Digitale Uni: Wie läuft das Studium im Homeoffice?

Paul, 28 ist Masterstudent an der Uni Hamburg (Foto: Johanna Zobel)

Paul, 28, ist Masterstudent an der Uni Hamburg. Neben seinem Studium arbeitet er im Kulturbereich und setzt sich zudem für Queer-Rights ein

Interview: Johanna Zobel

Uni-Extra: Paul, was hat sich im letzten Semester für dich geändert? 

Ziemlich viel. Mein kompletter Uni-Alltag, so wie ich ihn kenne, hat nicht mehr stattgefunden. Genauer heißt das: keine Mensa, kein Campus-Gefühl und der Austausch mit Kommilitonen und Kommilitoninnen lief über Skype und Co. Außerdem konnte ich Anfang des Semesters gar nicht und danach nur mit Zeitslots in die Bibliothek, daher habe ich meistens zu Hause in meiner Einzimmerwohnung gelernt.

Wie hast du auf Literatur zugegriffen ohne Bibliothek?

Ich konnte größtenteils mit Online-Artikeln arbeiten und hatte daher keine direkten Nachteile bei der Literaturrecherche. Bei Problemen und Fragen hatte ich allerdings keine Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen vor Ort, sondern konnte Uni-Personal nur telefonisch oder per Mail kontaktieren. Zum Ende des Semesters durften die Bibliotheken öffnen und es war wieder möglich, Bücher auszuleihen.

Wie war die Arbeitsumstellung für dich? 

Mir hat die ruhige Arbeitsatmosphäre in der Bibliothek gefehlt. Meine Wohnung ist sehr hellhörig und meine Nachbarn waren häufiger im Garten, wodurch es teilweise etwas lauter wurde. Zu Hause war daher nicht die perfekte Lernatmosphäre. Deshalb bin ich oft zu Freunden oder in Cafés, um zu studieren.

Und die Umstellung bezüglich der Kurse? 

Für mich war es ok. Zwar hatte ich Zoom zuvor noch nie benutzt, doch die Anwendung ist relativ simpel. Bei manchen Kursen ging das tatsächlich total schnell und hat auch gut geklappt. Bereits Mitte April haben die ersten Kurse online stattgefunden. Voraussetzung für das digitale Studieren sind eine gute Internetverbindung und ein gut laufender Laptop oder PC. Letzteres war bei mir nicht der Fall – mein Laptop ist leider nicht mehr besonders leistungsstark, weshalb ich teilweise Schwierigkeiten hatte. Eine Reparatur meines Laptops war zu dem Zeitpunkt nicht möglich, weil die zuständigen Geschäfte geschlossen hatten.

Wie sah dein Privatleben in der Zeit aus?

In der ersten Zeit der Corona-Pandemie war ich, wie viele andere Studierende auch, in meiner Heimat bei meiner Familie. Weil aber Museen, Konzerthäuser oder Kinos geschlossen waren, war ich häufiger draußen und habe mich nach den ersten Lockerungen dann auch viel mehr mit meinen Freunden im Park oder auf einen Spaziergang getroffen.

Hattest du auch weiterhin Kontakt zu deinen Kommilitonen?

Da ich am Ende meines Studiums stehe, habe ich bereits ein gutes Netzwerk mit anderen Studierenden aufgebaut, mit denen ich mich austauschen konnte. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Studienanfänger und Studienanfängerinnen durchaus größere Problematiken hatten, weil sie schwieriger Kontakt aufbauen konnten.

Zurück zum Studium: Welche Vorteile ziehst du aus dem digitalen Studieren?

Auch wenn es zu Hause etwas lauter war als in der Bibliothek, so war ich doch zeitlich flexibler. Teilweise haben die Kurse nicht über Zoom stattgefunden, sondern über Videos, die zu jeder Zeit – auch mehrfach – angeschaut werden konnten.

Sind die Lehrformen und Programme einheitlich?

Die Umsetzung erfolgte nicht einheitlich. Das könnte daran liegen, dass es zum einen relativ schnell gehen musste und teilweise die nötige Technik bei den Professoren nicht vorhanden war. Einerseits gab es Kurse über Zoom, die mit festem Termin datiert wurden, andererseits gab es auch Vorlesungen, die aufgenommen und als Datei übermittelt wurden.

Hast du eine lustige Anekdote aus der Zeit parat?

Ja, tatsächlich: Direkt meine erste Zoom-Vorlesung war amüsant. Mein Dozent hat versehentlich eine Tasse Kaffee über seiner Tastatur entleert. Allein das sorgte schon für Schmunzler. Er ist schreckhaft aufgesprungen und holte ein Handtuch. Beim Aufwischen des Kaffees löste sich durch eine Schnelltaste ein Song von Andreas Gabalier aus, der lautstark abgespielt wurde.

Meinst du, jetzt mit deinen Erfahrungen, dass digitales Studieren die Zukunft ist?

Auf jeden Fall. Das digitale Studieren und Arbeiten hat definitiv Zukunft, nur braucht es natürlich etwas Zeit, bis es sich einpendelt. Außerdem müsste eine Lösung gefunden werden, die es ermöglicht, dass auch die Studierenden mit geringen Ressourcen mit passendem technischem Equipment unterstützt werden.


Cover_SZ1020 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Oktober 2020. Das Magazin ist seit dem 27. September 2020 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich! 

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