Edward (toll: James McArdle) ist Schriftsteller, schwul, Mitte dreißig und steht kurz vor seinem literarischen Durchbruch – wenn da nicht seine verwitwete Mutter wäre, die er seit ihrem Schlaganfall liebevoll und geduldig rund um die Uhr versorgt. Die 81-jährige, eigenwillige Alma hat sehr präzise Vorstellungen vom Zusammenleben mit ihrem Sohn, und dazu gehört nicht die vom Verlag geplante Lesereise in die USA. Genau jetzt entschließen sich auch noch drei von Edwards Freunden, spontan einen Pride-Urlaub in Spanien anzutreten und quartieren ihre betagten Mütter bei ihm ein. Der irische Regisseur Darren Thornton („A Date For Mad Mary“) schrieb das Drehbuch zusammen mit seinem Bruder Colin, inspiriert von dem italienischen Erfolgshit „Das Festmahl im August“. Während ihr erster eigener Film gerade in den Kinos anlief, erkrankte ihre Mutter Trish schwer. Die Brüder beschlossen, wieder ins Elternhaus zu ziehen. Plötzlich waren sie umgeben von Schwestern, Freundinnen, Nachbarinnen der Mutter, alle wollten helfen, was zwischen den älteren Damen immer wieder zu den absurdesten Konflikten führte.
Der Film „Vier Mütter für Edward“ ist eine hinreißende Beziehungsstudie mit biografischen Elementen
„Vier Mütter für Edward“ ist eine hinreißende Beziehungsstudie voller schmerzhafter Erinnerungen und ungewöhnlicher Beobachtungen. Die biografischen Elemente geben der Story eine besondere emotionale Authentizität. Alma, wie einst Trish, hat aufgrund der Krankheit ihre Stimme verloren. Um gehört zu werden, ist sie auf ein iPad angewiesen – Symbol all dessen, was sie an ihrem Zustand hasst. Thornton dreht mit geringer Schärfentiefe, um die individuelle Einsamkeit der einzelnen Figuren zu betonen: Edward ist gefangen in einem Kokon aus Verantwortung, Angst, Abhängigkeit und Zorn auf den Vater. Innerlich klammert er sich an die Vergangenheit. Panik überkommt ihn, wenn es darum geht, vor Fremden über sich oder seine Arbeit zu sprechen. Die vier streitlustigen älteren Mütter aus der Arbeiterklasse besitzen mehr Selbstbewusstsein (und bissigen Humor) als er, auch wenn sie sich Zeit ihres Leben unsichtbar gefühlt haben. Ihnen will der Regisseur ein Gesicht geben. Um die Beziehungen untereinander muss in diesem Film hart gekämpft werden. Doch auch wenn die Frauen alles in Frage stellen – nie die Liebe zu ihren schwulen Söhnen.

Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 07/25 erschienen.