Die schottischen Indie-Popstars haben sich gezielt auf links gedreht. Ein Gespräch mit Sänger Alex Kapranos über die Neuerfindung und den Sound von „Always Ascending“, dem aktuellen Album der Band.
SZENE HAMBURG: Alex Kapranos, fürs neue Album seid ihr in den einsamen Westen Schottlands gezogen. Es heißt, ihr hättet euch gezielt isoliert und nur auf die Gesellschaft von Bobs (Bassist; Anm. d. Red.) Hund gesetzt, als ihr an den Songs gearbeitet habt.
Alex Kapranos: Der Hund hat unser Leben gerettet (lacht). Kleiner Tipp an alle Musiker, die sich für ihre Arbeit mal abschotten wollen: Nehmt einen Hund mit! Er wird dafür sorgen, dass alle freundlich zueinander bleiben.
Wo und wie genau habt ihr gewohnt? Wie muss man sich euer Arbeitsleben in der Einöde vorstellen?
In einem Haus mit integriertem Studio, ungefähr eine Autostunde südlich von Glasgow. Anfänglich haben wir nur gesprochen, über Ideen und Ziele. Dann haben wir geschrieben, gespielt, vieles neu gelernt. Man kann es wirklich so sagen: Wir hatten uns vorgenommen, eine neue Band zu werden.
Was bedeutete das denn konkret?
Wir wollten Musik erschaffen, die nicht klingt wie so vieles andere gegenwärtige Zeug. Eher wie die Vergangenheit – natürlich nicht unsere eigene.
Das musst du erklären.
Es geht um die Aufnahmemethoden. Wir haben eine rohe Live-Band-Performance in den Vordergrund gestellt. Bei uns wurde nichts programmiert, auch nicht die Synthie-Sounds – das haben wir alles selbst gespielt. Wir waren alle in einem Raum, auch ich zum Singen. Hat schon Elvis Presley so gemacht. Wir wollten also aufnehmen wie Elvis, aber immer noch in 2018 passen.
Rund um die Aufnahmen von „Always Ascending“ habt ihr zudem viel Zeit mit Sam Potter (ehemals Sänger bei Late Of The Pier; Anm. d. Red.) verbracht und euch darüber ausgetauscht, was Drogen mit einem machen und wie man Musik produzieren könnte, die sich für den Hörer anfühlt wie ein Rausch. Welche Ergebnisse haben die Gespräche gebracht?
Sam ist ein guter Freund von uns. Worüber wir tatsächlich viel gesprochen haben, waren psychedelische Erfahrungen und die Zeit, in der man diese noch nicht gemacht hatte und sich nur vorstellen konnte, wie sie sich wohl anfühlen würden. Ich spreche da über die frühen Teenagerjahre. Da überlegte man ja oft: Wie fühlt sich Romantik an? Wie Sex? Wie Drogen? Wie der Sieg bei einem wichtigen Fußballspiel? Wie ein Rockstardasein? Mit Sam kamen wir zu dem Fazit, dass die Vorstellung dieser Erfahrungen viel intensiver waren, als die Erfahrungen selbst. Naivität und Vorstellungskraft sind zusammen extrem stark.
Woher kommt eigentlich der Hang zum Rauschhaften?
Ach, wir sind doch alle auf der Suche nach Stimulation. Wir wollen uns aus unserer Alltagsposition herausheben. Wir streben danach, etwas zu finden, das uns tief berührt. Es geht darum, einen anderen Bewusstseinszustand zu erreichen. Das kann u.a. durch ein Konzert gelingen. Speziell Musik mit seinen widerkehrenden Elementen kann in dieser Hinsicht viel bewirken.
Interview: Erik Brandt-Höge
„Always Ascending“ ist am 9.2. (Domino/Goodtogo) erschienen, Franz Ferdinand spielt am 1. März 2017, 20:00 Uhr im Mehr! Theater
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Dieser Text ist ein Auszug aus der Titelgeschichte von SZENE HAMBURG, Februar 2018. In unserem Magazin finden Sie noch mehr interessante Beiträge über den Stadtteil. Es ist seit dem 26. Januar 2018 im Handel und zeitlos in unserem Online Shop oder als ePaper erhältlich!