Fritzi Haberland über Rückschläge und Neuanfänge 

Eine der gefragtesten Schauspielerinnen Deutschlands, die im Theater genauso zu Hause ist wie im Fernsehen und im Kino, ist Fritzi Haberlandt. Seit dem 31. Juli ist sie wieder in Letzterem zu sehen, nämlich in der Tragikomödie „Wilma will mehr“. Wir sprachen mit der 50-jährigen Berlinerin über Rückschläge, Neuanfänge und Berufskrankheiten
„Selbst, wenn es mal nicht so gut läuft, sehe und suche ich immer einen Weg, den ich dann weitergehen kann“ – Fritzi Haberlandt
„Selbst, wenn es mal nicht so gut läuft, sehe und suche ich immer einen Weg, den ich dann weitergehen kann“ – Fritzi Haberlandt (©Jeanne Degraa)

SZENE HAMBURG: Deine Figur Wilma ist Ü40, hat diverse Jobs, Abschlüsse, Qualifikationen, eine Familie – bis sie gezwungen wird, noch mal ganz von vorne anzufangen. Ist das etwas, was du nachfühlen konntest?

Fritzi Haberlandt: Mein Anker bei dieser Figur war in erster Linie ihre Biografie, ihre Herkunft, der DDR-Hintergrund – und dann natürlich der Umbruch. Das kenne ich auch alles, bin als Teenager mit meiner Familie ja auch aus Ost-Berlin in den Westen nach Norderstedt bei Hamburg gezogen. Wilma ist zwar die Generation meiner Mutter, aber als die Mauer fiel, war ich 14 – die Zeit habe ich daher durchaus noch im Kopf. Das hat mich beim Drehbuch interessiert. Ich wollte eine Frau aus dieser Generation wahnsinnig gerne spielen. Dass sie diesen Neuanfang macht, ist aber ja eine recht universelle, menschliche Geschichte, die grundsätzlich überall stattfinden kann.

Gab es in deinem Leben denn Situationen, in denen du noch mal von vorne anfangen musstest?

Der größte war der bereits erwähnte Umzug mit 16. Gerade in dem Alter ist das zwar einerseits leicht, andererseits aber auch extrem schwer. In der Pubertät ist es ja ganz wichtig, wo man ist und mit welchen Leuten man sich umgibt, und damals war das schon ein sehr großer Unterschied zwischen Ost-Berlin und Norderstedt im Westen. Das war eine ganz andere Welt, die mich sehr geprägt hat. Ein paar Sachen sind damals auch sicherlich nicht so gut gelaufen, aber dadurch habe ich eben auch schon früh gelernt: Man kann in verschiedenen Welten leben und da klarkommen. Man muss sich hin und wieder auch mal anpassen, aber ein paar Sachen nimmt man eben auch mit in die andere Welt und bereichert damit auch das Neue. Ich bin dann mehrmals zwischen Hamburg und Berlin hin- und hergezogen. Diese Orte gehören mittlerweile beide sehr zu mir.

Welche Stadt hat dich denn mehr geprägt?

Berlin, weil ich da die ersten 14 Jahre meines Lebens verbracht habe. Ich berlinere ja auch, das ist meine Sprache. Auch mein Humor kommt aus Berlin. Aber aus Hamburg sind viele schöne Sachen noch hinzugekommen: eine gewisse hanseatische Gelassenheit und die Fähigkeit, die schönen Seiten des Lebens zu sehen. Hamburg liebe ich nach wie vor, aber meine Urprägung hat in Berlin stattgefunden.

Fritzi Haberland über die Kino-Krise 

„Wilma will mehr“ mit Fritzi Haberland ist seit dem 31. Juli 2025 im Kino 

Wilma, die Elektrikerin ist, checkt in einigen Szenen direkt die Elektrik aus, was in ihrem Fall sicherlich eine Berufskrankheit ist. Welche Berufskrankheit hast du als Schauspielerin?

Ich bin jemand, der das wahre Leben ganz oft mit dem Film abgleicht. Wenn ich zum Beispiel jemanden in einem verrückten Outfit sehe, denke ich schon mal: „Im Film würde ich das jetzt nicht glauben oder für überzogen halten.“ Aber das zeigt mir auch immer wieder: Die besten Geschichte schreibt eben immer noch das Leben. Und natürlich achte ich, wenn ich Filme gucke, auch immer darauf, wie die hergestellt wurden. Das ist leider manchmal ein bisschen nervig, weil ich die Werke als solches dadurch nicht mehr ganz so frei genießen kann.

„Es würde mehr interessante weibliche Figuren geben, wenn mehr Frauen Filme machen“

Fritzi Haberland

In den vergangenen Jahren wurde das deutsche Kino eher in einer Krise verortet, wo nicht allzu viel Neues, Spannendes passiert ist. Mein ganz persönlicher Eindruck ist, dass sich gerade aber wieder einiges tut, und dass vor allem Regisseurinnen maßgeblich daran beteiligt sind: Chiara Fleischhacker, Ina Weisse, Mascha Schilinski, Mia Maariel Meyer, Stella Marie Markert und mit „Wilma will mehr“ halt auch Maren-Kea Freese. Teilst du diesen Eindruck?

Hmmm … jetzt, wo du es so sagst, klingt es so. Und es würde mich sehr freuen, wenn noch mehr weibliche Stimmen und deren Geschichten gehört werden. Denn nach wie vor gibt es immer noch zu wenige Regisseurinnen und Autorinnen. Das merke ich als Schauspielerin auch daran, aus welcher Perspektive erzählt wird. Es würde daher mehr weibliche Figuren, auch mehr interessante weibliche Figuren, geben, wenn mehr Frauen Filme machen. Es wäre daher sehr schön, wenn die Entwicklung in diese Richtung ginge. Ich kann’s nur hoffen. Interessant ist ja: Auf den Filmhochschulen ist das Geschlechterverhältnis immer sehr ausgeglichen, aber im Berufsleben selbst bleiben dann viele Frauen auf der Strecke. Da muss im System noch mehr passieren.

Fritzi Haberland: „Gerade spiele ich sehr viel Theater und finde es ganz toll“

Du machst nicht nur Kino, sondern auch Fernsehen, Theater, Hörbücher. Gibt es so etwas wie die eine wichtigste Rolle in deiner Karriere?

So ein Ranking ist schwierig, weil die Sachen so unterschiedlich sind. Aber sicherlich ist eine Arbeit wie „Babylon Berlin“, weil sie über einen Zeitraum von zehn Jahren ging, besonders intensiv und mir besonders wichtig und ans Herz gewachsen – auch vom Stoff her diese Zeit zu erzählen fand ich ganz toll. Und im Theater war „Lulu“ am Thalia Theater sicherlich eine meiner wichtigsten Rollen, die ich je gespielt habe. Aber weil ich eben so viele unterschiedliche Dinge mache und machen darf, bin ich ganz froh, dass ich da nicht groß drüber nachdenken muss.

Gab es auch mal Phasen in deiner Karriere, in denen du das Gefühl hattest, auf eine bestimmte Rolle festgelegt zu sein und immer nur Drehbücher in eine Richtung zugeschickt bekommen hast?

Wenn man etwas gedreht hat, das besonders war, ist es immer so, dass man im Anschluss daran Drehbücher und Anfragen bekommt, die ähnlich sind. Aber die Entscheidung darüber, ob ich das dann machen möchte oder nicht, liegt ja bei mir. Aber eigentlich hatte ich das Problem nicht. Es gab jedoch mal eine Zeit, in der ich weniger Theater gespielt habe, weil ich da ein paar Ermüdungserscheinungen hatte mit mir selbst, weil ich viel gegeben hatte und gemerkt habe, dass da aus mir heraus gerade nicht mehr viel kommt. Da brauchte ich eine Pause. Gerade spiele ich aber wieder sehr viel Theater und finde es wieder ganz toll.

Ist das auch der Grund, warum du so viele unterschiedliche Sachen machst? Damit du eben nicht von irgendwas gelangweilt wirst?

Ja, auch. Und ich bin zum Glück nicht darauf angewiesen, irgendwas drehen zu müssen, weil ich das Geld brauche. Das tun ja viele und das ist natürlich völlig okay, aber weil ich eben so breit aufgestellt bin, muss ich nichts zusagen, was ich nicht wirklich machen will.

Ich bin jemand, der das wahre Leben ganz oft mit dem Film abgleicht

Fritzi Haberlandt

Runtergebrochen geht es in „Wilma“ darum, seine eigene Stärke zu finden und sich nicht durch Rückschläge aufhalten zu lassen. Ist das etwas, das du selbst ganz gut kannst?

Ich würde es so formulieren, dass ich die Chancen, die mir das Leben schenkt, ergreife. Selbst, wenn es mal nicht so gut läuft, sehe und suche ich immer einen Weg, den ich dann weitergehen kann. Da bin ich schon eher optimistisch und versuche, dankbar zu sein für die Chancen, die ich habe – und sie zu nutzen und alle meine Kraft da reinzugeben, um dem gerecht zu werden.

Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 08/25 erschienen. 

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