Bedrohte Räume #30 – Ein Platz an der Sonne oder …

…Ottensen wird komplett überdacht!

So, liebe Menschen: Ab jetzt ist Weihnachtszeit. Und Weihnachtszeit ist die Zeit, in der wir uns mal richtig was wünschen dürfen. Bereits letztes Jahr habe ich mir einiges erlaubt und mir ganz undingliche Dinge ohne Geschenkpapier gewünscht, die den Planeten schonen: Robert Habeck und Ahmad Mansour kandidieren als Bundeskanzlerin / Andrea Nahles kriegt einen schlimmen Kolbenfresser / alle Menschen werden Vegetarier / wir sagen wieder Salatschüssel anstatt Buddha­bowl/ alle AFD-Wähler kriegen ’ne gemeine Krankheit mit viel Durchfall / die Stadt gehört uns, und Geld hat ab morgen ein Verfallsdatum / usw. Doch ich sag Ihnen eines: DAVON IST NICHTS, ABER AUCH GAR NICHTS IN ERFÜLLUNG GEGANGEN!!

Deshalb, lieber Weihnachtsmann, wünsche ich mir dieses Jahr etwas ganz Realistisches, etwas, das fast schon fertig ist. Nur noch ein Fünkchen und es ist Realität: nämlich, die vollständige Überdachung von Ottensen im Bürgerbeteiligungsverfahren!

Das können die Ottenser Obermuftis nämlich richtig gut. Der Bezirk hat’s drauf! Reibungslos, modern und partizipativ ist die Bürgerbeteiligung hier. Ja, denken wir? Echt jetzt? Na, dann linsen wir uns mal an das Thema „Eckbebauung des Altonaer Spritzenplatzes“ ran. Da merken wir schnell: Bürgerbeteiligung ist in Altona selektiv und ganz versteckt. Außerdem schaffen das nur die ganz Flinken. Die kreativen Bürgersleute müssen sich tierisch beeilen, in nur zwei Stunden muss alles rausgeködelt sein, was einem auf der Seele brennt und am nächsten Tag ist dann auch schon die Jurysitzung, in der garantiert jedes Anliegen in den Entscheidungsprozess aufgenommen wird, na, und hinterher kriegt dann meist der die Aufträge, den am Vortag keiner haben wollte.

„Macht eure Position zum Thema bedrohte Räume deutlich!“

Lieber Herr Bezirksbürgermeister, nie gehört von den geilen Hamburger Role Models der Bürgerbeteiligung, wie z. B. den Essohäusern, Park Fiction, Deine Geest oder Kolbenschmidt-Gelände? Kein Bock drauf? Dann leg ich ihnen mal ein paar Weihnachtswünsche von ihren Bürgern unter die Tanne, die auch der Denkmalverein bereits formulierte: Wie wäre es mit einer Ausstellung für drei Tage im Mercado / Blog + Web zur Einsicht der Entwürfe im Vorwege / Beteiligungscontainer à la Planbude / eine Zwischenstands-Präsentation im Wettbewerb zum Nachjustieren und ein 50/50- Votum für Bürger/Jury! Klingglöckchen, die Herren?

Gerade bei einem so umstrittenen Projekt hätten Eigentümer und Stadt nun wirklich alle Optionen einer zeitgemäßen Teilhabe nutzen können. Da ich aber persönlich langsam die Nase voll habe von einer Stadt, die meist erst hinterher weiß, wie dusselig sie vorher war, schlage ich vor, der Realität ins Auge zu spähen und fordere die vollständige Überdachung von Ottensen! Ich meine, stellen Sie sich doch mal vor: erst schön alles abreißen und dann geiler Architektenwettbewerb (bitte keine Architektinnen!), Shopping-Malls (dann kommen auch mehr Leute von außerhalb!), darin Rodelbahnen (weil draußen no more snow) und Angelseen obendrauf zum Frischmachen und lecker Ökomampf (Juchuh, Gardening!), Sprühduschen mit elektrischen Saugnäpfen und Sagrotan gegen die Bakterien (wegen Hitze draußen), Sauerstoffzelte mit Elbviehlivestream und Tsu­namipräventionstraining (ich sag nur: duck + cover).

So, nun aber mal im Ernst: Es weihnachtet, wünscht Euch gefälligst Mitwirkungsprozesse und macht Eure Position zum Thema bedrohte Räume deutlich!

Eure Raumsonde

Andrea


Who the fuck is…

Andrea Rothaug Szene Hamburg Stadtmagazin
Foto: Katja Ruge

Andrea Rothaug ist eine musikalische Raumsonde mit Hang zum Wort, Kulturmanagerin, Autorin, Dozentin, Veranstalterin, Präsidentin. Was diese Frau so alles treibt, erfahren Sie unter www.andrearothaug.de


Dieser Beitrag stammt aus SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Dezember 2018. Das Magazin ist seit dem 29. November 2018 im Handel und zeitlos im Online Shop und als ePaper erhältlich! 


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