Ravekulturförderung

Erst kürzlich gewann der Südpol den Award für die beste Clubnacht des Jahres. Damit viele weitere folgen können, bittet das ravende Kulturzentrum aus Hammerbrook um Hilfe. Yellow und Janitha vom Betreibenden-Kollektiv über steigende Kosten, verändertes Ausgehverhalten und ihr nachhaltiges Zukunftsmodell
Wer den gelben Smiley sieht, weiß direkt: Hier ist Südpol (©Juha Hansen)

SZENE HAMBURG: Yellow und Janitha, seit wann seid ihr im Südpol aktiv?

Yellow: Der Südpol wird vom Verein Kulturelles Neuland e. V. getragen, in dessen Vorstand ich seit 2008 tätig bin. Seit 2011 beschäftige ich mich intensiv mit der Idee des Südpols.

Janitha: Ich bin seit 2018 in verschiedenen Positionen aktiv, mit einem Fokus auf Konzeption, Gestaltung und Kommunikation. 

Ihr hattet bereits eine große Spendenaktion während der Pandemie. Was habt ihr damals finanziert?

Janitha: Während der Pandemie haben wir die erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne „Rette das ewige Nice“ durchgeführt, um unsere laufenden Kosten zu decken. Trotz sofortiger Kurzarbeit und minimaler Personalbesetzung fielen weiterhin Ausgaben wie Miete, Strom, Wasser, Gas und Versicherungen an. Zu dieser Zeit war unklar, wie lange der Südpol geschlossen bleiben müsste, und die ersten Förderungen waren unzureichend. Da zu dem Zeitpunkt der Crowdfunding-Kampagne ebenfalls unklar war, ob es überhaupt sinnvolle Förderungen geben wird, mussten wir das Geld auch als Rücklage sehen.

Yellow: Glücklicherweise erhielten wir später Förderungen im Rahmen von Neustart Kultur, die für uns einen nachhaltigen Mehrwert darstellten. Förderungen in der Art wären auch heute hilfreich. 

Warum ist das Geld jetzt alle?

Yellow: Das ist eine super Frage. Irgendwie kostet alles Geld. Das ist uns zwar schon früher aufgefallen, nur sehen wir uns jetzt noch mit steigenden Betriebskosten konfrontiert. Nach der Pandemie haben wir mehr Personal eingestellt, was zu höheren Lohnnebenkosten führte, die kumulierte Inflationsrate beträgt im selben Zeitraum etwa 20 Prozent. Diese Steigerung beeinflusst natürlich alle unsere Ausgaben.

Clubbetrieb erfordert Gelder: Freiwillige Mitarbeitende sind eine Hilfe, jedoch keine Lösung 

Ihr schreibt „zu viel Gewicht lastet auf den Schultern jener, die sich freiwillig für den Club ausbeuten“. Was heißt das konkret?

Yellow: Das bedeutet konkret, dass wir leider nur prekäre Gehälter zahlen können und stark auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen sind. Ohne diese würde der Südpol, so wie er ist, nicht existieren. Dafür sind wir sehr dankbar, gleichzeitig ist das kein nachhaltiges Zukunftsmodell.

Wie viel Geld braucht ihr?

Janitha: Wir brauchen finanzielle Unterstützung, um das Herzstück des Südpols zu erhalten: kulturell wertvolle Veranstaltungen. Unser Anspruch ist es, nicht nur Räume für Partys zu schaffen, sondern gesellschaftliche Räume für Begegnung, Reflexion und Veränderung. Außerdem möchten wir – nach zehn Jahren Bauen in Eigenregie, prekären Arbeitsverhältnissen und unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit – faire Löhne und Gagen zahlen können. Auch das Gelände und die Infrastruktur müssen erhalten und weiterentwickelt werden. Wir glauben an das, was wir tun – und wir sehen den gesellschaftlichen Mehrwert, den das Miteinander auf einem Rave stiften kann. In den vergangenen Jahren haben wir gezeigt, dass unsere Vision funktioniert: mit einem eigenen Awareness-Team, mit Nachwuchsförderung, mit Veranstaltungen, die Vielfalt sichtbar machen – und mit einer Community, die diese Vision trägt. Doch genau diese Arbeit ist ohne eine stabile finanzielle Basis kaum zu leisten. Wenn wir unsere Prinzipien weitertragen wollen – jenseits von reiner Verwertungslogik –, braucht es Unterstützung. 

Yellow und Janitha vom Betreibenden-Kollektiv des Südpols. Erst kürzlich gewann der Club den Award für die beste Clubnacht des Jahres  (©Juha Hansen)

Was wollt ihr als Erstes umsetzen?

Yellow: Als Erstes möchten wir die finanzielle Stabilität des Südpols sichern – damit wir ein vielfältiges Programm anbieten können, das Raum für Experimente und kulturelle Diversität schafft. Ein zentraler Schritt dabei ist, faire Löhne und Gagen zahlen zu können – für alle, die den Clubbetrieb tragen, von Technik über Awareness bis Booking und Artists.

Janitha: Nach Jahren der Selbstausbeutung und ehrenamtlicher Aufbauarbeit ist das für uns keine Vision mehr, sondern eine Notwendigkeit. Nur wenn wir diese Basis schaffen, können wir den Südpol als unabhängigen Kulturort weiterentwickeln.

Wir sehen den gesellschaftlichen Mehrwert, den das Miteinander auf einem Rave stiften kann.

Janitha, Teil des Betreibenden-Kollektivs des Südpols

Kann ein Club heutzutage nur noch über Spenden funktionieren?

Yellow: Jein. Die Frage berührt einen zentralen Punkt: Wie finanzieren sich Clubs heute eigentlich? Wer sich bewusst gegen klassische Verwertungslogiken entscheidet – etwa indem auf offensichtliches Sponsoring verzichtet oder externe Vermietungen nur selektiv nach inhaltlichen und ethischen Kriterien zugelassen werden – steht schnell vor finanziellen Herausforderungen, wenn es keine alternative Unterstützung gibt.

Janitha: Genau das ist auch beim Südpol der Fall. Wir verzichten bewusst auf plakatives Sponsoring und treffen bei externen Kooperationen und Vermietungen eine kritische, wertebasierte Auswahl. Das ist kein Zufall, sondern Teil unserer Haltung und Identität – und wir möchten weiterhin nach diesen Prinzipien handeln.

Janitha: „Jede Saison bei uns hat ihren ganz eigenen Charme – vor allem der Sommer. Und wir versuchen auch immer wieder Überraschungen einzubauen“ (© Juha Hansen)

Auswirkungen der Pandemie: Das Ausgehverhalten der Menschen hat sich verändert

Gehen mittlerweile einfach zu wenig Menschen feiern?

Yellow: Das lässt sich pauschal schwer sagen, aber das Ausgehverhalten hat sich seit der Pandemie deutlich verändert – das spüren wir ebenso wie viele andere Clubs. Einige haben diese Entwicklung vielleicht früher bemerkt, doch auch bei uns ist klar: Die Nächte sind anders geworden. Besuchsfrequenz, Spontaneität und Konsumverhalten haben sich verschoben.

Janitha: Wir müssen also nicht nur weiterhin relevante Inhalte schaffen, sondern auch Wege finden, wie wir unser Publikum auf eine neue Art erreichen können.

Wäre eine institutionelle Kulturförderung wünschenswert?

Yellow: Eine Förderung wie zum Beispiel Neustart Kultur wäre wünschenswert. Wir würden auch mit subventionierten Eintrittspreisen zurechtkommen. Allerdings stellt sich die Frage, was eine institutionelle Förderung konkret für uns bedeutet und in welche Abhängigkeit wir uns dann begeben würden.

Wie ist die Kampagne bis jetzt angelaufen?

Yellow: Wir hatten einen super Start mit der Spendenkampagne. Neben vielen Einzelspenden sind auch erste regelmäßige Beiträge – also Abos – eingegangen. Gerade diese sind für uns besonders wertvoll, weil sie uns ermöglichen, etwas langfristiger zu planen und nicht nur von Monat zu Monat zu denken.

Janitha: Außerdem erhalten wir viele positive und unterstützende Nachrichten über die Spendenseite auf unsere Frage: „Warum liegt dir der Erhalt des Südpols am Herzen?“ Das gibt Kraft und bestätigt, wie wichtig dieser Ort für viele Menschen ist. Es motiviert uns, an unserer Vision festzuhalten und weiterzumachen.

Es stellt sich die Frage, was eine institutionelle Förderung konkret für uns bedeutet und in welche Abhängigkeit wir uns dann begeben würden.

Yellow, Teil des Betreibenden-Kollektivs des Südpols

Was genau ist der „Nice“?

Janitha: NICE ist eine subversive Nicht-Währung, ein sogenannter Anti-Krypto-Coin im Rahmen unserer Spenden-Aktion zur Ravekulturförderung.

Yellow: NICE kann online unter nice.suedpol.org „erworben“ werden als Spende. Die gesammelten Spendengelder fließen vollständig in die Aufrechterhaltung und Finanzierung des Südpols, um Betriebskosten wie Getränke, Strom, Musik und Gehälter zu decken.

Also kein direkter Gegenwert?

Janitha: Doch, der Erhalt des Südpols und weiterhin interessante Veranstaltungen – und natürlich das gute Gefühl, sich für etwas einzusetzen, was man für Geld eben nicht kaufen kann. 

Zum Schluss die Frage: Welche Highlights plant ihr im Sommer, wenn tendenziell weniger Menschen in Clubs gehen?

Yellow: Wir arbeiten das ganze Jahr über daran, ein vielfältiges, ausgewogenes und gleichzeitig stringentes Programm auf die Beine zu stellen. Unser Ziel ist es, jedes Wochenende zu einem besonderen Erlebnis für unsere Besucher:innen zu machen.

Janitha: Außerdem hat jede Saison bei uns ihren ganz eigenen Charme – vor allem der Sommer. Und wir versuchen auch immer wieder Überraschungen einzubauen. Was euch konkret erwartet, erfahrt ihr wie immer auf unserer Website suedpol.org

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