SZENE HAMBURG: Iman, du hast kürzlich einen „König der Löwen“-Song geremixt. Wie kamst du da drauf?
Iman Hanzo: Die Geschichte hinter meinem Track „Er lebt in Dir“ ist so viel mehr als nur eine Inspiration für meine Arbeit – sie ist ein Teil meiner Seele. Als ich mit meinen Eltern und meinem älteren Bruder mit fünf Jahren aus dem Iran nach Deutschland kam, kannte ich keine Disney-Filme. Doch dann kam der Tag, an dem ich den „König der Löwen“ zum ersten Mal sah. Dieser Film veränderte mein Leben. Ich war wie verzaubert und konnte nicht genug davon bekommen. Aber es war dieser eine Song, der etwas in mir zum Klingen brachte, das ich zuvor noch nie gespürt hatte. Es ist schwer zu beschreiben, aber jedes Mal, wenn ich diesen Song höre, fühle ich mich stark und voller Leben.
Wie entstand dann der Track?
Ich wusste, dass ich diese Gefühle in meine Arbeit einfließen lassen musste. Ich wollte meine eigene Geschichte erzählen. Für mich ist dieser Song ein Symbol der Hoffnung und des Überlebens, eine Erinnerung daran, dass wir alle aus unseren eigenen Herausforderungen gestärkt hervorgehen können. Jedes Mal, wenn ich diesen Track höre, erinnere ich mich daran, woher ich komme und was ich überwunden habe, um an diesen Punkt in meinem Leben zu gelangen. Es ist eine Erinnerung daran, dass wir alle unsere eigenen Geschichten haben und dass sie uns einzigartig und wunderschön machen.
Musstest du Disney dafür fragen?
Ich hatte den Song „Er lebt in Dir“ schon vor zwei Jahren fertig produziert und mich mit einigen namhaften Labels getroffen. Leider waren die Auflagen und die Rechteklärung sehr aufwendig und es schien, als ob die Veröffentlichung in weiter Ferne lag. Ich habe mich schließlich entschieden, den Track auf SoundCloud hochzuladen. Ich wollte meine Version des Songs mit der Welt teilen und hoffte, dass er von vielen Menschen gehört wird. Es war ein Risiko, aber ich wusste, dass ich es tun musste. Und jetzt hat sich ein größeres Label bei mir gemeldet und Interesse an einer offiziellen Veröffentlichung gezeigt.
Eine Kollaboration in der Pandemie entstanden
Nun arbeitest du mit Rosbeh zusammen. Worum geht es da?
Das Projekt mit Rosbeh ist sehr aufregend für mich. Wir arbeiten an einer EP, die eine Kombination aus elektronischen Beats und melodischen Klängen sein wird. Die Idee ist es, verschiedene musikalische Kulturen und Einflüsse zu vereinen und eine Brücke zwischen ihnen zu schlagen. Wir wollen zeigen, dass Musik eine universelle Sprache ist und dass sie uns alle verbinden kann, unabhängig von unseren kulturellen Hintergründen. Es ist ein sehr ehrgeiziges Projekt, aber ich bin zuversichtlich, dass es ein Erfolg wird und freue mich darauf, es der Welt zu präsentieren.
Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Während der Pandemie habe ich Rosbeh auf Instagram entdeckt und war von seiner Musik sofort begeistert. Ich hatte die Gelegenheit ihn bei einem Konzert live zu erleben und war beeindruckt von seiner emotionalen Art, seine Tracks zu präsentieren. Später habe ich Rosbeh gefragt, ob er Interesse daran hätte, gemeinsam mit mir einen Song zu produzieren, der eine Mischung aus seinen und meinen musikalischen Stilen enthält. Zu meiner Freude hat er zugestimmt.
Euer erster Track heißt „Reborn“. Was steckt dahinter?
Dieser Track ist sehr emotional und erzählt auf seine ganz eigene Weise davon, dass uns das Fallen letztendlich viel stärker machen kann. Tatsächlich hat dieser Song uns beiden persönlich viel Kraft gegeben und unsere Zusammenarbeit noch weiter vertieft. Die Bedeutung hinter dem Titel „Reborn“ ist zwar einfach zu erklären, aber es steckt viel mehr dahinter als nur eine einfache Wiedergeburt. Der Song hat eine tiefere Bedeutung und vermittelt eine Botschaft der Hoffnung und des Durchhaltevermögens, die uns alle inspirieren kann.
Kein Bezug und trotzdem verbunden
Ihr stammt beide aus dem Iran. Wie beeinflusst das eure Zusammenarbeit?
In erster Linie verbindet uns die Musik, und es ist natürlich wunderbar, sie mit jemandem aus demselben Land zu teilen. Oft haben wir uns auf Farsi ausgetauscht und uns gegenseitig Mut gemacht, wenn wir an einer Stelle nicht weiterkamen. Es war eine schöne Erfahrung, als wir den Track schließlich fertiggestellt hatten und uns in unserer Muttersprache unsere Gedanken und Gefühle darüber mitteilen konnten.
Selbstverständlich können wir als Künstler von hier Einfluss nehmen
Iman Hanzo
Welchen Bezug habt ihr zur iranischen Rave-Kultur?
Unsere Verbindung ist sicherlich unverkennbar. Wir haben zahlreiche Videos gesehen, in denen auf privaten Raves zu elektronischer Musik getanzt wurde, und auch von Freunden und Verwandten haben wir gehört, dass sich die Szene dort sehr ausbreitet. Trotzdem haben wir keinen direkten Bezug zur dortigen Rave-Kultur. Denn unsere Prämisse ist der Ausdruck und die Verbreitung von positiven Emotionen. Wir möchten Menschen durch Liebe und Empathie ermutigen, diese Welt zu einem besseren Ort zu gestalten.
Die Stimme der Kunst nutzen, für die Menschen im Iran
In letzter Zeit hört man in Deutschland weniger über die Proteste. Wie geht ihr damit um?
Es bricht uns das Herz zu sehen, wie unsere Mitmenschen unterdrückt und gequält werden, einfach nur für den Wunsch nach Freiheit und Gerechtigkeit. Es ist schmerzhaft die Bilder von blutigen Straßen und weinenden Familien zu sehen und wir wünschen uns, egal, wo auf dieser Welt, dass jeder seinen Frieden findet. Aber gleichzeitig ist es auch wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass es uns hier gut geht. Denn es kann sehr erdrückend werden, sich mit dem Leid anderer auseinanderzusetzen. Trotzdem können wir aus dieser Situation auch Kraft und Dankbarkeit schöpfen.
Was wünscht du dir von den Menschen, die hier leben?
Es wäre wichtig für die Menschen in Deutschland, sich aktiv für die Förderung von Menschenrechten und Demokratie auf globaler Ebene einzusetzen und sich für diejenigen im Iran stark zu machen, die für ihre Freiheit und ihr Recht auf eine demokratische Regierung kämpfen. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Unterstützung von Organisationen, die sich für die Menschenrechte und Demokratie im Iran einsetzen.
Könnt ihr auch als Künstler Einfluss nehmen?
Selbstverständlich können wir als Künstler von hier Einfluss nehmen und wir möchten das auch tun. Wir haben die Möglichkeit, unsere Stimme und unsere Kunst zu nutzen, um Bewusstsein zu schaffen und eine positive Veränderung zu bewirken. Wir können Konzerte und Veranstaltungen organisieren, um auch so Spenden für Hilfsorganisationen zu sammeln, die sich für die Unterstützung von Betroffenen einsetzen.
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 06/2023 erschienen.
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