Urlaub mit dem Camper: Unsere Autorin hat ihre Reise auf vier Rädern dokumentiert
Text: Marie Filine Abel
Ohne Plan und ohne Ziel: Ganz spontan können wir in unseren Ford Transit steigen und losfahren – wohin es geht, wissen wir oft erst, wenn wir dann auf dem Weg sind. Einen schöneren Urlaub können wir uns kaum vorstellen.
Einen ausgebauten Bus zu besitzen, bedeutet für uns großes Glück. Gerade in Zeiten von Corona. Fällt meinem Freund Jan und mir die Decke auf den Kopf, steigen wir einfach in unser Haus auf vier Rädern. Unser mobiles Haus trägt den Namen Rumo – angelegt an einen Roman von Walter Moers. Im letzten Urlaub in Italien wurde eingebrochen. Ein traumatisches Erlebnis. Seitdem haben auch wir – wie so viele Busbesitzer – einen Namen für unseren Bus.
Weniger ist mehr
In unserem Bus ist alles da, was wir brauchen: Eine fahrende Bibliothek, ein Gaskocher, ein Bett und viel Stauraum. Letzteres ist besonders wichtig, denn auf fünf Quadratmetern wird es sehr schnell unordentlich. In unserem Bus herrscht gerne Chaos und er sieht nicht so aus, wie so viele andere in den sozialen Medien. Das sogenannte Vanlife ist Trend und Lifestyle: Unter dem Hashtag finden sich auf Instagram mittlerweile 7.411.418 Beiträge. Auch wir haben es uns schön gemacht: Lichterketten und viele Kissen machen Rumo gemütlich.
Bisher haben wir noch immer keinen Kühlschrank. Das ist bei knapp 30 Grad im Schatten oft herausfordernd. Wir behelfen uns dann mit Kühlpacks und einer Kühlbox, die über den Zigarettenanzünder mit Strom versorgt wird. Wir haben auch kein Fließendwasser. Deshalb sind immer zwei Wasserkanister an Bord. Die reichen zum Kochen und Spülen. Zum Abwaschen nutzen wir biologisch abbaubare Seife, wir wollen trotz roter Umweltplakette gut zur Umwelt sein. Dazu gehört natürlich auch, dass wir die Orte, an denen wir stehen, sauber hinterlassen.
Wildes Campen ist verboten
Busurlaub in Deutschland ist für uns etwas völlig Neues. Bisher waren wir ausschließlich im europäischen Ausland unterwegs, in Schweden, Italien und Kroatien. Die deutsche Campingplatz-Atmosphäre lernen wir erst 2020 kennen. Viel schöner ist es doch in der freien Natur – leider gibt es in Deutschland kein „Allemansrätt“: Im skandinavischen Raum dürfen alle frei zelten und campen. Paradoxerweise mussten wir feststellen, dass dort an den schönsten Orten deutsche H-Milch-Packungen ins Grüne geworfen wurden. Das hat uns schon oft wütend gemacht.
Normalerweise stehen wir hauptsächlich frei, das heißt ohne Campingplatz. Dafür gibt es verschiedene Apps, in denen gute Spots von anderen Campern in elektronischen Karten eingezeichnet werden. Das hat aber zur Folge, dass die vermeintlich geheimen Orte mittlerweile auch überlaufen sind und die Polizei vermehrt Kontrollen durchführt. In Deutschland ist es nämlich nicht erlaubt, wild zu campen – egal ob mit dem Bus oder dem Zelt.
Campingplätze haben oft etwas Spießiges, insbesondere das Dauercamper-Dasein mit betonierten Wegen, Gartenzaun und -zwerg. Deshalb sind wir Fans von Naturcampingplätzen. Dort gibt es viel Grün und romantische Landschaften. Das ist fast wie Wildcampen – nur mit Luxus: Es gibt Duschen und Toiletten.
Auf die Plätze, fertig, los
Es ist Donnerstag, 15.34 Uhr und wir sitzen im Bus. Es ist heiß in Hamburg und wir fahren Richtung Ratzeburg. Erst mal stehen wir im Stau, die Schulferien haben begonnen – das hatten wir nicht auf dem Schirm. Wir rufen unterwegs bei drei verschiedenen Campingplätzen am Schaalsee an. Bei allen gibt es die gleiche Antwort: Sie sind komplett ausgebucht – zum Teil bis Mitte August. Wir wissen nicht, ob das jetzt an den Sommerferien oder an Corona liegt.
Auf meinem Smartphone schaue ich nach weiteren Seen und finde einen Naturcampingplatz in Perlin am Dümmer See. Ein weiterer Anruf und wir dürfen kommen. Zwei Nächte müssen wir aber bleiben, wegen der Corona-Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern. Hier sind Tagestouristen noch unerwünscht. Laut Navi brauchen wir 97 Kilometer. Um circa 18 Uhr werden wir am Campingplatz herzlich empfangen und dürfen auf einer sehr großen Zeltwiese stehen. Diese teilen wir uns nur mit einem weiteren Van.
Planung ist das A und O
Wir fahren noch mal los, um einzukaufen. Weil wir nicht wirklich kühlen können, planen wir unsere Mahlzeiten genau. Am ersten Abend gibt es Nudeln mit Tofu und Zucchini-Sahnesoße. Am nächsten Tag Penne all’arrabbiata und Tomate- Mozzarella-Brote. Beim Frühstück gibt es schon lange eine Routine: Kaffee, Orangensaft, Rührei und Avocado. So kann nichts schlecht werden.
Bier und Wein kühlen wir mit Eiswürfeln in einer großen Emaille-Schüssel, die wir leider beim Zurücksetzen des Busses plattgemacht haben. Nach einem Abend unterm Sternenhimmel schlafen wir ein. Am nächsten Morgen gibt es Brötchen direkt an unseren Platz geliefert – ein Service vom Campingplatz. Wir haben keinen Tisch dabei, weil wir lieber auf einer großen Decke auf dem Boden sitzen – Hippies eben. Nach dem Frühstück gehen wir keine fünf Minuten zum See. Hier verbringen wir den gesamten Tag, bis wir abends wieder bei Kerzenschein und Musik aus dem Autoradio auf unserer Decke hocken.
Einfach weiterfahren
Am Freitagabend klingelt Jans Handy: Freunde wollen mit uns den Samstag an der Ostsee verbringen. Laut Navi sind es zum Schwedeneck im Kreis Rendsburg-Eckernförde nur 177 Kilometer, das schaffen wir. Wir springen morgens noch mal in den See, packen unsere Sachen zusammen und fahren los.
Als wir ankommen, fängt es an zu regnen. Nicht schlimm, der Sonnenschirm bietet Schutz und das Unwetter zieht weiter. Unsere Freunde müssen am Abend wieder zurück, wir können bleiben. Nicht weit entfernt finden wir einen Campingplatz, auf welchem wir nicht mal 24 Stunden stehen. Trotzdem müssen wir knapp 30 Euro bezahlen.
Es hat sich aber gelohnt: Wir hatten am Abend einen Strand für uns alleine. Wer mag, geht dort nackt baden. Am Sonntagmorgen frühstücken wir an der alten Schleuse vom Nord-Ostsee-Kanal an einem ruhigen Parkplatz und machen noch einen Spaziergang. Am liebsten wäre ich weitergefahren, aber wir müssen leider wieder nach Hause.