Oscar-Preisträger Sir Anthony Hopkins über seine Rolle in „The Father“, seine Erfahrung mit dem Thema Demenz und wieso er mit zunehmendem Alter durch das Schauspielen mehr über sein eigenes Leben nachdenkt
Text & Interview: Patrick Heidmann
SZENE HAMBURG: Mr. Hopkins, Sie spielen in „The Father“ einen älteren Herren, der mit dem Verlust seines Gedächtnisses ringt. Wie groß ist Ihr persönlicher Bezug zu diesem Thema?
Sir Anthony Hopkins: Nun, einen alten Mann zu spielen, ist natürlich für mich keine große Herausforderung, schließlich bin ich ein alter Mann. Aber Berührungspunkte mit dem Thema Demenz hatte ich zum Glück noch keine. Meine Eltern blieben beide davon verschont: Mein Vater litt im letzten Jahr seines Lebens an einer schrecklichen Depression, während meine Mutter unerschütterlich und rüstig bis zu ihrem Tod mit 89 Jahren blieb. Demenz und Alzheimer kenne ich deswegen nur aus der Ferne, etwa von einem alten Herren in meiner Nachbarschaft in Kalifornien. Der glaubte immer, er sei in New York und wunderte sich mit Blick auf den Pazifik, warum der Hudson River so breit sei. Seine Tochter und der Schwiegersohn blieben immer ganz geduldig mit ihm und sorgten dafür, dass er keine Angst hatte, sondern friedlich bis zu seinem Tod leben konnte. Aber wie schwer und traurig eine solche Situation für die Angehörigen ist, war nicht zu übersehen.
Lassen Sie nach 60 Jahren als Schau- spieler eine solch aufwühlende Rolle noch nah an sich heran? Oder hält man die besser auf Distanz?
Je älter ich wurde, desto mehr haben mich Filme oder Theaterstücke dazu gebracht, über mein eigenes Leben nachzudenken. In diesem Fall habe ich mich viel mit meiner Vergangenheit und vor allem meinen Eltern auseinandergesetzt. Gerade das Ende des Films hat mich ins Mark getroffen. Ich musste daran denken, wie mein Vater davon träumte, nach Amerika zu reisen und ich ihm versprach, dass wir das gemeinsam tun würden.
Mit dem Flugzeug nach New York und dann mit dem Auto bis nach Los Angeles. Wozu es dann nicht mehr kam, weil er starb. Oder wie er im Krankenhaus ganz zerbrechlich vor mir saß, in seinem feuchten Schlafanzug, weil er sich eingenässt hatte. Und natürlich auch, wie meine Mutter und ich dann hinfuhren, um nach seinem Tod seine Sachen abzuholen und er da kalt und leblos vor mir lag. Plötzlich waren diese Erinnerungen enorm präsent.
Ist „The Father“ also rückblickend für Sie einer Ihrer schwierigsten Filme gewesen?
Nein, im Gegenteil. Mir macht der Tod keine Angst. Ich genieße es, dass ich noch immer überlebt habe und nehme die Sache mit Humor. Außerdem war die Arbeit selbst ein Kinderspiel. Das Drehbuch war exzellent, was immer schon die halbe Miete ist. Mit Olivia Colman zu spielen war die reinste Freude, genau wie mit den anderen Kollegen. Und unser Regisseur Florian Zeller war ganz bemerkenswert, nicht zuletzt dafür, dass dies sein erster Film war. Manche Filmemacher können ja sehr dogmatisch oder gar diktatorisch sein, wenn es um ihre Visionen geht. Doch er war ganz bescheiden und ungezwungen.
„The Father“ mit Sir Anthony Hopkins, Olivia Colman, Imogen Poots, unter der Regie von Florian Zeller läuft ab dem 26.8. in den deutschen Kinos.
Hier der Trailer zu „The Father“:
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