Ein Blick von oben und jüdische Geschichte in Altona

Während Günther Krügers Fotos in „Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug (1956–1969) mit Fotos von Günther Krüger“ die Entwicklung der Hansestadt in der Nachkriegszeit aus der Vogelperspektive zeigen, skizziert die Schau „LEBENSWEGE“ diverse Biografien jüdischer Familien aus Altona während und nach der Zeit des Nationalsozialismus 
Hamburg von oben
Der Jungfernstieg Mitte der 50er-Jahre mit den Augen des fliegenden Fotografen Günther Krüger (©Günther Krüger, 1956)

Stadtmuseum Harburg: Viel Luft nach unten

Wenn eine Stadt ihren Betrachtern zu Füßen liegt: Günther Krügers Fotos dokumentieren Hamburgs Entwicklung in der Nachkriegszeit – aus der Vogelperspektive

Die ersten Hochhäuser Hamburgs nach dem Zweiten Weltkrieg, der Jungfernstieg 1956, das Volksparkstadion 1960, die Sturmflut von 1962 im Süden der Stadt: Günther Krüger (1919–2003) hat all das mit eigenen Augen gesehen – und seinen Zeitgenossen sowie der Nachwelt in schwindelerregenden Luftaufnahmen überliefert. In den 1950er- und 1960er-Jahren war er im Auftrag des „Hamburger Abendblatt“ mit dem Hubschrauber unterwegs, um die Stadt mit seiner Kamera aus ungewöhnlichem Blickwinkel abzulichten. Im Zeichen von Wirtschaftswunder und Wiederaufbau spielte sich vor seiner Linse eine entscheidende Episode der Entwicklungsgeschichte Hamburgs ab, als die Stadt zwischen den Trümmern der Vergangenheit Visionen für die Zukunft entwickeln musste, um zu der pulsierenden Metropole werden zu können, wie sie die Welt heute kennt. 45 seiner Fotos sind nun in der aktuellen Schau „Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug (1956–1969) mit Fotos von Günther Krüger“ noch bis zum 23. März 2025 im Stadtmuseum Harburg zu sehen – und machen Zeitgeschichte auf eine Art sichtbar, wie man sie selten erlebt: mit dem Boden der Tatsachen im Blick und viel Luft nach unten. 

Altonaer Museum: Die Spuren vergangenen Lebens

Dieser Thoraschrein erzählt einiges über das Leben seines Urhebers: Leon Daniel Cohen (©Noam Preisman, mit freundlicher Genehmigung des Freundeskreises Yad Vashem)

Mittels diverser Exponate skizziert die Ausstellung Biografien jüdischer Familien aus Altona während und nach der Zeit des Nationalsozialismus

Objekte speichern Geschichte – und damit auch Spuren vergangenen Lebens. Besonders erschütternd sind diese Einblicke, wenn es sich um Gegenstände jüdischer Menschen im Kontext des Nationalsozialismus handelt. Ebensolche Stücke präsentiert aktuell das Altonaer Museum in Kooperation mit dem Freundeskreis der Gedenkstätte Yad Vashem. In der Ausstellung „LEBENSWEGE“ (noch bis zum 12. Mai 2025 im Altonaer Museum) wirft etwa ein Thoraschrein Schlaglichter auf die Biografie seines Urhebers Leon Daniel Cohen, der in Altona ein Geschäft für Leder und Schuhmacherbedarfsartikel hatte. Als er 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert wurde, hatte er seinen Schrein dabei. 1944 wurden er und seine Familie in Auschwitz ermordet. Ebenso steht die Geschichte von Käthe Starke-Goldschmidt im Zentrum der Schau. Sie wurde ein Jahr nach Cohen von Altona nach Theresienstadt deportiert – doch überlebte das Lager. Als sie nach Hamburg zurückkam, hatte sie das sogenannte „Theresienstadt-Konvolut“ dabei: Zeichnungen und Dokumente, die sie heimlich gesammelt hatte – und die für uns heute wichtige Anhaltspunkte auch für die Lebenswege der Familie Cohen liefern.

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 11/2024 erschienen. 

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