Thore Tanger, Auszubildender zum Hafenschiffer bei der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG, erzählt, warum es ihn schon immer raus aufs Wasser gezogen hat
Ob es Zufall war oder geplant kann man heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, aber seit dem 8.8.1888 fahren die Schiffe der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG als Liniendienst im Hamburger Hafen. Heute sorgt die HADAG mit ihren 26 Schiffen in Kooperation mit dem HVV für den sicheren Fährdienst für rund 9,5 (in 2019) Millionen Passagiere pro Jahr. Neben der Ausbildung zum Hafenschiffer bietet die HADAG ihren Schiffsführern den Erwerb des Binnenschifffahrtpatents A, mit dem man in ganz Europa auf den Binnengewässern unterwegs sein kann. Wir sprechen mit Thore Tanger und Tanja Cohrt, Betriebsleiterin und Prokuristin, über einen ungewöhnlichen, aber auch spannenden Beruf, der nicht nur Seetauglichkeit benötigt, sondern auch eine große Portion Verantwortungsbewusstsein.
Moin Thore, was hat dich auf das Wasser getrieben und Lust gemacht eine Ausbildung zum Hafenschiffer zu machen?
Thore: Die Faszination für Schiffe hatte ich schon ganz früh, mein Vater hat leidenschaftlich gerne Schiffsmodelle gebaut und mich damit infiziert. Wir haben viel gemeinsam gebastelt und mich hat eben auch immer die Technik interessiert. Nach meinem Abitur habe ich auch erst einmal in ein Schiffbau-Studium reingeschnuppert, aber es war mir zu theoretisch. Ich habe einfach gemerkt, dass ich lieber ein Schiff fahren statt konstruieren wollte.
Ihr habt also schon familiär eine große Affinität zu See gehabt, richtig?
Thore: Für uns gab es nichts Schöneres als am Meer zu sein und haben unsere Urlaube meist an der Ostsee verbracht. Das waren tolle Zeiten.
Für viele unserer Leser planst du sicherlich einen Beruf, von dem sie noch nie gehört haben, was sind die Kernaufgaben eines ausgebildeten Hafenschiffers?
Thore: Speziell hier bei der HADAG ist es natürlich, Passagiere durch den Hafen zu fahren. Bei anderen Firmen ist das dann auch der klassische Frachttransport auf der Elbe. Wir führen die Schiffe aber nicht nur, sondern sind auch mitverantwortlich für die Wartung, um das Schiff entsprechend mit in Stand zu halten.
Ausbildung zum Hafenschiffer: Das steht im Lehrplan
Also kannst du direkt nach der Ausbildung die Schiffe im Hafen selber führen?
Tanja Cohrt: Nach der Hafenschiffer-Ausbildung hat man erst einmal den Gesellenbrief. Danach kommt dann die Hafenpatent-Prüfung bei der Hamburg Port Authority, die sehr ähnliche theoretische Aufgaben beinhaltet wie die Gesellen-Abschlussprüfung sowie eine praktische Fahrprüfung. Und erst nach dem Ausstellen des Hafenpatentes durch die HPA darf man dann hier selbstständig im Hafen fahren.
Wie läuft denn diese Ausbildung konkret ab? Ich habe gelesen, dass es in jedem Lehrjahr einen anderen Schwerpunkt gibt.
Tanja Cohrt: Das ist sicherlich bei den jeweiligen Ausbildungsbetrieben im praktischen Teil anders. Bei der HADAG liegt naturgemäß der Schwerpunkt beim Personentransport, während andere mehr auf Frachtgut spezialisiert sind.
Thore: In der Schule haben wir unterschiedliche Lernstoff-Module, die diese unterschiedlichen Bereiche entsprechend in der Theorie behandeln und vertiefen. In jedem Jahr gibt es einen Lern Block, der sich dann schwer punktmäßig zum Beispiel mit der Passagierbeförderung beschäftigt oder dann mit den Fragen zum Thema Frachtlogistik.
Was hat dich denn motiviert, deine Ausbildung hier bei der HADAG zu machen?
Thore: Das kommt letztlich auch über mein Hobby. Ein Modelbau Freund meines Vaters arbeitet auch hier bei der HADAG und der hat immer wieder davon erzählt, was er hier macht und wie viel Spaß es ihm macht. Das fand ich immer spannend und bekam dann die Chance für ein Bewerbungsgespräch. Im Rahmen dessen konnte ich mich auch oben auf einem der Schiffe umschauen und ich war einfach Feuer und Flamme.
Wie fühlt es sich an, wenn man da oben auf dem Schiffsführerstand steht?
Thore: Erst einmal ist man total neugierig und will wissen, wie das alles funktioniert und träumt schon ein wenig davon, wie es wäre jetzt das Schiff zu bewegen und die Wellen unter einem zu spüren. Und während der ersten Fahrten war es auch total aufregend zu erleben wie die ganze Technik funktioniert und wie man damit so ein großes Schiff bewegen kann.
Was macht dir denn am meisten Freude an deiner Ausbildung beziehungsweise womit würdest du andere junge Menschen überzeugen, auch diesen Beruf zu erlernen?
Thore: Man muss vor allem auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, denn später bewegt man eben auch sehr viele Passagiere über das Wasser. Aber wenn man da auch wirklich Lust darauf hat, dann es ist es auch ein tolles Gefühl oben auf der Brücke zu stehen und das Schiff, mit all den Menschen an Bord, über die Elbe und durch den Hafen zu manövrieren. Es ist einfach noch einmal etwas ganz anderes, als einen Bus oder Auto zu bewegen. Schon allein die Größe hat etwas Erhabenes. Es ist einfach auch schwieriger, das Gefühl für ein Schiff in Bewegung zu bekommen, als ein Auto auf der Straße zu kontrollieren. Gerade auch hier im Hamburger Hafen mit den Tiden und den daraus resultierenden Strömungen braucht man ein sehr feines Fingerspitzengefühl, das Schiff exakt zu führen und jedes Schiff reagiert da auch noch einmal sehr eigen.
Man muss ganz sicherlich wind- und wasserfest in deinem Beruf sein. Welche Eigenschaften sollte man zusätzlich noch mitbringen, um in diesem Beruf eine erfolgreiche Ausbildung zu absolvieren?
Thore: Man muss sich sehr gut und lange konzentrieren können. Man darf nicht müde werden, weil das Schiff durch die Strömung immer unterschiedlich in Bewegung gebracht wird, dass ist anders als auf einer festen Straße. Darüber hinaus ist im Hafen sehr viel Verkehr, und ein Schiff ist nicht abrupt zu stoppen oder zu lenken. Es braucht sehr viel Voraussicht, um das Schiff sicher zu führen. Diese Konzentration musste ich auch selber erst einmal trainieren.
Tanja Cohrt: Es braucht eine Zeit, um das richtige Gefühl zu entwickeln, wie ein Schiff sich bei bestimmten Strömungs und Windverhältnissen bewegt. Gerade auch für die Anlegemanöver ist es sehr wichtig, dieses zu beherrschen, denn die Gegebenheiten sind eigentlich immer etwas anders. Gerne möchte ich an der Stelle aber noch einwerfen, dass man wirklich eine Bereitschaft für Schichtdienst und Frühaufstehen mitbringen muss. Wir fahren für den öffentlichen Personennahverkehr des Hamburger Verkehrsverbundes, da muss man absolut pünktlich und ausgeschlafen sein. Es wäre letztlich unverzeihlich, wenn wegen uns andere Menschen zu spät zur Arbeit kämen. Ohne Disziplin wird das bei uns dann auch leider nichts.
„Ich will einfach raus aufs Wasser“
Lag dir das Disziplinierte schon immer, zum Beispiel sehr früh aufzustehen.
Thore: Anfangs war das schon fordernd. Vor allem meine erste Woche war schon sehr speziell. Erst musste ich um 8 Uhr anfangen, am nächsten Tag um sieben, dann um sechs und noch einmal um fünf. Fünf Uhr ist übrigens für uns Azubis der normale Dienst beginn. Erstaunlicherweise habe ich mich aber sehr schnell daran gewöhnt, mir liegt das frühe Aufstehen.
Dich treibt vermutlich deine Freude an deinem Beruf so früh aus den Federn. Hast du denn auch sehr viel mit der Wartung der Schiffe zu tun?
Thore: In der Ausbildung laufen wir häufig im technischen Betrieb mit und durchlaufen dabei auch den ganzen Wartungsvorgang eines Schiffes, das sind dann im mer gut zwei Tage, in denen wir sehr viel von den Schiffsmechanikern lernen. In der Abschlussprüfung werden wir auch dazu entsprechend geprüft. Später, wenn wir dann im Einsatz sind ist es essenziell, dass wir wissen, wie alles funktioniert, um im Falle eines technischen Defektes auf dem Wasser auch direkt zu erkennen, was los ist und wie wir uns entsprechend verhalten. Darüber hinaus gehört es zu unserem Beruf täglich unser Schiff visuell zu prüfen. Im Prinzip ähnlich wie bei den Piloten, die auch ihre Checklisten abarbeiten bevor sie starten.
Hast du denn auch schon eine Vorstellung wie deine berufliche Reise nach der Ausbildung weitergeht?
Thore: Erst einmal will ich dann richtig in meinem Beruf hier bei der HADAG arbeiten und die Schiffe fahren. Andere planen dann vielleicht direkt noch ein Studium zu machen, aber mein Traum war es einfach, ein Schiff zu führen. Ich hatte auch vorher mal mit dem Gedanken gespielt Schifffahrtskaufmann zu werden, aber das ist auch eher ein Beruf mit viel Büroarbeit. Ich will einfach raus aufs Wasser.
Dieser Text stammt aus SZENE HAMBURG Ausbildung, 2021. Das Magazin ist seit dem 19. September 2020 im Handel. Bestellt euch das Heft oder Blättert hier durch das Magazin!