Dockville 2023: Amore trifft Kunstfreiheit

Sommer 2023, die Festivalsaison ist in vollem Gange. Rock am Ring ist Geschichte und das Hurricane steht vor der Tür. Es lohnt sich auch ein Blick in den August, denn vom 18. bis 20.8.2023 lockt das MS Dockville wieder über 20.000 Musikfans nach Wilhelmsburg
Die Atmosphäre beim Dockville ist einzigartig (©Sebastian Madej)
Die Atmosphäre beim Dockville ist einzigartig (©Sebastian Madej)

Wenn die abendliche Sonne auf den Rethespeicher fällt, es nach Schweiß, Bier und vielleicht ein bisschen Gras riecht, dann ist wieder MS Dockville. Das Festival lebt dabei von seiner einzigartigen Atmosphäre und dem Line-up, das in jedem Jahr einen Mix aus Newcomern und größeren Namen bietet. Für 2023 haben sich daher neben girl in red und den Giant Rooks auch die als Pal-Residents bekannten Romano van de Mas und Cryptofauna sowie der Hamburger Levin Liam und die österreichische Combo Buntspecht angesagt.

Dockville-Freitag: Zwischen Disco und Rap

Ein Highlight beim Dockville 2023: die Giant Rooks (©Simone Cihlar)
Ein Highlight beim Dockville 2023: die Giant Rooks (©Simone Cihlar)

Ein großer Name zum Auftakt beim Dockville 2023? Ist da! Mit den Giant Rooks steht einer der etabliertesten Bands des diesjährigen Dockville gleich am ersten Tag auf der Bühne. Die fünf Jungs aus NRW machen seit 2014 zusammen Musik. In ihrem neunten Karrierejahr sind sie längst dem Status eines Geheimtipps entwachsen. Nach einer US-Tour im Juli 2023 und einem anschließenden Ausflug aufs Sziget Festival, stehen die Giant Rooks Ende August auf der Bühne des Dockville, und das nicht zum ersten Mal.

Doch am Freitag gibt’s neben deutschem Indie-Pop auch Rap aus New Jersey. 070 Shake, aka Danielle Balbuena, wuchs in einem New Yorker Vorort auf und macht seit 2015 mit ihrem dunklen, leicht nach Emo schmeckenden Sound auf sich aufmerksam. Auf dem Dockville präsentiert sie unter anderem Songs von ihrem aktuellen Album „You Can’t Kill Me“, das 2022 bei GOOD und Def Jam erschienen ist.

Neben den Auftritten von 070 Shake und den Giant Rooks feiert Levin Liam am Freitag sein Heimspiel beim Dockville 2023. Der Wahlhamburger studierte von 2018 bis 2021 Schauspiel an der HfMT. Seit seinem Abschluss macht er neben Filmen auch noch Musik – und dass nicht unerfolgreich. DiffusFM bezeichnete ihn kürzlich als einen „der vielversprechendsten Newcomer:innen Deutschlands“.

Dazu kommt zum Festivalauftakt die französische Band L’Impératrice, die mit ihrem Disco-Sound eine der Entdeckungen werden könnte. Außerdem bringt Ennio seine Reibeisenstimme gepaart mit feinem Indie-Sound auf die Bühne und mit Kerala Dust ist ein echter Electro-Geheimtipp zu Gast.

Dockville-Samstag: Mit girl in red und Schmyt

Auf dem Weg nach oben und 2023 beim Dockville: Schmyt (©Marco Justus Schoeler)
Auf dem Weg nach oben und 2023 beim Dockville: Schmyt (©Marco Justus Schoeler)

Der Dockville-Samstag bietet die ganze Bandbreite: von Indie-Rock über Rap bis zu elektronischer Musik. Die Headliner des Tages sind dabei die Norwegerin girl in red alias Marie Ulven Ringheim und Schmyt. Dabei nimmt Ringheim den Platz des internationalen Top-Acts ein. Denn nicht ohne Grund landete ihr Song „I Wanna Be Your Girlfriend“ 2018 bei der „New York Times“ unter den zehn besten Songs des Jahres. Kein Wunder also, dass das „Streaming-Phänomen des Indie“, wie es laut.de bezeichnet, zu den großen Namen beim Dockville gehört.

Doch Schmyt muss sich dahinter eigentlich kaum verstecken. 2023 ging es für Julian Paul Schmit, wie Schmyt bürgerlich heißt, als Opening Act mit Herbert Grönemeyer auf Tour. Beim Dockville bekommt er jetzt die ganze Bühne für sich und seinen Sound, der irgendwo zwischen R&B und klassischem Singer-Songwriter-Sound changiert – Balladen mit Wucht, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Wer jetzt noch mehr Lust auf gute Texte hat, der sollte sich Noga Erez nicht entgehen lassen. Erez wuchs an der israelischen Mittelmeerküste auf und lernte ihr Handwerk beim Studium an der Jerusalem Academy of Music and Dance. Ihre Musik ist von einem starken Rhythmus geprägt, der immer wieder bricht. Doch das Hauptaugenmerk liegt auf den Texten, die sich oft mit gesellschaftspolitischen Debatten, nicht nur aus ihrem Heimatland, beschäftigen. „I got a lot of advice not to talk about what’s happening in Israel“, sagte sie 2017 in einem Interview mit dem „Guardian“. Ob sie sich daran hält? Einfach hingehen und selbst hören.

Neben girl in red, Schmyt und Noga Erez verspricht der Samstag auch noch die eine oder andere Entdeckung. So zum Beispiel Dreya Mac, die von den Festival-Machern selbst als kommender Weltstar angekündigt wird. 2022 war sie zusammen mit Älice und Fo Sho auf Kampnagel zu Gast und jetzt gibt’s ihre basslastigen Beats und scharfen Texte live auf dem Dockville.

Dockville-Sonntag: UK zwischen Liebe und Kampfansagen

(Fast) der Solo-Abschluss von Danger Dan: sein Auftritt beim Dockville 2023 (©Jaro Suffner)
(Fast) der Solo-Abschluss von Danger Dan: sein Auftritt beim Dockville 2023 (©Jaro Suffner)

Das Dockville 2023 beginnt groß und endet genau so. Wer Danger Dan und Arlo Parks liest, weiß, dass der Sonntagabend einen gebührenden Abschluss verspricht. Garniert wird das Ganze dann noch mit der Liebe von Roy Bianco & den Abbrunzati Boys – Amore pur.

Aber der Reihe nach: Arlo Parks. Die Britin lässt sich nur schwer einordnen. War ihr gefeiertes Debütalbum „Collapsed in Sunbeams“ von Retro-Soul, R&B und Hip-Hop-Elementen geprägt, kommt ihr aktuelles Album „My Soft Machine“ deutlich ruhiger und melodischer daher. Doch egal, welche Songs sie beim Dockville auf die Bühne bringt, ihr Auftritt verspricht eine einmalige Atmosphäre mit bestem Indie-Pop und viel Soul.

Mit gefeierten Debüts kennt sich auch Danger Dan aus. Eigentlich Teil der Antilopen Gang, brachte der gebürtige Aachener 2021 mit „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ sein erstes Solo-Klavieralbum heraus – der Rest ist Geschichte. Es folgten 2022 ein gefeiertes Konzert im Hamburger Stadtpark und am 2. und 3. Juni 2023 machte er zu seinem 40. Geburtstag zwei Mal die Berliner Wuhlheide voll. Jetzt ist er mit seinem Solo-Programm noch einmal auf Tour. „Noch eine extra Runde, dann ist Schluss“, schrieb er kürzlich auf Instagram. Der Auftritt beim Dockville 2023 ist sein vorletzter Solo-Gig, hin da!

Und wer nach so viel Gefühl und pointierten Texten noch Liebe und Party braucht, dem seien Roy Bianco & die Abbrunzati Boys empfohlen. Der Legende nach gibt es die Italo-Schlager-Band schon seit 1982 und seit 2016 macht sie wieder von sich reden. Doch was bekommt man bei einer Show, die auf Musik à la Adriano Celentano setzt? Alles und vor allem das, was man nicht erwartet. Roy Bianco & die Abbrunzati Boys waren 2019 schon mal beim Dockville zu Gast und alle, die damals vor Ort waren, wurden mit dem Italo-Schlager-Virus infiziert. Nicht umsonst füllt die Band mittlerweile im gesamten deutschsprachigen Raum die Hallen und Festivals und nimmt sich dabei nie zu ernst.

Im Hintergrund viel Neues

Doch nicht nur auf der Bühne gibt es beim Dockville etwas zu entdecken, auch im Hintergrund hat sich etwas getan. Seit Anfang 2023 mischt beim Veranstalter Kopf&Steine auch die KJ Projects GmbH mit. Mit der Beteiligung der gemeinsamen Firma der Karsten Jahnke Konzertdirekt GmbH und Björn Hansen, dem Inhaber der Morgenwelt GmbH, will sich das Festival zukunftsfähiger aufstellen. KJ Projects Co-Geschäftsführer Ben Mitha dazu: „Die neue Konstellation ermöglicht es, unsere Interessen gegenüber Politik, Verwaltung und Dienstleistenden künftig zu bündeln und damit noch stärker vertreten zu können.“ Die Zukunft wird zeigen, inwiefern diese Kooperation Früchte trägt. Jetzt gilt aber erst mal der volle Fokus dem Dockville 2023.

Das Dockville 2023 findet vom 18. bis 20. August 2023 in Hamburg-Wilhelmsburg statt. Tickets gibt’s ab 69 Euro (Tagesticket) und 179 Euro für alle drei Tage. 

Ein Vorgeschmack? Roy Bianco & die Abbrunzati Boys beim Modular Festival 2023

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