Filmkritik: „Cuckoo“

„Cuckoo“ ist ein überdrehter Horrorfilm vom Leipziger Regisseur Tilman Singer und mit der überragenden Newcomerin Hunter Schafer in der Hauptrolle
Lädierter Racheengel: „Euphoria“-Star Hunter Schafer in „Cuckoo“ (©Neon)
Ab dem 29. August 2024 im Kino: der Horrorfilm „Cuckoo“ (©Neon)

Die androgyne US-Teenagerin mit dem Pagenkopf und der grimmigen Stirnfalte passt so gar nicht in das idyllische Hotel-Resort in den bayrischen Alpen, das sie mit ihrer Familie bereist. Einzig ihr Name fügt sich der Umgebung an: Gretchen (Hunter Schafer) beziehungsweise amerikanisch „Grätschn“. Fern der Heimat soll sie über den traumatischen Tod ihrer Mutter hinwegkommen. Doch ihr Tick, immer wieder die noch aktive Mailbox anzurufen, um Mamas Stimme zu lauschen, zeigt: Vor Gretchen liegt noch ein weiter Weg. Ihrer achtjährigen stummen Stiefschwester Alma begegnet sie hingegen kalt und gleichgültig.

Vater Luis, ein Architekt, soll das Resort für Herrn König (Dan Stevens), den undurchsichtigen Hotelbesitzer, ausbauen. König macht Gretchen das Angebot, am Empfang zu jobben. Sie willigt ein, die geplante Flucht zurück in die USA will schließlich finanziert werden. Doch die Neu-Rezeptionistin muss alsbald feststellen, dass in dem Hotel mit seinem seltsam aus der Zeit gefallenen Interieur seltsame Dinge vor sich gehen: Wer ist die martialisch bandagierte Frau, die hier nachts herumschleicht und schrille, irritierende Zeit-Loops erzeugende Schreie ausstößt? Und warum zum Kuckuck steht Herr König dauernd am Waldrand und spielt Blockflöte wie einst der legendäre Rattenfänger? Gretchen dämmert plötzlich, welches Mitglied ihrer Sippe der wahre Grund für ihr Hiersein ist. Diese Erkenntnis erweckt nun endlich schwesterlichen Kampfgeist.

„Cuckoo“: Haarsträubendes Märchen, das Spaß macht

Der Leipziger Filmregisseur Tilman Singer mixt in seinem zweiten Kinofilm urdeutsche Klischees mit Horrorelementen. Erwartet man nicht allzu viel Logik und Plausibilität, macht sein haarsträubendes Märchen über ein gewagtes menschliches Züchtungsexperiment großen Spaß. Um echten Grusel zu generieren, ist der Plot allerdings dann doch eine Spur zu gaga, beziehungsweise „cuckoo“, wie Amerikaner sagen würden. Die eigentliche Entdeckung des Films ist Gretchen-Darstellerin Hunter Schafer, bisher nur bekannt aus der HBO-Serie „Euphoria“. Zwischen zerbrechlichem Nervenbündel und messerschwingendem Racheengel changierend, gibt sie ein „Wow“-Leinwanddebüt.

Cuckoo“, Regie: Tilman Singer. Mit Hunter Schafer, Dan Stevens, Márton Czókás. 102 Min. Ab dem 29. August 2024 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 08/2024 erschienen. 

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