70 Jahre Weltgeschehen in Bildern: Seit 1955 zeichnet die World Press Photo Foundation die besten, eindrucksvollsten, relevantesten Pressefotos aus, die im jeweiligen Vorjahr die Nachrichten bestimmt und die Menschen bewegt haben. Darunter fallen ebenso visuelle Dokumentationen von Kriegen, Krisen und Konflikten wie Fotoreportagen von sozialen Milieus, dem Alltagsleben diverser Gesellschaften, den Lebensgeschichten einzelner Personen, oder spektakuläre Aufnahmen aus den Bereichen Sport und Natur. Jedes Jahr gehen die prämierten Fotos auf weltweite Wanderschaft und werden in Ausstellungen einem Millionenpublikum vorgestellt – auch in Hamburg, und das seit über 25 Jahren. Präsentiert von den Magazinen GEO und „Stern“ sind die Fotos nun zum vierten Mal im Altonaer Museum zu sehen.
Zum vierten Mal im Altonaer Museum
Auch 2024 war gezeichnet von gewaltvollen Ereignissen, die teils schon seit Jahren andauern, wie etwa in der Ukraine oder in Nahost. Politische Verschiebungen haben rund um den Globus zu Aktivismus und Protestaktionen geführt oder sogar, wie in den USA bei einer Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump, zu einem versuchten Attentat. Dementsprechend spiegeln das auch einige der 42 Positionen ausschnitthaft wider, die unter den Einsendungen von beinahe 4000 Fotografinnen und Fotografen von einer unabhängigen Jury ausgewählt wurden – und selbstverständlich ist es notwendig, diese Seite des globalen Treibens zu beleuchten, alles andere käme einem Wegsehen gleich.
Doch ebenso braucht es zum Austarieren des eigenen Blicks auf die Welt auch jene Fotos, die fern von Konflikten ihre Wirkungskraft entfalten – wie etwa Jerome Brouillets Bild des brasilianischen Surfers Gabriel Medina, der während der Olympischen Spiele wie ein Superheld, aufrecht und mit Siegergestus, meterhoch über den Wellen zu schweben scheint. Und es braucht jene Geschichten, die durch eine positive Pointe hervorstechen.
World Press Photo 2025: Bilder, die berühren.
Die holländische Fotografin Marjin Fidder etwa fotografierte den ugandischen Bodybuilder Tamale Safalu beim Training vor seinem Zuhause. Über ihm hängt Wäsche zum Trocknen an einer Leine, vor ihm ein großes rotes Tuch, das bis zum Boden reicht. Plastisch hebt sich sein freier, glänzender, zu einer Triumphpose angespannter Oberkörper davon ab. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass eines seiner Beine durch eine Prothese ersetzt ist. Verloren hatte er es bei einem Unfall, doch gab er seinen Traum vom Bodybuilding nicht auf – und trotzte diesem Schicksalsschlag, indem er geistige und körperliche Stärke zusammenführte. So erhält hier das Bild eines Athleten beim Training eine tragische Tiefe und entwickelt daraus aber gerade das Potenzial zu empowern. Tamale Safalus Körper erzählt davon, dass es sich lohnen kann, nicht aufzugeben: Denn tatsächlich wurde er zum ersten behinderten Sportler in Uganda, der gegen nichtbehinderte Athleten antrat.
Unsere Sicht auf die Welt wird ohne Zweifel dadurch geprägt, was wir von ihr in Form von Nachrichtenbildern sehen – und so bleibt nur abzuwarten, welche preisgekrönten Fotos uns im nächsten Jahr wieder im Rückspiegel zeigen werden, was uns bewegt, betrübt und begeistert hat.
Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 05/25 erschienen.