Sarah ist 18 und steht kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung zur Elektronikerin bei der Gerhard Köpke Elektromontagen GmbH. Ein Gespräch übers Lernen, typische „Männerberufe“ und eine Perspektive im Handwerk
Interview: Felix Willeke
Seit 1968 kümmert sich die Gerhard Köpke Elektromontagen GmbH um alles, rund um Elektronik in Hamburg. Von Datennetzen über Sicherheits- und Kommunikationstechnik bis hin zur Elektrotechnik in Gebäuden und der Elektroinstallation. Mittlerweile arbeiten rund 160 Azubis, Gesell:innen und Meister wie auch DiplomIngenieur:innen der Elektrotechnik bei Elektro Köpke. Sarah hat nach dem ersten allgemeinen Schulabschluss ihre Ausbildung zur Elektronikerin begonnen. Ende 2022 stehen für die 18-Jährige die Abschlussprüfungen an. Im Gespräch erzählt sie von ihren Erfahrungen, dem Umgangston auf der Baustelle und ihre eigenen Perspektive.
Hallo Sarah, wie oft musstest du schon Freund:innen beim Umzug mit Steckdosen oder Ähnlichem helfen?
Sarah: Zum Glück noch gar nicht (lacht). Die wohnen alle zum Großteil noch zu Hause, auch weil viele noch zur Schule gehen und gerade kurz vorm Abi stehen. Aber das kommt bestimmt!
Während deine Freund:innen Abi machen, bist du Ende des Jahres schon mit deiner Ausbildung bildung zur Elektronikerin fertig, wie bist du überhaupt dazu gekommen?
Eigentlich war der Girls’Day an meiner alten Schule der Auslöser. Dabei sollen Mädchen in „Männerberufe“ reinschnuppern und umgekehrt. Im Zuge dessen haben ich mich informiert.
Und wie bist du dabei auf den Beruf Elektronikerin gestoßen?
Ich habe mich schon immer für Elektrik und die Sachen interessiert, die damit zu tun haben. Ich wollte immer wissen, wie die Dinge funktionieren. Deswegen habe ich für den Girls’Day auch nach Unternehmen gesucht, die in dem Bereich arbeiten. So bin ich auf Elektro Köpke gestoßen.
Und wie kamst du vom Girls’Day zur Ausbildung?
Der Tag in der Firma hat mir einfach so gut gefallen, dass ich mir vorgenommen habe, mich nach meinem Abschluss nach der neunten Klasse auf die Ausbildung zu bewerben und jetzt sitze ich hier.
„Auf der Baustelle herrscht allgemein ein anderer Ton“
Ist Elektroniker:in denn noch ein typischer „Männerberuf“?
Ich würde sagen, dass sich das wandelt. Natürlich habe ich in meiner Ausbildung meistens mit Männern zu tun, aber wenn ich mich zum Beispiel in der Berufsschule oder bei der Innung (die Innung ist die Interessenvertretung eines Handwerks auf regionaler Ebene, Anm. d. Red.) umschaue, machen auch immer mehr Frauen die Ausbildung. Ich denke also, dass sich da schon was ändert.
Gehen die Männer mit dir als Frau anders um?
Ich sage es mal so: Sie benehmen sich besser und lassen den einen oder anderen Spruch stecken (lacht). Aber auf der Baustelle herrscht allgemein ein anderer Ton, das ist aber eine Sache, an die man sich schnell gewöhnt. Letztendlich macht es keinen Unterschied, ob ich Mann oder Frau bin, Hauptsache ich mache meinen Job vernünftig.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ich fange morgens immer so gegen 7 Uhr an und ein Arbeitstag endet meistens um 16.30 Uhr, wobei wir am Freitag meistens früher aufhören. Wo ich arbeite, hängt dabei immer von der jeweiligen Station ab. Im Moment bin ich auf einer Baustelle für ein Bürogebäude am Lohsepark in der HafenCity. Wenn ich da morgens ankomme, bespreche ich zuerst mit meinem Ausbilder, was am Tag ansteht.
Und was sind deine Aufgaben?
Im Moment baue ich sehr viele Hohlwanddosen ein. Hohlwanddosen sind Verbindungsdosen, in die später Dinge wie Steckdosen eingesetzt werden. Wir brauchen die, damit die Kabel in der Hohlwand nicht später einfach so rumliegen und sicher verbunden werden können.
Berufsschule, Innung und auf’m Bau
Welche Stationen durchläufst du in deiner Ausbildung?
Die Ausbildung ist bei uns dreigeteilt. Wir sind auf der einen Seite im Betrieb. Dabei durchlaufen wir verschiedene Stationen, bei bestimmten Gesellen, die selbst ihre eigenen Schwerpunkte haben. Dass sind dann Dinge wie Datentechnik, die Brandmeldeabteilung, der Schwachstrombereich. Dabei arbeiten wir meistens auf Baustellen. Dazu kommt dann noch der Bereich Service. Pro Bereich kann man sagen, dass wir als Azubis bei jedem Gesellen rund vier Monate arbeiten. Auf der anderen Seite steht die schulische Ausbildung. Wir sind immer in Blöcken von zwei bis vier Wochen in der Berufsschule. Da geht es dann zumeist um die theoretischen Grundlagen. Mathe und auch Physik spielen da zum Beispiel eine Rolle. Dazu kommen bei uns als Elektroniker:innen die Kurse bei der Innung. Dort liegt der Fokus dann mehr auf der praktischen Grundlagenarbeit.
Sind die Stationen komplett vorgegeben oder hast du Mitspracherecht bei der Gestaltung deiner Ausbildung?
In den ersten anderthalb Jahren ist natürlich viel vorgegeben. Aber wenn man mehr Erfahrungen hat, kann man sagen, dass man in den einen oder anderen Bereich noch tiefer einsteigen möchte und dann bleibt man da auch länger, wenn es passt.
Köpke ist mit seinen über 160 Mitarbeitenden ein relativ großer Betrieb, hast du dadurch mehr Möglichkeiten?
Ich denke schon. Natürlich habe ich keinen Vergleich. Aber dadurch, dass wir so ein großer Betrieb sind, können wir viele Bereiche abdecken und wir als Azubis haben dann die Möglichkeit, in vielen Dingen Erfahrungen zu sammeln. Deswegen haben wir für eine spätere Spezialisierung auch eine größere Auswahlmöglichkeit.
„Ich mache lieber und rede weniger“
Hast du denn schon einen Lieblingsbereich?
Aktuell bin ich auf der Baustelle ziemlich zufrieden. Mir gefällt es, die grundlegenden Arbeiten zu machen. Denn auch wenn man sich später spezialisiert, müssen alle, egal ob Meister, Geselle oder Azubi die Grundlagen beherrschen.
Gibt es denn auch Dinge, bei denen du gemerkt hast: „Die liegen mir gar nicht“?
Natürlich gibt es so die grundlegenden Dinge wie Kabel ziehen. Die einen lieben es, die anderen hassen es. Da bin ich aber pragmatisch, das muss halt gemacht werden. Ich bin ich mir aber relativ sicher, dass meine Zukunft nicht im Service liegt.
Warum?
Ich bin ein praktischer Mensch. Ich mache lieber und rede weniger.
Und wie lernst du am besten?
Durch Zugucken und dann selbst machen. Am Anfang der Ausbildung war das auch mein Alltag. Ich habe den Gesellen meistens bei der Arbeit zugeschaut und es dann versucht selbst zu machen. Jetzt, nach fast drei Jahren, schaue ich fast gar nicht mehr zu, sondern kann die meisten Aufgaben schon komplett allein erledigen.
Was war denn bisher deine größte Herausforderung?
Ich habe schon im ersten Lehrjahr ein Glasfaserkabel spleißen (das Zusammenfügen von zwei Kabeln, Anm. d. Red.) dürfen. Aber eigentlich ist es das schönste Gefühl, wenn ich durch die Stadt fahre und weiß: Da habe ich gearbeitet und bei dem Haus habe ich das oder jenes Kabel gelegt oder so. Am häufigsten muss ich dabei tatsächlich an das Herold-Center in Norderstedt denken, da habe ich bei meinen ersten Stationen viel gearbeitet und gelernt.
„Ich möchte Werbung für uns als Elektroniker:innen machen“
Was braucht es, um eine gute Elektronikerin zu werden?
In erster Linie Interesse und Lust auf das Handwerk. Aber auch ein bisschen Kraft sollte man mitbringen, die Maschinen sind zum Teil ganz schön schwer. Dann ist es relativ klar, dass man auch ohne ein gutes Mathe- und Physikverständnis nicht sehr weit kommt und es muss einem bewusst sein, dass man bei der Arbeit dreckig wird.
Und wie sieht es finanziell aus?
Ich bin zufrieden. Für uns Azubis liegt das Gehalt immer so um die 1.000 Euro, je nach Lehrjahr. Aber wenn man heute sagt: „Ich verdiene im dritten Lehrjahr 1.000 Euro“, kann das in zwei Jahren auch wieder mehr sein. Das hängt natürlich auch immer von der wirtschaftlichen Lage ab.
Und wie sind die Übernahmechancen?
Gut, denke ich (lacht). Ich würde auf jeden Fall auch als Gesellin bei Elektro Köpke bleiben und Fachkräfte werden ja zur Zeit überall gesucht.
Hast du Tipps für zukünftige Azubis?
Ich möchte erst mal Werbung für uns als Elektroniker:innen machen. Von außen merkt man oft gar nicht, wie vielfältig der Job ist und dazu nimmt man auch noch viel praktisches Wissen für den Alltag mit, Stichwort Umzug (lacht). Allgemein denke ich, dass man sich vorher gut informieren sollte. Dabei helfen die Betriebspraktika in der Schule, der Girls’- und der Boys’Day und dann auch vielleicht noch ein Praktikum nach dem Abschluss.