Samia wächst in ärmlichen Verhältnissen in Somalia auf. Ihre große Leidenschaft: Rennen, was das Zeug hält. Aus dem täglichen Schulweg mit ihrem besten Freund Ali entwickelt sich stets ein Wettlauf. Und immer siegt Samia. Der gedemütigte Ali stellt seine Mannesehre wieder her, indem er sich einfach zu ihrem Trainer erklärt. Gerade mal neunjährig, gewinnt sein Schützling den Stadtlauf von Mogadischu. Ein paar Jahre später startet Samia Yusuf Omar (1991–2012) bei den Olympischen Spielen in Peking und trägt bei der Eröffnungsfeier sogar die Fahne ihres Landes ins Stadion.
„Samia“ fährt unter die Haut
Der Film von Regisseurin Yasemin Şamdereli fußt auf Fakten. Samia verbringt eine behütete Jugend inmitten einer Community aus Familie und Nachbarn, die oft im großen Innenhof ihres Wohnhauses zusammenkommt. Draußen vor dem Tor aber tobt ein Bürgerkrieg, radikale Islamisten gehen als Sieger hervor. Sportbegeisterte, ambitionierte junge Frauen sind plötzlich ein absolutes No-Go. Samia kann nur noch heimlich nachts am Strand trainieren, immer noch begleitet von Ali – und der ständigen Angst, erwischt zu werden. Doch die Kämpfernatur schafft es tatsächlich, den Traum von Olympia wahr werden zu lassen. Nach ihrer Rückkehr aus China werden die Repressalien allerdings unerträglich. Als letzte Hoffnung auf eine sportliche Zukunft bleibt nur die Flucht. Von Libyen aus geht’s nach Europa, in einer jener überladenen Nussschalen, die unsereiner aus den Nachrichten kennt. Als der Motor auf offener See zu brennen beginnt, ist es wiederum die unerschütterlich optimistische Samia, die ihren Mitfahrern Mut zuspricht.
Diese Heldin vom Kinosessel aus zu begleiten ist kein Spaziergang. Sie wird von ihren zwei Darstellerinnen, als Kind und Erwachsene, so einnehmend verkörpert, dass es einem schier das Herz bricht, Zeuge all der Schicksalsschläge zu werden, die sie schon in jungen Jahren zu erleiden hat. „Samia“ ist eine Kinoperle, die unter die Haut fährt und dort noch lange kleben bleibt. „Chancengleichheit“ ist ein schönes Wort – mehr leider nicht.
„Samia“, Regie: Yasemin Şamdereli. Mit Ilham Mohamed Osman, Elmi Rashid Elmi, Riyan Roble. 96 Min. Ab dem 19. September 2024 im Kino
Hier gibt’s den Trailer zum Film:
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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 09/2024 erschienen.