„Bildung darf kein Privileg sein“

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Bildung wird oft als etwas Sebstverständliches angesehen. Doch noch haben zu viel Menschen – gerade durch soziale Barrieren – keinen ausreichenden Zugang. Integration durch Chancengleichheit lautet daher das Motto der SBB Kompetenz

Die Bildungsinstitution SBB Hamburg bietet Beratungs- und Weiterbildungsangebote an, um vor allem auch Menschen mit einem dringenden Bedarf an Unterstützung in eine bessere Ausgangssitution zu bringen. Damit sie entweder wieder in einen Beruf einsteigen oder überhaupt die nötigen Grundlagen für eine Ausbildung erwerben.

Mit der Geschäftsführerin Andrea Franke sprechen wir über die bildungs- und vor allem sozial- politischen Aufgaben der Institution. Ebenfalls gewährt sie einen Einblick in ihre Herausforderungen bei der pandemiebedingten Umstellung von Präsenz- auf Distanzunterricht und ihre gewonnen Erkenntnisse über den Einsatz digitaler Unterrichtsformate und -angebote.

SZENE HAMBURG: Erläutern Sie doch bitte einmal das Angebot, das Sie als SBB Kompetenz machen. Was ist das Ziel Ihrer Institution?

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Andrea Franke von der SBB Kompetenz

Wir sind eine Tochter der Stiftung Berufliche Bildung (SBB), unter deren Dach sich 22 Tochtergesellschaften mit unterschiedlichen Ausrichtungen befinden, die aber alle im Wesentlichen das Ziel haben, Menschen auf ihrem Weg in einen Beruf zu unterstützen und auch Soziale Teilhabe durch entsprechende Bildungsangebote zu erlangen.

Hier in Hamburg sind wir die größte Tochter für Erwachsenenbildung, man kann uns als Generaldienstleisterin der beruflichen Bildung bezeichnen. Wir sind primär für Menschen zuständig, die länger als ein Jahr arbeitssuchend sind und bieten dabei Sprach- und Integrationskurse, Coaching- und Beratungsangebote, Umschulungen, Fort- und Weiterbildungen sowie auch unterschiedliche Beschäftigungsgelegenheiten, für Menschen mit Anspruch auf eine entsprechende Förderung.

Wenn wir einmal den Bereich der beruflichen Fort- und Weiterbildung anschauen, gibtes dort Berufsfelder, auf die Sie sich fokussieren?

Ursprünglich haben wir mit Umschulungen im gewerblich-technischen Bereich begonnen und gehen heute verstärkt in den Bereich Büromanagement und Kaufleute für E-Commerce und damit immer mehr in den kaufmännischen Bereich und Berufsfelder mit Marketing- und Digitalisierungshintergrund. Daneben bleiben bewährte Angebote wie Umschulungen im Friseur- oder Gastronomiebereich natürlich bestehen.

Vor dem Hintergrund, dass auch viele klassische Berufe immer digitaler werden, bieten wir zum Beispiel auch Umschulungen in den Bereichen Lager, Handel und Spedition an, die diese Entwicklung berücksichtigen, um den neuen Marktansprüchen gerecht zu werden. Wir sind daher eher breit aufgestellt, als auf ein Feld spezialisiert und versuchen immer uns der allgemeinen Bedarfsentwicklung in der Berufswelt entsprechend anzupassen.

Technische Infrastruktur

Sie bereiten Ihre Teilnehmer immer stärker auf eine digitale Arbeitswelt vor. Wie gut waren Sie denn vorbereitet, als Sie den Unterricht komplett digital ausrichten mussten?

So traurig es klingt, wir mussten ja nun endgültig alle feststellen, dass wir keine gute technische Infrastruktur haben und wir, im europäischen Vergleich, einiges nachzuholen haben. Schlechte Internetverbindungen, extrem langsame Ladezeiten für Dokumente und auch wir als Lehrende und die Lernenden hatten sehr wenig Expertise im Umgang mit der Technik.

Deswegen mussten wir schnellstens unsere gut 250 Mitarbeiter nicht nur mit der Technik ausstatten, sondern ihnen den Umgang näher bringen und vor allem auch beibringen, wie man vor einem Laptop sitzend ein Seminar gut rüberbringt und die Teilnehmer virtuell einbindet. Wir haben sehr schnell auch einen Supportservice aufgebaut, um bei technischen Problem sofort reagieren zu können und den Unterricht immer am Laufen zu halten.

Viele Ihrer Teilnehmer gehören sicherlich nicht zu den sogenannten privilegierten Milieus und ein Distanzunterricht birgt hier sicherlich auch Gefahren, diese Menschen zu verlieren. Wie ist Ihre Erfahrung?

Das war auch meine größte Sorge und es war für uns enorm wichtig, möglichst viele Abbrüche zu verhindern. Daher haben wir uns sehr viel Zeit genommen, einzelne Teilnehmer auch immer wieder telefonisch zu kontaktieren, um die persönliche Bindung aufrechtzuerhalten und Nähe herzustellen.

Unser Auftrag war aber im Prinzip immer schon mehr, als ein reines Ausbildungsangebot zu machen. Es ging immer auch darum diese Milieus, die weder technisch noch sozial so gut aufgestellt sind, nicht nur bildungspolitisch, sondern auch sozialpolitisch aufzufangen.

Basiskompetenzen

Was konnten Sie denn im aktuellen Fall dann konkret noch machen, um ihre Teilnehmer bestmöglich zu unterstützen?

Wir haben uns dringlichst darum gekümmert, dass erst einmal eine technische Ausstattung zur Verfügung gestellt werden konnte. Ebenfalls haben wir dafür gesorgt, Räume zur Verfügung zu stellen, wenn es bei unseren Teilnehmern zu Hause nicht möglich war, in Ruhe an unseren digitalen Unterrichtseinheiten teilzunehmen.

Die ganze Situation zeigt eben auch, dass wir uns insgesamt noch viel stärker bemühen müssen, dort wo diese Menschen leben, noch mehr räumliche und technisch ausgestattete Angebote zu machen, um sich beruflich weiterbilden zu können.

Wir müssen auf die Menschen noch mehr zugehen und nicht warten, bis vielleicht zu uns finden. Dafür benötigt es auch entsprechend mehr öffentliche Mittel.

Überspitzt formuliert, reicht es also nicht aus, alle mit Laptops auszustatten und dann ist alles gut.

Ganz sicher nicht. Einem Großteil müssen zum Beispiel auch erst einmal digitale Basiskompetenzen vermittelt werden. Wir begleiten Menschen, die sehr weit weg von der allgemeinen Bildung und dem Arbeitsmarkt entfernt sind. Was vielleicht für viele Abiturienten aus Mittel- und Oberschichts-Elternhäusern normal ist, ist es in diesen Lebenswelten definitiv nicht.

Umschulungen machen bei uns circa 20 Prozent unseres Portfolios aus. Der Rest unseres Angebotes konzentriert sich darauf, Menschen die entscheidenden Grundlagen zu vermitteln, um im Arbeitsmarkt überhaupt eine Chance zu haben.

SBB Hamburg


SH_Ausbildung_Titel_2021 SZENE HAMBURG Ausbildung, 2021. Das Magazin ist seit dem 31. März 2021 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!

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