Wir haben in und um Hamburg gecampt und Lieblingsorte für den Urlaub vor der Haustür gefunden.
1) Die Elbinsel Lühesand im Alten Land
Raus aus der Stadt! Um nach Lühesand zu kommen, der schiffsförmigen Campinginsel auf der Elbe, geht es zum sattgrünen Deich im Alten Land (Wetterndorf, Schleuse). Dort wohnt Holger Blohm, und der hat eine Fähre. Für schmale 2 Euro (1,40 für Camper) schippert er Gäste in weniger als fünf Minuten rüber nach Lühesand. Rüber zur Ruhe. Keine Autos, keine Fahrräder, nichts: Zwischen Wochenendhäuschen, Wohnwagen, Zelten und Trampelpfaden herrscht nahezu Geräuschlosigkeit, und das gilt dank der Inselgröße von 124 Hektar auch in der Hochsommerzeit, wenn Lühesand gut besucht ist.
Jeder hat enorm viel Platz, Lautstärken der nächsten Nachbarn werden kaum wahrgenommen. Nur wer am Ufer steht, hört leise das Wasser auf die schweren schwarzen Steine schwappen, angeschwemmt von den regelmäßig vorbeifahrenden Container- und Kreuzfahrtschiffen. Im Inselinneren scheint die Zeit stillzustehen. Den Boden für die sonnengebleichten Wohnkugeln bieten hohe, strohige Graswiesen und leuchtend heller Sand (aber nur ein kleiner, bei tiefster Ebbe entstehender Sandstrand auf der Binnenelbe). Ein fast unberührtes Terrain.
Teils darf dieses auch gar nicht berührt werden: Mitte der 1960er Jahre bereits wurde der südöstliche Teil der Insel, also rund 60 Hektar, zum Landschaftsschutzgebiet gemacht. Hier brüten und rasten circa 60 Vogelarten. Ob Dauer- oder Kurzcamper (5 Euro pro Nacht), wer auf Lühesand ankommt, kommt runter. Mehr noch: Spätestens, wenn bei Sonnenuntergang das Wasser zwischen Deich und Fähranleger rot, orange und gelb schimmert, kommt ein wenig Inselromantik auf. Und wen es bei Anbruch der Dunkelheit nicht direkt in den Schlafsack zieht, kann in der Inselgaststätte den Tag ausklingen lassen, auf der rustikalen Terrasse oder drinnen am Tresen. Bier und Currywurst sind immer zu haben. Die einzigen Anzeichen einer nahegelegenen Metropole sind auf Lühesand die alles und jeden überragenden Freileitungsmasten, einer 189, einer 227 Meter hoch, die höchsten in Europa, aber auf dem Mini- Eiland kaum bemerkbar. Zu sehr entspannt der Rest der Insel ihre Besucher.
2) Clamping: Schöner Campen am Stover Strand
„Herzlich Chillkommen!“ Die selbst gekritzelte Aufschrift am Eingang deutet schon an, dass dahinter kein gewöhnlicher Campingplatz folgt. Camping geht hier, aber hier geht auch Glamour, und das ergibt – richtig – Glamping. Die Idee ist nicht neu, die Umsetzung an einem Teilabschnitt des Stover Strands, der bereits einen großen und komfortablen Campingplatz hat (30 Hektar, Badestrand, Kletterpark, Boothafenliegeplätze, Animation, Restaurant, Supermarkt), hingegen schon. Nora Köhnken und Tanja Matthies waren es, die der Gegend mit Glamping die Camping-Kirsche aufdrückten. Und das funktionierte schrittweise.
Schritt eins: Köhnken, deren Familie seit Generationen den Gesamtplatz verwaltet, und Grafikdesignerin Matthies düsten durch halb Deutschland, um anhand von Kleinanzeigen alte Wohnwagen einzusammeln. Acht olle Campingkarossen konnten sie am Ende der Tour ihr Eigen nennen. Schritt zwei: Befreiung der 60er- und 70er-Jahre-Modelle von ihrem vergilbten Inneren. Schritt drei: schick machen. Die Wagen wurden nahezu runderneuert, bekamen einen frischen, sommerlichen Anstrich außen (türkis, gelb, orange, blau, pink) und neue Möbel innen. Außerdem wurden Sonnendächer installiert und darunter Mini-Vorgärten errichtet, mit Holztischen, Blumenkübeln, Lichterketten und und und. Schritt vier: eigenen Strand anlegen. Laster rückten an, kippten feinen Sand ans Ufer. Aus Paletten wurden eine Grillküche und eine Hollywoodschaukel gezimmert. Schritt fünf: Einzug. Bis zu 30 Gäste haben ab sofort Platz auf dem Stover-Glampingplatz. Kosten: 25 Euro für Erwachsene, 10 Euro für Kinder.
Wer einen Wagen für sich alleine haben will, zahlt 50 Euro. Köhnken und Matthies brauchten nicht viel Raum, um eine Atmosphäre zu schaffen, die an Sommerfestivals erinnert, an gute Backpackerhostels, und durch die gepimpten Oldschool-Kutschen auch an eine andere Zeit und Welt. „Ihr Fünf Sterne Urlaub an der Elbe vor Hamburg“, lautet der Werbeslogan des Stover Strands. Alles zusammengenommen, bietet das dortige Glamping sogar „Ihre Chance auf Fünf Sterne plus“.
3) Glücklich werden im ElbeCamp unterm Geesthang
Ist das schon die Algarve? Wachsen dort drüben Feigenbäume? Wird dahinter die „Letzte Bratwurst vor Amerika“ verkauft? Nein! Das hier ist das ElbeCamp am Falkensteiner Ufer, über dem ein bewaldeter Geesthang fast 100 Meter über die Elbe ragt. Fernab vom „Strandperle“-Trubel liegt dieses tolle Stück Elbstrand, das mit dem ein oder anderen portugiesischen Küstenfleckchen durchaus mithalten kann. Samtweicher Sand, palmenhohe Bäume, zwischen denen bunte Hängematten baumeln, Beachvolleyballfeld, Strandhaus und -bistro: Da kommen ruck zuck Urlaubsgefühle auf.
Das ElbeCamp, das ein Projekt des Kinderschutz und Jugendwohlfahrt e. V. Hamburg ist, bietet allen Altersklassen ein Areal, das nicht nur aufgrund von Naturschönheiten weit über dem norddeutschen Standard liegt. Kleines Highlight: Das Café und Restaurant Lüküs. Geöffnet von 8 bis 21 Uhr, gibt es hier Kaltgetränke und Tipptopp-Camper-Food für jeden Geschmack, vom Frühstücksbüffet über Kaffee und wechselnde Kuchen bis zu einer anständigen Portion Pommes Schranke – ausgerufen übrigens auf besondere Weise. Bei Bezahlung bekommt jeder Gast einen Bong mit einem Star-Namen, der kurze Zeit später aus den Lautsprechern schallt: „Inspektor Columbo, Essen ist fertig!“ Die Kleinen mögen darüber vielleicht nicht lachen, kommen aber beim Seeräuberspielen im Piratenschiff „Nemo“ oder auf der „Titanic“ vorm Lokal auch auf ihre Kosten.
Und wem das alles nicht unterhaltsam genug ist, schlägt einfach den Sonnenschirm am Strand auf, nutzt das ElbeCamp-WLAN (4 Euro pro Tag) und verschafft sich das gewünschte Entertainment. Oder er guckt einfach gerade aus. Dort, direkt vor der Nase, erinnern einen die dicken Pötte dann doch noch daran, dass man gar nicht so weit entfernt ist von der Stadt. ElbeCamp-Tagestickets gibt es für 4 Euro. Und wer einfach nicht nach Hause will, sondern in Klein-Portugal an der Elbe übernachten, kann u. a. das Zelt aufbauen (7,90 Euro) oder den Wohnwagen ins Camp ziehen (17,70 Euro inkl. Pkw-Parkplatz).
Texte: Erik Brandt-Höge
Fotos: Michael Kohls
Dieser Text stammt aus SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Juli 2018. Das Magazin ist seit dem 29. Juni 2018 im Handel und zeitlos in unserem Online Shop oder als ePaper erhältlich!