ob in Schulen, sozialen Einrichtungen, oder beim Breitensport.
Vielleicht!
Anja Bensinger-Stolze
Vorsitzende der GEW Hamburg
Hamburg soll als deutsche Bewerberstadt in das Rennen um die Olympischen Sommerspiele 2024 gehen. Das Bewerbungskonzept hat Lob und Anerkennung erfahren, allerdings hat es auch deutliche Mängel gezeigt. Die GEW hat beschlossen, auf die aus ihrer Sicht erkennbaren Risiken, Schwächen und Gefahren der Bewerbung hinzuweisen und den Prozess kritisch zu begleiten.Hat der Senat eine Risikoanalyse erstellt? Wird für die Volksbefragung umfassend und seriös informiert? Werden die Bewerbungs- und Realisierungskosten offengelegt? Welche Ausweichmöglichkeiten sind für den Schul- und Breitensport geplant? Inwiefern kann der Schulsport profitieren? Auf einem Workshop Mitte Oktober werden wir die von der GEW beschlossenen Anforderungen prüfen. Aus den Ergebnissen wird die GEW ihre Position zu Olympia formulieren und für diese Position in der Mitgliedschaft sowie den anderen Gewerkschaften und dem DGB werben.
Ja!
Nikolas Hill
Geschäftsführer der Hamburger Olympia-Bewerbungsgesellschaft
Rund 10.000 Sportler stehen auf Barkassen und fahren von den Landungsbrücken in Richtung Kleiner Grasbrook – herzlich willkommen Sportwelt in Hamburg. So könnte der „Einmarsch“ der Athletinnen und Athleten zu den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 in Hamburg aussehen. Wir öffnen das Tor für die Welt und erhalten gleichzeitig mit mehr als 3 Milliarden Fernsehzuschauern weltweit Aufmerksamkeit für unsere Stadt.
Diese Bilder und Visionen und die zahlreichen positiven Veränderungen, die mit ihnen verbunden sind, stärken täglich neu meine Begeisterung für das Event, um das wir uns bewerben. Mit den Spielen in Hamburg haben wir die einmalige Chance, unsere Stadt zu entwickeln und zu modernisieren. Hamburg ist heute noch längst nicht barrierefrei. Durch den Zuschlag für die Spiele 2024 in unserer Stadt haben wir mit OlympiaCity die Möglichkeit, den ersten vollständig inklusiven Stadtteil Deutschlands zu realisieren. Gleichzeitig bieten wir einmalige emotionale Momente. In Hamburg treten Menschen aus allen Nationen an, um über sich hinauszuwachsen. Schwitzen, zittern, feiern: Aus jahrelanger Vorbereitung wird dieser eine Moment – der Wettkampf um eine olympische oder paralympische Medaille.
Die Vorbereitung auf das international größte Sportereignis ist nicht nur viel Arbeit, sie ist bereits ein hoher Gewinn. Etwa 50 Sportanlagen in allen Bezirken Hamburgs werden instand gesetzt oder modernisiert, einige werden neu gebaut. Die Kulturszene wird neue Impulse erhalten und ein Begleitprogramm zu den Spielen entwickeln können. Dazu kommen 8.000 Wohnungen für 18.000 Menschen im Drittelmix: Ein Drittel sozial geförderte Mietwohnungen, ein Drittel frei finanzierte Mietwohnungen und ein Drittel Eigentumswohnungen.
Nur die Olympischen Spiele haben die Kraft, solche Ressourcen freizusetzen und neue Perspektiven zu schaffen. Hamburg wird stellvertretend für Deutschland Gastgeber sein, und damit das Bild unseres Landes in der Welt prägen. Im Mittelpunkt stehen die Sportlerinnen und Sportler und die Begegnungen von Menschen aus der ganzen Welt. Wir können uns als ein modernes, tolerantes, vielfältiges und sympathisches Deutschland präsentieren.
Nein!
Manfred Braasch
Geschäftsführer BUND Hamburg
Am 29. November sind alle Hamburger Wahlberechtigten aufgerufen, über die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 zu entscheiden. Aus Sicht des BUND Hamburg reicht es nicht für ein „Ja“. Zu dünn ist die Informationsdecke, zu schlecht die Erfahrungen bei anderen Großprojekten. In der Vergangenheit wurden gerade umweltrelevante Vorgaben immer wieder missachtet. Das Kohlekraftwerk Moorburg oder die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs nur als Stichworte.
Und auch bei Olympia wurde schon viel versprochen. London 2012 gilt als Meilenstein grüner Spiele. Aber nicht mal 50 Prozent der ursprünglich geplanten Nachhaltigkeitsmaßnahmen wurden konsequent umgesetzt. Und auf welcher Grundlage stimmen wir ab? Es gibt reichlich bunt bedrucktes Papier, aber wenig belastbare Daten. Es fehlt eine Kosten-Nutzen-Untersuchung – was wäre tatsächlich der Mehrwert für die Stadt? Und es fehlt eine strategische Umweltprüfung, um tatsächlich alle ökologischen Auswirkungen zu beleuchten.
Der Landesrechnungshof kritisiert schließlich, dass die finanziellen Risiken einseitig bei der Gastgeberstadt liegen. Also bei Hamburg – und schon heute sind hier der Natur- und Umweltschutz sowie andere wichtige Bereiche unterfinanziert. Der Senat hätte mehr liefern können, mehr liefern müssen. Ohne Not wurde aber am Referendumstermin festgehalten. Also reicht es nicht für ein „Ja“.
Vielleicht!
Landespastor Dirk Ahrens
Diakonisches Werk Hamburg
Wenige Wochen vor dem Referendum wissen wir noch immer nicht: Welche sozialen Folgen hätte die Olympiade für die Hamburgerinnen und Hamburger, vor allem für Arbeitslose, Wohnungslose, Familien und Rentner mit geringem Einkommen, Flüchtlinge oder Menschen mit Behinderungen? Verstärkt sie die nach wie vor wachsende soziale Kluft zwischen arm und reich? Ich höre gut gemeinte Absichtserklärungen, kenne aber bis heute keine solide Kosten-Nutzen-Analyse des Senats, die diese Fragen beantwortet. Das ist für mich bei einem Projekt dieser Größenordnung unverständlich. Unklar ist auch, ob Hamburg – trotz angeblich „entschärfter“ Verträge – gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee die Chance hätte, „soziale“ Spiele durchzusetzen. Wir sind als Diakonie nicht für oder gegen Olympia. Aber wir haben darauf zu achten, dass nicht die ohnehin Benachteiligten in dieser Stadt zu den Verlierern einer Olympiade gehören. Das bisherige Schweigen im Rathaus beruhigt mich leider nicht.
Jetzt am Kiosk: SZENE HAMBURG SPORT! mit einem detaillierten Überblick zur Bewerbung: Was passierte wann? Außerdem zeigen wir, welche Spielstätten geplant sind, berichten vom Kleinen Grasbrook, stellen Sportler vor, darunter Paralympic-Teilnehmerin Edina Müller und porträtieren Sportvereine in Hamburg.
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