Serie: Altona. Altona 93: „Wir können alles werden“

Altona
Foto: Philipp Jung

Berkan Algan, Trainer von Altona 93, blickt auf ein bewegtes Fußballerleben zurück – und das im Alter von erst 40 Jahren. Ein Gespräch über frühe Straßen-Kicks in Altona, unzählige Vereinswechsel und schmerzhafte Höhepunkte im UEFA-Cup

 *Das Interview haben wir vor dem Aufstieg von Altona 93 geführt. 

SZENE HAMBURG: Berkan Algan, Sie haben in Ihrer Kindheit und Jugend sowohl für Altona 93, als auch für den FC St. Pauli und den HSV gespielt. Wie haben Sie diese so unterschiedlichen Vereine damals wahrgenommen?

Berkan Algan: Ich war viereinhalb Jahre alt, als ich beim FC St. Pauli angefangen habe, Fußball zu spielen. Schon als Kind fand ich, dass es ein rundum toller Verein ist, mit angenehmen Strukturen und vor allem Zeit für die Spieler, sich zu entwickeln. Hinzu kam damals natürlich noch das schöne alte Stadion. Alles Gründe, warum ich insgesamt 14 Jahre geblieben und er erst mit 18 zum HSV gegangen bin, wo natürlich alles komplett anders war, viel professioneller, ohne damit St. Pauli als unprofessionell bezeichnen zu wollen.

Und Altona?

Mit Altona verbinde ich nicht nur den wunderbaren Verein, den ich immer geliebt habe und bis heute liebe. Ich bin auch in Altona aufgewachsen, habe jede freie Minuten nach der Schule in den Straßen gekickt. Ich war schon früh gut genug, um bei den 14-, 15-Jährigen mitspielen zu dürfen.

Was haben Sie beim Straßenfußball gelernt?

Dass man schon mal gegen den Zaun geworfen wird, wenn man einen von den Großen tunnelt (lacht). Wer die Älteren bloß stellte, musste auch mit der Quittung umgehen können. Allgemein habe ich mir auf der Straße ein dickes Fell zulegen können, was mir später in meiner Karriere geholfen hat. Wobei mein unbedingter Wille, immer zu gewinnen, eher nicht von der Straße kommt, sondern vom Training beim HSV.

Weil dort jedem Spieler von Beginn an beigebracht wurde, dass Verlieren keine Option ist?

Genau. Ich war zwar an sich schon sehr ehrgeizig und fleißig, hatte die besten körperlichen Werte. Aber bei einem Verein wie dem HSV entwickelt ein junger Spieler noch einen zusätzlichen Kämpfergeist. Das ist einerseits natürlich gut, weil es leistungssteigernd wirken kann. Andererseits kann es einen auch zermürben, weil man für besondere Anstrengungen nicht unbedingt besonders belohnt oder auch nur beachtet wird.

Ehrgeiz, Fleiß und offensichtlich Talent waren also vorhanden. Irgendwelche Defizite? Es heißt, mit der Geduld hätten Sie es nicht so gehabt, was auch die vielen Vereinswechsel im Karriereverlauf erklären würde.

Dazu kann ich nur sagen: Den besten Honig können nur Bienen liefern, die an vielen verschiedenen Blüten waren.

Eine dieser „Blüten“ war in Ihrem Fall der finnische Verein Haka Valkeakoski, für den Sie von 2000 bis 2001 aktiv waren und sogar zwei UEFA-Cup-Spiele gegen Union Berlin absolvierten. Für Sie auch die beiden wichtigsten Begegnungen Ihrer Laufbahn?

Von der Wertigkeit vielleicht, aber ich habe mit Buraspor auch in der ersten türkischen Liga gegen Fenerbahce Istanbul gespielt (1998; Anm. d. Red.), das war auch ziemlich spannend. Und was die UEFA-Cup-Spiele angeht, habe ich davon gar nicht so viel mitbekommen. Ich stand zu dem Zeitpunkt unter starken Schmerzmitteln, weil mir zuvor so ein Riesen-Finne im Haka-Training gegen meine Schulter gesprungen war. Um spielen zu können, habe ich heftige Pain-Killer genommen, die man normalerweise nur beim Eishockey einsetzt.

„Ich will mit Altona einfach jedes denkbare Ziel erreichen.“

Wie genau sahen die Nebenwirkungen aus?

Ich bin im Rückspiel in der Halbzeit umgekippt. Als ich wieder zu mir kam, war das Spiel schon wieder in vollem Gange. Kurz darauf wurde ich dann operiert, ein Knochen wurde aus der Hüfte gesägt und oben wieder eingesetzt. Das Ende meiner aktiven Karriere.
Dafür könnte Ihre Trainerkarriere bald an Höhepunkten gewinnen. Nach dem verpassten Aufstieg in die Regionalliga mit Altona 93 im vergangenen Jahr könnte es jetzt gelingen …

… was eine schöne Geschichte wäre. Man muss sich hierzu auch mal die Lage des Vereins vergegenwärtigen: Altona 93 ist fest verankert in einem wachsenden, polarisierenden, einfach starken Stadtteil. Wir sind offen für alle und können gemeinsam auch alles werden.

Welches Ziel wäre in Ihren Augen das höchstmögliche?

Ich will jetzt erst mal aufsteigen. Und dann will ich noch mal aufsteigen. Und am liebsten nochmal. Ich will mit Altona einfach jedes denkbare Ziel erreichen. Wir Verantwortlichen wollen von der Fan-Kultur bis zum letzten Mann auf der Bank alles schaffen, was irgendwie geht.

/ Interview: Erik Brandt-Höge / Foto: Philipp Jung


Berkan Algan…

…wurde 1977 in Hamburg geboren. Als Jugendfußballer spielte er für Altona 93, den FC St. Pauli, den Hamburger SV und den VfL Pinneberg. Nur einige seiner späteren Stationen: 1. FC Köln II, Buraspor, Haka Valkeakoski, SC Concordia Hamburg, FC Sylt. Algan wurde für die U-21-Nationalmannschaften von Deutschland und der Türkei eingesetzt. Seit Sommer 2015 ist er Trainer bei Altona 93 und ist mit dem Club von der Griegstraße jetzt aus der Oberliga in die Regionalliga aufgestiegen.

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