Vom 7.-8. Juli findet in Hamburg der G20-Gipfel statt. Ein Treffen, das die Stadt herausfordert. Auf vielfältige Weise. Ein Überblick über Demonstrationen und Aktionen
Da pfeift man auf den Klimaschutz, tritt Menschenrechte mit Füßen, diskriminiert, quält und tötet Menschen und will von Pressefreiheit nichts wissen: Einige Gäste des G20-Treffens im Juli bringen selbst ruhige Gemüter auf die Barrikaden.
Sie wollen den mächtigsten Staats- und Regierungschefs mal gehörig die Leviten lesen und dafür auch auf die Straße gehen. Hier ist das (voraussichtlich) friedlich möglich
Trump als Flüchtling
Die Affenfaust Galerie hat ihre ganz eigene Interpretation eines „Spitzentreffens“: Der syrische Künstler Abdalla Al-Omari zeigt sein Projekt „The Vulnerability Series“ – Portraits, die Staatsoberhäupter des 21. Jahrhunderts als Vertriebene zeigen. Ein Rollentausch: Statt souverän und mächtig, erscheinen sie plötzlich verzweifelt und verwundbar.
In seinen Darstellungen provoziert Al Omari, der selbst kürzlich aus Syrien flüchtete und heute in Brüssel lebt, eine metaphorische Machtumkehrung.
Die Ausstellung wird von Selmin Caliskan, der ehemaligen Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, am 30. Juni um 19 Uhr eröffnet. Bei einem Artist-Talk am 2. Juli um 15.30 Uhr steht er auch persönlich Rede und Antwort.
Al Omaris Arbeiten sorgen international für Aufsehen. Sein Video bei AJ+, einer Seite des Nachrichtensenders Al Jazeera, hat bei Facebook weit über 12 Millionen Views und wurde über 260.000 geteilt.
Öffnungszeiten: 1. Juli, 15-24, 2.—7.Juli, 15-19 Uhr
G20 Protestwelle
Protestmarsch, Bootsdemo auf der Binnenalster und ein Bannermeer. Die Welle rollt, und das am 2. Juli ab 12 Uhr auf dem Rathausmarkt.
In der Hafenstadt Hamburg soll an diesem Tag zu Lande und zu Wasser eine Protestwelle von zehntausenden Menschen entstehen.
G20 Protestwelle / Rathausplatz, 12 Uhr; www.g20-protestwelle.de
hard cornern & Lieber tanz‘ ich als G20
#allesallen will am 4. Juli „hard cornern“ – gemeinsam soll laute Musik aus tausenden Boxen, von mobilen Soundsystems und von Balkonen, in die Stadt, vor allem aber in die Viertel rund um die Messehallen schallen. Hauptsache, es lässt sich dazu tanzen, cornern, ein Fest zu feiern. Überall und vor allem in den Vierteln nahe der Messe.
Auch hier wird getanzt: „Lieber tanz ich als G20“ sagen die Veranstalter und planen für den 5. Juli eine Nachttanzdemo – gegen „Grenzen, Gier und gähnende Langeweile“. Los geht’s um 18 Uhr an den Landungsbrücken.
hard cornern 4. Juli / Nachttanzdemo 5. Juli, 18 Uhr
1000 Gestalten
Ein bisschen unheimlich, ein bisschen unwirklich, auf jeden Fall aber aufsehenerregend: Seit ein paar Wochen tauchen sie an allen Ecken der Stadt auf – verkrustete, farblose Gestalten, die sich schweigend nur langsam vorwärts bewegen.
Sie sind Teil einer großen G20-Kunstaktion, die am 5. Juli ihren Höhepunkt findet. Dann werden sich Hunderte der grauen Gestalten zu einer riesigen Formation zusammenschließen und stoisch weiterziehen. Langsam. Zusammenbrechend. Scheinbar ausgebrannt. Bis von einer einzelnen Gestalt der Wandel startet und alle am Ende wieder Menschen sind.
Ein Bild des Aufbruchs und des gemeinsamen solidarischen Handelns: Das Kollektiv 1000 Gestalten, zu dem auch das Gängeviertel gehört, will so zeigen, dass Veränderung nur durch jeden Einzelnen möglich ist, und so ein mitreißendes Zeichen für mehr Solidarität und politische Partizipation in die Welt setzen.
#zeigtHaltung
Unter dem Motto „Hamburg zeigt Haltung“ hat sich in der Stadt ein breites Bündnis von Unterstützern aus Kultur, Sport, Politik, Kirchen und sozialen Initiativen gebildet und will am 8. Juli ein friedliches Fest für Demokratie und Menschenrechte feiern.
Los geht’s um 10.30 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Hauptkirche St. Katharinen. Gegen 12.30 Uhr sammelt sich die Demonstration nahe der Katharinenkirche und zieht zum Fischmarkt. Ab 14 Uhr wird dann auf dem Fischmarkt gefeiert.
Hauptkirche St. Katharinen, 8. Juli, 10.30 Uhr, www.hamburgzeigthaltung.de
We don’t car!
„Make our planet great again!“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach vielen aus der Seele – und spielte geschickt auf Trumps Leitsatz an, der aus fadenscheinigen Gründen das Pariser Abkommen aufkündigte.
Auch in Hamburg ist dicke Luft. Die Grenzwerte für Schadstoffe werden vielerorts überschritten. Dass zum G20-Treffen die Staatschefs ihre Fahrzeugflotten einfliegen lassen und die Polizei schweres Gerät auffährt, macht das nicht besser. Das Bündnis #NoG20 will etwas dagegen tun: Fahrrad fahren. „Colorful Mass“ heißt die bunte Fahrradkolonne und startet am Freitag, 7. Juli, um 19 Uhr auf der Moorweide (S-Bahn Dammtor).
#CMASSHH, 7. Juli, 19 Uhr, Moorweide; www.g20hamburg.org
Gipfel der globalen Solidarität
Elf Podien und 70 Workshops mit vielen internationalen Gästen sind am 5. und 6. Juli auf Kampnagel geplant (10–21.30 Uhr). Mehr als 50 Initiativen und Organisationen haben zu dem Alternativgipfel eingeladen.
Kampnagel, 5./6. Juli, 10 Uhr, www.solidarity-summit.org/
GetUp-StandUp
Anwohner und Gewerbetreibende auf St. Pauli möchten einfach zwei schöne Tage auf dem Spielbudenplatz verbringen.
Ihnen ist wichtig: Hier gibt es keine Randale, dafür viel Musik und Zusammenhalt. Haltung zeigen ist angesagt.
„Wir wollen den Hamburgern und Gästen die Möglichkeit bieten, in einem Viertel, das für ein buntes und tolerantes Miteinander steht, friedlich mit Kind und Kegel für eine pluralistische, tolerante und weltoffene Gesellschaft zu demonstrieren“, heißt es von den Machern.
Geplant sind ein Kinderprogramm, Foodtrucks und Livemusik, unter anderem mit Kapelle Herrenweide, I-Fire und Amnesty International. Kost nix!
7./8. Juli, Spielbudenplatz, www.facebook.com/Get.Up.Hamburg
Welcome to Hell
Schwer einzuschätzen, wie die Aktionen der antikapitalistischen und autonomen Allianzen verlaufen werden. Ein Spaziergang wird das auf jeden Fall nicht. Viel diskutiert und von den Behörden kritisch beäugt findet die erste große Welcome to Hell-Demo am 6. Juli ab 16 Uhr auf dem Fischmarkt statt. Während der Gipfeltage sind weitere Blockaden und Aktionen geplant.
6. Juli, Fischmarkt, 6 Uhr, www.g20tohell.blackblogs.org
Der Gipfel kommt. Und das steht auf unserer persönlichen Wünsch-Dir-Was-Liste für diese Zeit
- Seid trotz, oder gerade wegen des Gipfels nett zueinander
- Passt auf euch und euer Umfeld auf
- Bezieht Stellung und protestiert, aber sorgt dafür, dass keine Unbeteiligten zu Schaden kommen
- Diskutiert, debattiert, nutzt die Tatsache, dass die Welt in diesen Tagen auf Hamburg schaut
- Zeigt, dass Hamburg eine bunte, vielfältige und tolerante Stadt ist!
Kommt gut durch diese Zeit,
Eure Szene Hamburg
Texte: Ilona Lütje & Regine Marxen / Beitragsbild: Abdalla Al-Om