Filmkritik: „Zwischen uns das Leben“

„Zwischen uns das Leben“ von Stéphane Brizé ist ein melancholisch-romantisches Drama über verpasste oder falsch genutzte Chancen
Mathieu (Guillaume Canet) und Alice (Alba Rohrwacher) waren einst ein Paar (©Gaumont/Alamode Film)
„Zwischen uns das Leben“ läuft seit dem 1. Mai in den deutschen Kinos (©Gaumont/Alamode Film)

Panik packte den bekannten Pariser Filmschauspieler Mathieu (grandios: Guillaume Canet) vier Wochen vor seinem mit Spannung erwarteten Bühnendebüt, er hat hingeschmissen, einfach so, aus heiterem Himmel. Nun verkriecht sich der attraktive Endvierziger samt Selbstzweifeln und Versagensängsten in einem steril-luxuriösen Wellnesshotel an der bretonischen Westküste außerhalb der Saison. Nichts will Mathieu mehr gelingen, selbst die vollautomatische Espressomaschine bringt ihn zur Verzweiflung. Da erreicht ihn eine Nachricht von Alice (umwerfend: Alba Rohrwacher). Vor mehr als 15 Jahren, damals war Mathieu noch kein Star, hatte er sich in Paris von ihr getrennt, heute lebt die einstige Flamme mit Ehemann und Kind unweit des Spa. Seit damals hatten die beiden nie mehr Kontakt.

Beim Treffen im Café ist die anfängliche Unsicherheit bald überwunden. Alice verzaubert den Schauspieler (und auch das Kinopublikum) mit ihrem unwiderstehlichen, melancholischen Charme. Hinter ihrem Lächeln verbirgt sie den Schmerz, sich nie als Pianistin realisiert zu haben. Die nur langsam verheilten Wunden vom abrupten Ende ihrer damaligen Beziehung brechen wieder auf, aber auch die Sehnsucht kehrt zurück. Ihre Welten könnten gegensätzlicher nicht sein, aber zusammen teilen und durchbrechen sie ihre Einsamkeit. Am Ende des Tages nehmen sie Abschied voneinander, um sich am nächsten Tag entgegen aller Vernunft wieder zu sehen und wieder Abschied zu nehmen.

„Zwischen uns das Leben“ und die Kunst des Abschweifens

Virtuos, wie Landschaft und Innenräume die Gefühle widerspiegeln, Desillusionierung ist bei dem französischen Regisseur Stéphane Brizé („Another World“, 2021) oft Ausgangspunkt seiner Filme, ob es um Industrieunternehmen geht oder die Liebe. „Zwischen uns das Leben“ beginnt kühl, humorvoll, erinnert ein wenig an Sofia Coppolas „Lost in Translation“, doch wenn Alice auftaucht und die Protagonisten über verpasste Chancen oder ramponierte Träume reflektieren, ändert Brizé Tonalität und Stil, jene unermesslich schmerzvolle Zärtlichkeit mutet wie ein herrlich antiquiertes Überbleibsel aus den Werken Claude Lelouchs an. Der Autorenfilmer beherrscht die Kunst des Abschweifens, mit der Tragik schleicht sich gelegentlich auch wieder Komik in die zutiefst berührende Beziehungsstudie ein.

„Zwischen uns das Leben“, Regie: Stéphane Brizé. Mit Guillaume Canet, Alba Rohrwacher, Sharif Andoura. 115 Min. Seit dem 1. Mai 2024 im Kino.

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 05/2024 erschienen.

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