Hier ist die Welt noch in Ordnung, so lautet der Untertitel zu Lisa Millers furiosem Debütfilm, der beim Max-Ophüls-Preis gleich drei Auszeichnungen abräumte, darunter die für die Beste Regie und das Beste Drehbuch. Gemeint ist das ironisch, denn Miller entlarvt eine scheinbare Dorfidylle im Schwäbischen als Schlangennest aus Engstirnigkeit und Intoleranz.
Die vollpfostigen Polizisten, der bigotte Pfarrer und vor allem die werten Nachbarn beäugen jeden mit Misstrauen und Ablehnung, der nicht ins Schema passt. Zeigst du deine Andersartigkeit, zerreißen sie sich über dich das Maul. Passt du dich an, verrätst du dich selber. Das enge soziale Netz wird zur klebrigen, erstickenden Falle.
Nur der Rausch macht frei
Das bekommt auch Toni (Kathrin Wolf) zu spüren. Sie war der heimatlichen Enge nach Berlin entflohen. Zwei Studienabschlüsse und eine erfolglose Jobsuche später kehrt sie, gescheitert, in das verhasste Elternhaus in Bubenhausen bei Ulm zurück und crasht als Praktikantin der Lokalredaktion mit voller Wucht ins Heimatleben. Halt und Verständnis bekommt sie nur von ihrer Kindheitsfreundin Rosa (fantastisch: Nadine Sauter) – die als Lesbe genauso scheel angesehen wird wie die sozialkritische, offene Toni. Einzig im Rausch fühlen sie sich frei.
Pointierte Dialoge, sorgfältig herausgearbeitete Charaktere, viel Humor, großartige Laienschauspieler und ein feiner, mit viel Liebe ausgewählter Soundtrack sind die Zutaten zu dieser ebenso vergnüglichen wie intelligenten Heimat- und Selbstfindungsstudie. Ein wirkliches Happy End gibt es dankenswerterweise nicht, zu viele Probleme bleiben in diesem Satiredrama ungelöst. Aber so ist eben das Leben.
/ Maike Schade / Foto: Johannes Müller
Abaton
16.7.18, 20 Uhr
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