Fundbureau: Die Sternbrücke geht, das Bahngepolter bleibt

Die Clublandschaft ist im Umbruch. Zu den zahlreichen Schließungen zum neuen Jahr gibt es zeitgleich gute Nachrichten: Nicht nur das Fundbureau findet eine neue Heimat. Ein letzter Blick zurück auf den Laden an der Sternbrücke und auf neue Entwicklungen für den Clubstandort Hamburg
Das Fundbureau wird von der Sternbrücke verschwinden
Wird alles anders: Sternbrücke (©Waagenbau)

Wenn am 25. Januar der Hamburger Club Award verliehen wird und sich Musik- und Nachtschaffende die Klinke in die Hand geben, hat die hiesige Clubszene ihre größte zeitgleiche Standortschließung bereits hinter sich: Nicht nur verkündete der Technoclub PAL sein Ende in der Karolinenstraße 45 zum Anfang des Jahres. Auch die Clubs an der Sternbrücke, Fundbureau, Waagenbau, Astra Stube, Beat Boutique und Bar 227, haben Gewissheit, dass es diesmal keine Fristverlängerung der immer wieder aufgeschobenen Kündigungen geben wird.

Doch auch wenn die Situation dort lange bekannt war, für die Clubkultur Hamburgs sei das bevorstehende Ende ein Aderlass, so der Geschäftsführer des Clubkombinats Thore Debor: „Mit viel Glück und dem Einsatz von vielen Beteiligten kann diese Schließungswelle hoffentlich nur für kurze Dauer sein und die Clubs können an anderen Orten ein baldiges Comeback feiern.“ Allerdings seien durch die allgemeine Flächenknappheit und der Nutzungskonkurrenz zum Wohnen inzwischen häufig staatliche Eingriffe und Hilfen erforderlich, so Debor. „Wir hoffen, dass alle Clubs an der Sternbrücke und auch das PAL möglichst bald ein neues Domizil finden und die Clubtüren wieder weit öffnen können.“

Der Neubau der Sternbrücke, dessen offizieller Entwurf aufgrund seiner Größe für reichlich Zündstoff sorgt, soll im Jahr 2024 starten. Damit endet eine über Jahrzehnte andauernde Ära, die unzählige Anekdoten bereithält und doch nur in Ausschnitten erzählt werden kann.

Aufwachsen an der Sternbrücke

Ist im Fundbureau quasi aufgewachsen: Luna Twiesselmann
Ist im Fundbureau quasi aufgewachsen: Luna Twiesselmann (©Maximiliam König)

So wie von Luna Twiesselmann, die dieser Tage zusammen mit ihrer Mutter durch alte Programmflyer und Jahreshefte blättert. Die 29-jährige Tochter der Fundbureau-Chefin Ute Daxl ist buchstäblich im Sternbrückenclub aufgewachsen. „Für mich waren diese Hallen als Kind ein bisschen wie ein großes Spielzimmer, in dem ich mit Rollbrettern über den Betonboden rollen und mich mit Schwarzlichtfarben schminken durfte. Ich habe häufig vor den Events mit den Veranstalter:innen Tischkicker gespielt, Fritz-Limo getrunken und die große Discokugel mit verschiedenen Farben angeleuchtet.“ Gefragt nach ihren schönsten Erinnerungen aus über 25 Jahren Clubgeschichte, fällt die Antwort nicht leicht. „Es gab hier so viele besondere Events“, erzählt Twiesselmann, während sie ihre Mutter bei der Abwicklung des Auszuges unterstützt.

Ute Daxl nennt schließlich als Highlights die Theaterproduktion „Zwei Russen in der Stresemannstraße“ des Projekts „Einfache Bühne“ und ein Konzert von Nneka. Jede Veranstaltung, ob Technoparty, Konzert, Flohmarkt, Abifeier, Hochzeit, Theaterinszenierung, Ausstellung oder Poetryslam, sei aber auf ihre Art ein Highlight. „Mir persönlich wird immer die Comicconvention in Erinnerung bleiben, auf der ich von Tisch zu Tisch lief und die Künster:innen in wenigen Sekunden kleine Comics zu meinen Ideen zeichneten“, erzählt Twiesselmann. Und ihr 18. Geburtstag, den sie selbstverständlich auch im Fundbureau feierte. Was sie am meisten vermissen wird: „Dieses Gefühl von Gemütlichkeit trotz Bahngepolter, dass immer jemand auf einen Schnack vorbeigeschaut hat und die vielen kleinen Kunstwerke, die sich hier in den Hallen über die Jahre angesammelt haben.“ 

Fundbureau: Die Zukunft kommt

Mittlerweile ist klar, auf Bahngepolter muss Twiesselmann auch in Zukunft nicht verzichten. Wie die städtische Immobiliengesellschaft Sprinkenhof SZENE HAMBURG bestätigte, ziehen Fundbureau, Beat Boutique und im Jahr 2025 auch die Bar 227 in die Bahnkasematten hinter den Deichtorhallen. Diese mussten vor ein paar Jahren saniert werden und bieten jetzt eine optimale Ausweichfläche. Pläne einer Kunstmeile von Markthalle bis Oberhafen gab es schon länger. „Die Deichtorkasematten könnten sich zu einem neuen Hotspot entwickeln“, meint Thore Debor vom Clubkombinat. Der Umzug der Clubs wäre ein Anfang. Dauerhafte Nutzungsverträge sind bereits geschlossen. Ende des ersten Quartals 2024 könnte es losgehen, so ein Sprinkenhof-Sprecher. Einziges Hindernis: Die Örtlichkeiten befinden sich im Rohbau. Kein Strom, kein Wassser, keine Heizung. Wie schnell ein dafür bereits gestellter Bauantrag durch ist und wann genau hier wirklich wieder Musik aus den Boxen kommt, bleibt abzuwarten.

„Mix aus tollen bekannten Veranstaltungsreihen und neuen diversen Konzepten“

Luna Twiesselmann

Luna Twiesselmann, die in Zukunft eine größere Rolle im Fundbureau übernehmen wird, will den Spirit des Ladens auf jeden Fall weiterführen. „Wir freuen uns schon drauf in der neuen Location einen guten Mix aus tollen bekannten Veranstaltungsreihen und neuen diversen Konzepten zu kreieren. Ich wünsche mir natürlich außerdem, dass das Team, welches den Laden am Laufen gehalten hat, gute Jobs findet und wir die, die wollen, ganz bald wieder einstellen können.

Bleibt die Frage nach Waagenbau und Astra Stube. Hier gab es zuletzt ernst zu nehmende Gerüchte um einen Umzug in Teile der brachliegenden Gewerbeflächen des alten Thyssen-Krupp-Geländes am Diebsteich. Eine Entscheidung stand bis Redaktionsschluss noch aus. Für reichlich Gesprächsstoff auf dem Club Award ist also weiterhin gesorgt. Alle Clubs, die erst nach dem Bewertungszeitraum schließen, bleiben immerhin auszeichnungsberechtigt. Die Jury betrachtete das Nachtleben von Juli 2022 bis November 2023 – eine Zeit, als es noch unter den Schienen der Sternbrücke polterte.

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 01/2024 erschienen.

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