Ein umweltfreundlicher Umzug ist immer mehr Menschen wichtig: Das Umzugsunternehmen IMoveYou setzt auf platzsparendes Beladen der Transporter und Anpflanzung neuer Bäume für eine bessere Ökobilanz
Text: Leona Stahlmann
Foto: IMoveYou
Bewegte Zeiten bewegen auch uns: Mehr als acht Millionen Menschen ziehen in Deutschland jährlich um. Wir brauchen plötzlich ein Kinderzimmer oder wollen mit 35 dann doch keine WG mehr (und/oder der Expartner besetzt die aktuelle), und Jobangebote aus anderen Städten locken. Über 100.000 Umzüge gab es 2018 in Hamburg allein durch Zuzüge von außerhalb.
Neben dem Stress der Wohnungssuche und mit jedem Jahr mehr und mehr Kisten schleppen wir aber noch etwas Hässliches, Unsichtbares mit uns von Wohnung zu Wohnung: einen ziemlich deutlichen ökologischen Fußabdruck. Umzüge produzieren durch den Kraftstoff der großen Transporter Emissionen – und haufenweise Abfall: von dünnen Einmalkartons aus dem Onlineversand über Styropor-Ecken zum Möbelschutz bis zur Knallfolie aus Plastik. Wenn man sich also den CO2Fußabdruck vorstellt, den allein die Hamburger Umziehenden und Herziehenden erzeugen, steht auf dem Rathausmarkt vermutlich ein monströser Dinosaurierfuß von der Länge der Elbvertiefung.
Levent und sein Altonaer Umzugsunternehmen „IMoveYou“ wollen diesen Riesenfußabdruck verkleinern. Seit diesem Jahr helfen sie nicht nur beim Tragen und Transportieren: Sie helfen Hamburg, unter Deutschlands grünsten Städten zu bleiben. Je nach Auftragslage spenden sie mindestens einmal im Monat einen Baum aus der Baumschule für eine neue Pflanzstelle zwischen Altona und Schanze. Damit möchte Levent zumindest einen Teil der Emissionen ausgleichen, die beim Umziehen anfallen.
Kluges Packen senkt die Anzahl der nötigen Fahrten
Transporter mit Motorantrieb lassen sich in seiner Branche noch schwer ersetzen. „Es gibt noch keine bezahlbaren Alternativen“, sagt Levent. Transporter mit ElektroAntrieb sind für kleine Unternehmer wie Levent mit Anschaffungskosten um die 100.000 Euro kaum bezahlbar, und für größere Touren kommen Lastenräder nicht in Frage. Darum versucht Levent, der Stadtnatur etwas zurückzugeben: Bäume spenden nicht nur Schatten, sie sind auch wichtige Feinstaubfänger und Kohlenstoffspeicher. Durch Baumpflanzungen werden urbane Räume gestaltet, in denen Menschen nicht nur leben können, sondern auch wollen: Denn immer mehr Menschen brauchen natürlich auch immer mehr Raum. Durch den Bauboom und die Nachverdichtung der Stadt, durch neue Straßen und Radwege verschwinden Grünflächen, die nicht nur die Luftqualität einer Stadt verbessern, sondern auch messbare Effekte auf die seelische Gesundheit ihrer Bewohner haben.
Vor vier Jahren hat der ehemalige Architekt IMoveYou gegründet, zunächst als herkömmliches Umzugsunternehmen. „Ich wollte raus aus dem Büro“, erzählt Levent, „ich habe das nicht ausgehalten. Modernes Bauen ist effizient, der Platz wird maximal ausgenutzt. Aber Menschen müssen sich in den Häusern doch auch wohlfühlen!“ Heute beschäftigt sich Levent auf seine Weise mit effizient genutztem Raum – aus den richtigen Gründen: Wenn ein Umzugstransporter klug gepackt ist, senkt das die Anzahl der nötigen Fahrten für den Umzug. Das spart Emissionen.
IMoveYou spendet Bäume
Für die Treibhausgase, die Levent bei seinem Geschäft nicht ganz vermeiden kann, spendet IMoveYou im Rahmen der Aktion „Mein Baum – meine Stadt“ des Hamburger Senats und der Loki Schmidt Stiftung einen Baum, um Pflanzlücken im Stadtbild zu schließen. Das Prinzip des Projekts ist ein fach: Für eine Spende von 500 Euro gibt es einen Baum, die Pflanzstelle dürfen die Spendenden sich auf einer interaktiven Stadtkarte aussuchen. Die komplette Pflanzung ist eine teure Angelegenheit: Für jeden gespendeten Baum legt der Senat noch einmal weitere 500 bis 1000 Euro obendrauf. Die hohen Kosten erklären sich durch den enormen Aufwand einer Baumpflanzung in der Großstadt: Die Bäume haben heute weniger Raum zum Wurzeln und die Konkurrenz um Nährstoffe und Sonnenplätze durch nebenstehende Bäume ist größer. An jeder möglichen Pflanzstelle werden außerdem Bodenproben entnommen, um sicherzugehen, dass die Bodenqualität den Ansprüchen des Baumes genügt.
Auf einer interaktiven Karte kann man verfolgen, wo Pflanzorte entstehen – und welchen Stadtteilen noch Baumspenden fehlen. Die Aktion gibt es bereits seit 2011, und sie wird immer wichtiger für Hamburg: Durch die Herausforderungen der Klimakatastrophe brennen nicht nur die Regenwälder im Amazonasgebiet, auch den Stadtbäumen hierzulande machen die extremen Temperaturen und Dürreperioden der zurückliegenden Sommer zu schaffen. Dazu kommen stärkere Stürme und schwerere Niederschläge. Bei „Mein Baum – meine Stadt“ kann jeder spenden, nicht nur Unternehmer wie Levent: Keine Spende ist zu klein und jede Spende hilft, um die rund 250.000 Stadtbäume und 600.000 Parkbäume in Hamburg zu erhalten.
Levante will festgefahrenen Gewohnheiten aufbrechen
Viele Unternehmen gießen gerade eimerweise grüne Farbe über ihr Firmenlogo und nennen das „Corporate Social Responsibility“. Levent ist einer von denen, die es ernst meinen. Mit nur einer Handvoll Mitarbeiter hat Levent in den vergangenen Monaten jeden Handgriff im Umzugsgeschäft überdacht. Er will nicht nur spenden und Bäume pflanzen lassen, sondern festgefahrene Gewohnheiten in seiner Branche aufbrechen und aktiv anders machen. Hamburgs erster grüner Umzugsunternehmer hat viel herumprobiert: „Wir haben sogar versucht, wiederverwendbare Kartons aus Filz zu nähen“, sagt Levent. Ein Schulterzucken, ein breites Grinsen: „Das hat nicht so richtig hingehauen.“
Geklappt hat es aber, auf Schutzfolien aus Plastik zu verzichten, die sonst gern meterweise um Möbel und Bilderrahmen gewickelt werden: Dafür hat Levent mit einem Freund wieder mal die Nähmaschine angeworfen. Entstanden sind Decken aus einem dehnbaren Stoff, der sich immer wieder verwenden lässt und jede Transportware zuverlässig schützt, ohne Abfall zu erzeugen und die Umwelt zu belasten. Seine Kartons verleiht Levent an die Kunden – so oft, wie es geht. Risse und Löcher flickt der Chef persönlich, mit recyclebarem Klebeband.
Auf eine seiner Erfindungen ist Levent besonders stolz: In einer seiner Bastelstunden hat Levent mal eben das Kartontragen revolutioniert. In einer Art Bauchladen – zwei Bretter, die er sich vor den Bauch schnallt –, werden bei IMoveYou schwere Kisten schneller transportiert. Das schont nicht nur Levents Rücken und die seiner Mitarbeiter, sondern auch den Geldbeutel seiner Kunden: Anders als andere Umzugsunternehmen berechnet Levent den Preis für seine Aufträge nicht nach Umzugsvolumen, sondern nach der Zeit, die er und seine Kollegen am Umzugstag brauchen. „Ich möchte fair sein“, sagt Levent – zu seiner Stadt wie zu ihren Bewohnern.
Dieser Text stammt aus SZENE HAMBURG, Oktober 2019. Titelthema: Neu in Hamburg. Das Magazin ist seit dem 28. September 2019 im Handel und zeitlos im Online Shop oder als ePaper erhältlich!