Caroline Wahl: Bestseller, Bahnen, Kino & Kritik

Die Schriftstellerin Caroline Wahl ist mit ihrem Debütroman „22 Bahnen“ durchgestartet. Nach der Kinoverfilmung des Erstlings, dem Nachfolger-Roman „Windstärke 17“ und der Veröffentlichung ihres neuen Romans steht die Schriftstellerin aktuell vor allem im Zentrum öffentlicher Kritik
Diverse Romane "Die Assistentin" von Caroline Wahl zur Auslage in einem Buchladen.
Caroline Wahls neuester Roman bei Thalia (© Maire-Luisa Nielsen)

Kaum eine Autorin ist in den letzten Jahren so schnell aufgestiegen wie Caroline Wahl. Drei Romane in drei Jahren, über eine Million verkaufte Exemplare, eine Kinoverfilmung – ein kometenhafter Aufstieg. Doch genau in diesem Moment schlägt plötzlich die Bewunderung in Kritik um. Wahl wird vorgeworfen, aus einer privilegierten  Position heraus über Armut und soziale Härten zu schreiben. Manche Kritikerinnen und Kritiker unterstellen ihr, die Geschichten für ihren Erfolg instrumentalisiert zu haben. Dass darüber hinaus auch ihr Aussehen oder ihre Liebe für Autos öffentlich diskutiert wird, zeigt, wie sehr die Debatte inzwischen über das Wesentliche hinausgeht.

Debüt, Nachfolger und Kinofilm: Ein Tempo, das verblüfft

Caroline Wahl wurde 1995 in Mainz geboren und wuchs bei Heidelberg auf. Ihre Mutter ist Grundschullehrerin, ihr Vater arbeitet als Chirurg. Schon in jungen Jahren begann sie zu schreiben und entwickelte früh eine Leidenschaft für Kurzgeschichten. Als Jugendliche hatte sie mit depressiven Phasen zu kämpfen und tat sich schwer, Freundschaften zu schließen – Erfahrungen, die später auch in ihre Romane einfließen sollten. 

Nach ihrem Abitur 2013 studierte sie Germanistik in Tübingen und Deutsche Literatur in Berlin. Beruflich sammelte sie Erfahrungen in der Verlagswelt: Sie arbeitete beim Klett-Cotta Verlag in Stuttgart, später als Verlagsassistentin beim Diogenes Verlag in Zürich und anschließend in einer Kommunikationsagentur in Rostock. Seit rund einem Jahr lebt sie in ihrer Wahlheimat Kiel, wo sie die Nähe zum Wasser und die frische Ostseeluft genießt und liebt. 

2023 erschien Caroline Wahls Debütroman „22 Bahnen“, der sofort einschlug: ausgezeichnet mit mehreren Preisen, unter anderem dem Ulla-Hahn-Autorenpreis, dem Grimmelshausen-Förderpreis und dem Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag, wurde es zudem Lieblingsbuch der Unabhängigen 2023. Nur ein Jahr später folgte „Windstärke 17“, und im August 2025 schließlich „Die Assistentin“, zeitlich sehr dicht vor dem Kinostart der Verfilmung von „22 Bahnen“ am 4. September 2025. Drei Jahre, drei Bücher, eine Verfilmung – ein Tempo, das verblüfft und fast an eine Popstar-Karriere erinnert.

Caroline Wahl: Vom gefeierten Talent zur Zielscheibe öffentlicher Kritik

Caroline Wahl sticht unter ihren Kolleginnen heraus. Sie liebt Energy-Drinks, raucht, hat eine Vorliebe für Autos, lebt ihren ganz eigenen Stil und zeigt dabei ein gesundes, selbstbewusstes Auftreten ohne falsche Bescheidenheit. Mit ihren ersten beiden Romanen wurde sie unter anderem als „Stimme einer Generation“ gefeiert. Sie trifft mitten ins Herz vieler junger Menschen und überzeugt in ihrem Schreiben mit der Fähigkeit, Emotionen und Lebensrealitäten unmittelbar greifbar zu machen. Doch mit „Die Assistentin“ und der großen Sichtbarkeit durch die Kinoverfilmung ihres Erstlings weht Caroline Wahl plötzlich ein anderer Wind entgegen: Vor dem Hintergrund ihres vergleichsweise komfortablem Aufwachsens bezweifeln Kritikerinnen und Kritiker, dass sie glaubwürdig über Armut schreiben kann, ohne sie selbst erlebt zu haben, und werfen ihr vor, Geschichten aus bestimmten Lebensrealitäten für ihren Erfolg zu nutzen.

Hinzu kommt, dass sie heftigen Gegenwind erhielt, nachdem sie ihre Enttäuschung über die Nicht-Nominierung für den Deutschen Buchpreis öffentlich machte. Ebenso stehen ihr Stil und ihr Aussehen und selbst private Entscheidungen wie der Kauf eines Autos in der öffentlichen Diskussion. All das zeigt, dass sich die öffentliche Debatte längst nicht mehr primär auf ihre Werke richtet, sondern auf ihre Person und in den letzten Tagen zu etwas wie einem Shitstorm ausartet. Als Reaktion auf die anhaltende Debatte rund um ihre Person erklärte Caroline Wahl nun auf Instagram, dass sie vorerst offline gehe und keine Nachrichten mehr lesen werde.

Kritik an Erfolg: Neid oder gesellschaftliches Muster?

Während die kritischen Stimmen immer lauter werden, gibt es aber auch immer mehr Stimmen, die sich fragen, ob dieser Fall ein wiederkehrendes gesellschaftliches Muster offenlegt: Entsteht Gegenwind automatisch durch Neid auf schnellen Erfolg, oder zeigt sich darin ein Phänomen, das erfolgreiche Frauen immer wieder erleben – dass Bescheidenheit und Zurückhaltung als angemessene Reaktion auf Erfolg erwartet werden?

Es bleibt spannend, wohin sich diese Debatte weiter entwickelt und welche Impulse sie für die Wahrnehmung weiblicher Selbstbestimmung und Erfolg geben könnte. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob es in Fällen wie diesem wirklich gerechtfertigt ist, die Debatte so stark auf die Person zu richten, anstatt beim Wesentlichen – den Werken selbst – zu bleiben.

Wer sich selbst ein Bild verschaffen möchte, hat am 25. September beim Harbour Front Literaturfestival im Uebel & Gefährlich die Gelegenheit, Caroline Wahl während einer Lesung zu ihrem neuen Roman „Die Assistentin“ zu erleben.

Abonniere unser
"Heute in Hamburg"
Update per E-Mail oder WhatsApp!

Die spannendsten Events in der Stadt und das Neueste aus der Hamburger Gastro- und Kulturszene. Wir halten dich auf dem Laufenden. 😃

👉 Stattdessen via Messenger abonnieren

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Abonniere unseren Newsletter!

Erhalte jeden Tag die besten Empfehlungen für deine Freizeit in Hamburg.

Unsere Datenschutzbestimmungen findest du hier.

#wasistlosinhamburg
für mehr Stories aus Hamburg folge uns auf