Das Designlabel Bridge&Tunnel aus Wilhelmsburg wurde mit dem „Kultur- und Kreativpiloten“-Preis ausgezeichnet. Constanze Klotz im Blitz-Interview
SZENE HAMBURG: Was ist Bridge&Tunnel?
Constanze Klotz: Wir wollen uns als ein Social Design Label etablieren, das anspruchsvolle Designobjekte entwirft und langzeitarbeitslose Frauen in Arbeit bringt.
Wer steckt dahinter?
Zum einen das Stoffdeck, ein Coworking-Space für Mode- und Textildesign, das meine Partnerin Hanna Charlotte Erhorn und ich seit zweieinhalb Jahren leiten. Dann unser Produktionsteam, das sind Frauen aus Wilhelmsburg. Und die Passage gGmbH: unser Träger, der uns dabei unterstützt, Menschen in Arbeit zu bringen.
Was stellt ihr her?
Wir arbeiten nur mit recycelten Stoffen und haben mit Denim angefangen. Unsere erste Kollektion umfasst einen Jeans-Teppich – der wird geflochten und dann aufgerollt wie eine Lakritzschnecke – eine Reisetasche und Sitzmöbel für Kinder und Erwachsene. Achtung, ein Quiz: Wie viele Meter braucht man von dieser Jeans-Flechtwurst, damit ein Teppich 1,60 Durchmesser hat?
Puh. Das Zehnfache?
110 Meter! Und ganze 55 Paar Jeans.
Wer macht bei euch im Produktionsteam mit?
Bisher drei Frauen, zwei sind Türkinnen, eine weitere kommt aus Deutschland. Wir haben aber keine ethnischen Auswahlkriterien (lacht). Auch andere Nationen und natürlich Männer sind herzlich eingeladen. Wir überlegen gerade, noch ein Team mit Geflüchteten aufzubauen. Sie könnten zum Beispiel den Teppich flechten: Man muss dafür nicht nähen können, kann sich dabei super unterhalten und vielleicht sogar ein bisschen Deutsch üben.
Warum habt ihr euch so genannt?
Früher waren die „Bridge & Tunnel People“ diejenigen, die aus Brooklyn nach Manhattan fuhren. Mittlerweile ist Brooklyn ja total hip und man fährt gern dahin (lacht). Nach Wilhelmsburg kommt man auch nur über die Brücke oder durch den Tunnel. Der Name soll zudem bedeuten, dass wir Brücken bauen wollen – für unsere Frauen zum Arbeitsmarkt.
Ein soziales Unternehmen: Ist die Finanzierung ein schwieriges Thema für euch?
Ja, es ist schwierig Förderer zu finden, weil man zwischen zwei Welten interagiert: Die Stiftungen sagen: ihr seid zu kommerziell, das können wir nicht unterstützen. Die Wirtschaftspartner sagen: Eure Produktion ist noch sehr langsam, ihr könntet doch schneller an den Markt gehen. Aber wir glauben, dass der Markt für hochwertiges Design mit gesellschaftlichem Mehrwert wächst und wir langfristig Arbeitsplätze schaffen können.
Foto: femtastics
Interview: Natalia Sadovnik